BGH: Kostenloser Chauffeurdienst ist Werbung

Kostenloser Fahrdienst für Patienten ist unzulässig

Der Bundesgerichtshof (BGH-Urteil vom 12.02.2015 – I ZR 213/13) hatte jüngst zu entscheiden, ob es unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten unzulässig sein kann, wenn eine Klinik ihren Patienten einen kostenlosen Fahrdienst für den Weg zur Klinik und zurück anbietet.


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Ein kostenloser Chauffeurdienst für den Weg zur Klinik ist unzulässig. © vadymvdrobot/fotolia


Bei dem Kläger handelte es sich um einen Augenarzt, der auch ambulante und belegärztliche Leistungen durchführt. Die Beklagte betreibt eine Augenklinik und bietet ihren Patienten an, diese durch einen kostenlosen Fahrdienst an bestimmten Sammelstellen abzuholen, in die Klinik zu bringen und nach erfolgter Untersuchung oder Behandlung nach Hause zurückzubringen. Der Kläger machte geltend, dass das Angebot eines solchen Fahrdienstes nicht handelsüblich sei und deshalb eine heilmittelrechtlich unzulässige Werbegabe darstelle.

Das Oberlandesgericht hatte die Klage abgewiesen. Zur Begründung hatte es ausgeführt, dass die beklagte Augenklinik offenbar keinerlei Werbung für diesen kostenlosen Fahrdienst betrieben hatte. Gemäß § 7 Abs. 1 S. 1 Heilmittelwerbegesetz (HWG) könne zwar auch das Angebot oder die Gewährung von Zuwendungen oder sonstigen Werbegaben unzulässig sein. Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes sei jedoch davon auszugehen, dass nur solche Zuwendungen und Werbegaben erfasst würden, die zum Zweck der Werbung eingesetzt würden. Dies sei nicht der Fall, wenn etwa die Klinik erst nach erfolgter Einigung mit dem Patienten über die Behandlung das Angebot des kostenlosen Fahrdienstes unterbreite. Außerdem handele es sich hier nicht um eine produktbezogene Werbung, vielmehr sei die Werbung unternehmensbezogen. Derartige Imagewerbung falle nicht unter das Verbot des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG.

BGH: Kostenloser Fahrdienst ist Werbung

Dieser Rechtsauffassung hat nun der BGH widersprochen. Er stellt fest, dass das Angebot eines kostenlosen Fahrdienstes an sich als Werbung für konkrete Leistungen der Klinik anzusehen ist. Es unterliege daher dem Verbot des § 7 Abs. 1 S. 1 HWG. Eine unsachliche Beeinflussung der angesprochenen Patienten sei nicht auszuschließen, weil diese sich möglicherweise nicht wegen der Qualität der ärztlichen Leistung, sondern wegen des angebotenen Fahrdienstes für die Behandlung in der Klinik entscheiden könnten. Da der Fahrdienst auch für größere Strecken zur Verfügung gestellt werde, handele es sich nicht um eine Zuwendung von geringem Wert.

Offen gelassen hat der BGH allerdings die Frage, ob es sich bei diesem Fahrdienst möglicherweise um eine handelsübliche Nebenleistung handelt. Da es sich insoweit um eine Frage handelt, die durch den Tatrichter entschieden werden muss, konnte der als Revisionsgericht allein für Fragen der Rechtsanwendung zuständige BGH diese nicht entscheiden. Der Rechtsstreit wurde daher an das Berufungsgericht zurückverwiesen, das nun über diese Frage zu entscheiden hat.
Zunächst bleibt zwar die Entscheidung des Berufungsgerichts abzuwarten. Es ist jedoch kaum zu erwarten, dass das Berufungsgericht annimmt, bei einem Fahrdienst handelte es sich um eine handelsübliche Nebenleistung. Dazu müsste es sich um eine Nebenleistung handeln, die in den betreffenden Verkehrskreisen, hier also Augenkliniken, üblich ist.

Berufungsgericht wird nicht anders entscheiden

Insoweit hatte das OLG Düsseldorf bereits im Jahre 2012 im Zusammenhang mit einer Kooperation zwischen einem Augenarzt und einer entfernt gelegenen Augenklinik ausgeurteilt, dass das Angebot eines kostenlosen Shuttle-Service von der Augenarztpraxis in die Augenklinik und zurück zur Wohnung des Patienten eine unzulässige Werbegabe darstelle und die Vermittlung solcher kostenlosen Transfers nicht zu den aus Sicht der angesprochenen Verkehrskreise üblichen Gepflogenheiten einer Augenarztpraxis gehöre (OLG Düsseldorf, Urt. v. 04.12.2012 – I-20 U 46/12, 20 U 46/12).

Bei augenärztlichen Eingriffen muss man bedenken, dass die Patienten nicht nur körperlich durch den Eingriff als solchen und die Narkose/Anästhesie beeinträchtigt sind, sondern meist auch nur eingeschränkt sehen können. Dennoch war jedenfalls ein kostenloser Shuttle-Service unzulässig und unüblich. Es ist daher kaum zu erwarten, dass das Berufungsgericht im jetzt aktuellen Fall anders entscheidet.

Überträgt man den Fall auf Zahnarztpraxen, dürfte danach weitestgehend feststehen, dass ein kostenloser Shuttle-Service unzulässig ist. Dies gilt bei allgemeinzahnärztlichen Eingriffen/Versorgungen ohne Frage. Sicherlich gilt es aber auch bei umfangreicheren oralchirurgischen, bspw. implantologischen, Leistungen. Auch insoweit dürfte es kaum den üblichen Gepflogenheiten einer Zahnarztpraxis entsprechen, Patienten kostenfrei zu chauffieren. Dementsprechend werden entsprechende Angebote von den Zahnärztekammern auch gerügt und die betreffenden Kammermitglieder zur Unterlassung aufgefordert.

RA Jens-Peter Jahn
ist Fachanwalt für Medizinrecht in der Kanzlei DR. HALBE RECHTSANWÄLTE in Köln mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Zahnarztrecht.
koeln@medizin-recht.com