Abrechnungswesen von Zahnärzten

Honorar auch bei Mängeln

Die Oberlandesgerichte Düsseldorf und München haben zwei Urteile zum Abrechnungswesen von Zahnärzten gefällt, die in Streitfragen zu mehr Rechtssicherheit führen: Geringe Mängel führen nicht zu Honorarverlust und Leistungen angestellter Ärzte sind abrechnungsfähig.


Oberlandesgerichte entscheiden - Honorar auch bei Mängel

Oberlandesgerichte entscheiden: Honorar auch bei Mängel © zimmytws/istockphoto


Auch bei geringen Mängeln erlischt der Honoraranspruch nicht, das hat das Oberlandesgericht Düsseldorf mit seinem Urteil vom 13. Juli 2016 (Az.: I-18 U 95/15, 18 U 95/15) entschieden. Darin heißt es, dass einem Zahnarzt ein Honoraranspruch für eine durchgeführte (prothetische) Behandlung auch dann zusteht, wenn die Behandlung insgesamt an geringfügigen Mängeln leidet.

In dem vorliegenden Fall hatte der Zahnarzt die zahnprothetische Behandlung einem Patienten durchgeführt. Nach Abschluss der Behandlung sah er sich dem Vorwurf einer fehlerhaften Behandlung seitens der Patientin ausgesetzt, die in der Folge die Zahlung des fälligen Honorars verweigerte. Das Oberlandesgericht Düsseldorf stellt in seiner Entscheidung zunächst klar, dass sich ein Anspruch auf Zahlung des Honorars aus dem Behandlungsvertrag ergebe, der auch hinsichtlich prothetischer Leistung, nach dienstvertraglichen Vorschriften (§§ 611 ff. BGB) zu beurteilen sei.

Der Zahnarzt schulde als Dienstverpflichteter keinen Erfolg seiner zahnärztlichen Leistung, sondern lediglich die Erbringung der von ihm versprochenen Dienste selbst. Eine Vergütung dieser erbrachten Dienste sei folglich auch dann zu leisten, soweit die erbrachte Leistung sich als mangelbehaftet erweise. Denn das zivilrechtliche Dienstvertragsrecht – das Maßstab dieser Beurteilung ist – kenne keine Gewährleistung.

Ausnahme

Ausnahmsweise kann ein Honoraranspruch ausgeschlossen sein, soweit die erbrachte Leistung des Zahnarztes gänzlich unbrauchbar ist. Nach Ansicht des Oberlandesgerichts entfällt daher ein Anspruch auf das an sich geschuldete Honorar dann, wenn der Zahnarzt einen völlig unbrauchbaren Zahnersatz hergestellt und eingesetzt hat, der für den Patienten gänzlich wertlos ist. In gleicher Richtung urteilte bereits der Bundesgerichtshof dergestalt, dass ein Interesse an der Leistung des Arztes lediglich dann wegfalle, soweit die Arbeiten des Arztes für den Patienten nicht mehr wirtschaftlich verwertet werden können, sie folglich nutzlos geworden seien (BGH, Urteil vom 29.03.2011, Az. VI ZR 133/10, juris Rnr. 18, m. w. N.). Es genüge daher zum einen nicht, dass die Leistung objektiv wertlos sei, wenn der Patient sie gleichwohl nutze, zum anderen jedoch auch nicht, dass der Patient sie nicht nutze, obgleich er die Leistung wirtschaftlich verwerten könne (BGH, a. a. O.).

Eine derartige (wirtschaftliche) Unbrauchbarkeit konnte indes nicht festgestellt werden. Der gerichtliche Sachverständige kam gutachterlich zu dem Ergebnis, die vorgenommene prothetische Versorgung sei im Wesentlichen lege artis erfolgt und für die Patientin brauchbar. Vorhandene Mängel hätten – soweit sie tatsächlich bestünden – jedenfalls in für die Patientin zumutbarer Weise nachgebessert werden können. Eine solche Nachbesserung unterblieb indes im vorliegenden Falle lediglich aufgrund der Tatsache, dass die Patientin selbst den Behandlungsvertrag gekündigt habe.

Leistungen angestellter Ärzte sind abrechnungsfähig

In einem anderen Fall hat das Oberlandesgericht München mit Urteil vom 22. Juni 2016 (Az.: 20 U 171/16) entschieden, dass ein Anspruch auf Zahlung eines Honorars für die durchgeführte (zahn)ärztliche Behandlung aufgrund der Regelungen der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) und des jeweils geschlossenen Behandlungsvertrags auch dann besteht, wenn die grundsätzlich eigene ärztliche Leistung desjenigen Arztes, mit dem der Vertrag abgeschlossen worden ist, durch genehmigte Assistenten oder angestellte (Zahn-)Ärzte erbracht wurde (hier: §§ 32, 32a der Zulassungsverordnung für Zahnärzte).

