Vorsicht bei Rabatten

Was darf ich als Zahnarzt annehmen?

Noch stehen wir vor dem Inkrafttreten des Antikorruptionsgesetzes. Doch bereits jetzt gibt es rechtliche Vorgaben, die festlegen: Was darf ich als Zahnarzt annehmen? Was darf ich als Hersteller anbieten? Eine Bestandsaufnahme – vor allem aus rechtlicher Sicht.


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Im Sinne der Kundengewinnung und Kundenpflege ist es üblich, dass Hersteller und Labore Zahnärzte und ihre Praxen unterstützen. Mit der Ankündigung und der damit losgetretenen Diskussion zu dem geplanten Antikorruptionsgesetz ist viel Unsicherheit entstanden. Noch ist das Antikorruptionsgesetz aber nicht in Kraft getreten. Es gelten nach wie vor die Grundsätze wie bislang auch. Im folgenden Beitrag werden Beispiele zur Anwendung des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) und einige Fälle aus der Rechtsprechung dargestellt.

Der Grundsatz des HWG

Das Ziel des HWG sind zusammengefasst der Schutz des „Publikums“ vor unnötiger und unsachlicher Beeinflussung gerade im als heikel empfundenen Bereich der Heilmittelwerbung und damit der Schutz der sogenannten öffentlichen Gesundheit. Das Heilmittelwerbegesetz bezieht sich auf die als Absatzwerbung bezeichnete Werbung, also eine Werbung, die auf den Verkauf der eigenen Leistung/Ware abzielt. Man unterscheidet zwischen dem inneren und dem äußeren Adressatenkreis.

Während mit dem äußeren Adressatenkreis die breite Öffentlichkeit (idealtypischer Verbraucher), also die Laien, gemeint ist, richtet sich die an den inneren Kreis adressierte Werbung an die Fachleute, also in diesem Fall die Zahnärzte. Wie die Werbung konkret aussieht (Plakat, Anzeige, Autobeschriftungen, Zuwendungen …), ist dabei irrelevant. Im Ergebnis soll jedenfalls verhindert werden, dass ein Patient mit einem Heilmittel versorgt und behandelt wird, nur damit der Zahnarzt deswegen einen Vorteil erlangt. Mit anderen Worten: Die Entscheidung für oder gegen die Behandlung in der konkreten Ausführung muss grundsätzlich unabhängig bleiben. Dies zu gewährleisten ist die Aufgabe des Heilmittelwerbegesetzes.

Irreführende Werbung

Wie auf dem allgemeinen Markt auch, ist die irreführende Werbung verboten. Der Adressat ist in die Irre geführt, wenn eine Differenz zwischen seiner Vorstellung und der Wirklichkeit besteht. Die Irreführung im Rechtssinne meint den Irrtum, der durch die Handlung eines anderen verursacht wird. Diese auf den Irrtum bezogene Handlung ist die Täuschung. Die Täuschungshandlung liegt in der Vorspiegelung falscher Tatsachen oder der Verschleierung richtiger Tatsachen. Irreführung ist also der durch Täuschung hervorgebrachte Irrtum. Eine solche Werbung ist verboten.

Als irreführend verboten ist zum Beispiel eine Werbung mit folgendem Wortlaut: kostengünstiger Zahnersatz in „deutscher Qualität“ „von einem erfahrenen deutschen Dentallabor“, das mit zahlreichen zahnärztlichen Partnerpraxen in jeweiliger Kundennähe zusammenarbeitet, wenn der Zahnersatz tatsächlich in einem Zahnlabor unter deutscher Leitung auf den Philippinen hergestellt und nur von einem Bruchteil deutscher Zahnärzte in Anspruch genommen wird (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 11.10.2013, Az. 38 O 113/13).

Zugabenverbot

Im HWG ist weiterhin das sogenannte Zugabenverbot verankert. Danach ist es unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, es handelt sich um Gegenstände von geringem Wert oder geringwertige Kleinigkeiten. Schenkt der Hersteller einem Zahnarzt Gegenstände von geringem Wert (Kulis, Tischkalender, Tassen …), müssen diese durch dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produkts oder beides gekennzeichnet sein. Außerdem muss die Werbegabe im Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit stehen.

Das Verlosen wertvoller Design-Geldbörsen in einer Industrieausstellung in Begleitung der Fortbildungsveranstaltung einer Fachgesellschaft wäre nicht erlaubt, da der Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit fehlen würde. Für die rechtliche Beurteilung spielt es dabei keine Rolle, ob die Geldbörsen verschenkt oder verlost werden. Allein die Möglichkeit, dass man im Rahmen der Verlosung in den Genuss kommen könnte, wird als konkrete Beeinflussung angesehen, und ein Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit in der Zahnarztpraxis kann jedenfalls nicht hergestellt werden.

Diesen beruflichen Zusammenhang könnte man noch sehen, wenn ein Hersteller auf der IDS damit wirbt, dass bei einem Kauf von 100 Einheiten eine Kaffeemaschine für die Teeküche der Praxis dazu geschenkt wird. Selbstverständlich wäre die Kaffeemaschine nach den Vorgaben des HWG mit dem Logo des Herstellers beschriftet. Aber trotz dieser Beschriftung und des womöglich noch annehmbaren beruflichen Zusammenhangs wäre eine solche Zugabe verboten, da sie einen zu hohen Wert hat. Während der BGH eine Spanne von einem Euro bis maximal fünf Euro zulässt, kappen die Untergerichte den Wert häufig auf einen Euro, so zum Beispiel das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt in seinem Beschluss vom 26.04.2011 (Az. 6 U 44/11).

Gutscheine und Prämienpunkte

Auch Gutscheine sind mit Vorsicht zu genießen. So hatte zum Beispiel ein Dentallabor Zahnärzten ab einem Auftragswert in Höhe von 1000 Euro Patientengutscheine (20 bis 25 Euro) für Prophylaxeleistungen und Prothesenreinigungen zur freien Verfügung angeboten. Darin sah das Landgericht (LG) Leipzig die Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung der beim Erwerb von Dentalleistungen drittverantwortlich handelnden Zahnärzte und die Werbung damit als verboten an (LG Leipzig, Urteil vom 01.03.2013, Az. 5 O 2508/12).

Umsatzabhängige Prämienpunkte können auch verboten sein. Ein Prämiensystem, mit dem ein Hersteller Zahnlaboren für den Bezug seiner Dentalprodukte, darunter Medizinprodukte, umsatzabhängig Prämienpunkte verspricht, die gegen bestimmte Sachprämien eingelöst werden können, stellt eine nach dem § 7 HWG unzulässige produktbezogene Werbemaßnahme dar, die weder als zulässiger Geldrabatt noch als handelsübliche Nebenleistung eingestuft werden kann (OLG Frankfurt, Urteil vom 31.05.2007, Az. 6 U 157/06).

Rabatte und Zubehör erlaubt

Zulässig sind grundsätzlich die Gewährung von Rabatten sowie das Überlassen von handelsüblichem Zubehör zur Ware oder handelsüblicher Nebenleistungen.

Liefert der Hersteller bei dem Erwerb eines Digitalen Volumentomografen (DVT) zum Beispiel ein zu dem Produkt gehörendes spezielles Reinigungsmittel mit, wäre dies als das Überlassen von handelsüblichem Zubehör zulässig. Als handelsübliche Nebenleistung wäre es erlaubt, dass das Gerät fachgerecht eingestellt wird.

Anders verhält es sich bei Rabatten für gute Kunden etwa bei Implantatherstellern. Werden der Zahnarztpraxis Mengenrabatte vom Implantatherstellern und damit die Herabsetzung des Kaufpreises angeboten oder Naturalrabatte, also eine zusätz‧liche kostenlose Lieferung von Implantaten, müssten diese auf die Gesamtlieferung umgerechnet werden – oder für Sozialfälle verwendet werden. Die Gerichte berufen sich dabei vor allem auf das HWG und das Verbot der Annahme wirtschaftlicher Vergünstigungen (Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 25.03.2009, Az. 8 C 1/09). Es solle dadurch gewährleistet sein, dass der Zahnarzt sich bei der Verordnung von Heil- und Hilfsmitteln, Materialien etc. nur von medizinischen Erwägungen im Interesse der Patienten leiten lasse. Dieses Urteil betraf den Bereich der gesetzlichen Krankenversicherung.

Wenngleich einige Verbote im Rahmen der Werbung im Gesundheitswesen gegeben sind, gibt es doch einen Handlungsspielraum. Ratsam ist es, bei der klassischen Werbung das allgemeine Gebot der Sachlichkeit zu beachten. Das Verbreiten von sachangemessenen Informationen zu einem Produkt, dem Hersteller, dem Labor oder einer Innovation ist zunächst einmal grundsätzlich erlaubt. Aufgepasst werden muss dann auf den äußeren Rahmen und die konkrete Darstellung.

Bei Zuwendungen an die Praxis muss nach den Vorgaben des HWG eine gewisse Grundtransparenz gewahrt werden. Hohe Schenkungen, die eine unmittelbare Einflussnahme aufdrängen, müssen vermieden werden. Die berufliche Tätigkeit und das Produkt betreffende Zugaben sind ebenso erlaubt wie die auch auf dem allgemeinen Markt üblichen Rabatte. Bei der Planung neuer Maßnahmen oder Aktionen sollte im Zweifel vor der Umsetzung rechtlicher Rat eingeholt werden, da es stets auf die Ausgestaltung des konkreten Einzelfalls ankommt.

Dr. Susanna Zentai
ist Medizinanwältin in der Kanzlei Dr. Zentai – Heckenbücker in Köln und als Beraterin sowie rechtliche Interessenvertreterin verschiedener (Zahn-)Ärztlicher Berufsvereinigungen tätig.
Kontakt: kanzlei@d-u-mr.de