Dem Rechtsstreit lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der Beklagte sich bei seinem Zahnarzt in Behandlung begeben hatte. Bereits während des ersten Behandlungstermins hatte der Zahnarzt darauf hingewiesen, sein Sohn, der selbst approbierter angestellter Zahnarzt der Praxis war, unterstütze ihn zwischenzeitlich bei der Behandlung. Dieser Vorgehensweise widersprach der Beklagte – trotz Kenntnis – nicht und bestand auch nicht auf einer Behandlung ausschließlich durch den Vertragspartner des Behandlungsvertrags selbst. Der Zahnarzt rechnete gegenüber dem Beklagten einen Gesamtbetrag in Höhe von 2213,53 Euro für erbrachte zahnärztliche Leistungen ab. In der Folgezeit trat der Zahnarzt die Forderung gegenüber dem Beklagten an die Klägerin, einen Inkassodienstleisters ab. Nachdem der Beklagte mehrfach Teilzahlungen erbracht hatte, machte die Klägerin klageweise den noch ausstehenden Betrag geltend. Gegen das der Klägerin stattgebende Urteil des Landgerichts ging der Beklagte in Berufung.

Überlassung zulässig

Das Oberlandesgericht stellte zunächst fest, dass es dem Zahnarzt zulässigerweise möglich sei, die geschuldete ärztliche Leistung – auch soweit es den Kernbereich derselben betreffe – von einem angestellten Zahnarzt als Vertreter erbringen zu lassen. Es sei ihm gestattet, jene Leistungen zur selbstständigen Erledigung an einen Assistenten zu übertragen, da die dazu grundsätzlich erforderliche Einwilligung des Beklagten aus Sicht eines objektiven Erklärungsempfängers vorgelegen habe.

Trotz Kenntnis der Mitarbeit des Sohns in der Praxis des Zahnarztes und des ausdrücklichen Hinweises auf dessen Unterstützungsleistung habe der Beklagte einem solchen Vorgehen nicht widersprochen. Auch habe er nicht kundgetan, dass es ihm im besonderen Maße gerade darauf ankomme, vom Praxisinhaber höchstpersönlich behandelt zu werden.

Eine mündliche Vereinbarung hinsichtlich der Höchstpersönlichkeit der Leistungserbringung könne nicht gesehen werden. Ebenso sei eine schriftliche Vereinbarung zwischen den Parteien des Behandlungsvertrags unterblieben. Da der Beklagte mithin zu keinem Zeitpunkt – in welcher Weise auch immer – die höchstpersönliche Behandlung durch den Praxisinhaber eingefordert oder aber der Behandlung durch den angestellten Zahnarzt widersprochen habe, habe der Zahnarzt von einem Einverständnis mit der Übertragung der geschuldeten Leistung auf den Assistenten ausgehen können und dürfen.

Das Gericht gibt dabei zu erkennen, dass es die Tatsache, dass ein Schweigen zwar grundsätzlich keine tatbestandliche Erklärung des Willens darstellen kann, gleichwohl nicht verkannt hat. Es führt jedoch aus, dass dem Schweigen dennoch ein Erklärungswert zukommen könne. Dies sei immer dann der Fall, wenn der Schweigende nach den Gesamtumständen nach Treu und Glauben verpflichtet gewesen wäre, seinen gegenteiligen Willen zum Ausdruck zu bringen. Dies habe der Beklagte indes vermissen lassen. Er könne nicht einerseits die Behandlung durch den Assistenten unwidersprochen in Anspruch nehmen und auf der anderen Seite im Falle der Abrechnung eben dieser erbrachten Leistung erklären, mit dieser nicht einverstanden gewesen zu sein.

Deutliche Zahnarztwahl

Interessant ist indes die Frage, wie der Fall zu beurteilen wäre, wenn der Patient deutlich zu verstehen gäbe, dass er nur von einem bestimmten Zahnarzt behandelt werden will. In diesem Fall müsse man wohl davon ausgehen, dass der Honoraranspruch nicht gegeben ist, da er unter Verstoß gegen den in der ambulanten Versorgung geltenden Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung erwirtschaftet wurde.

Bringt der Patient seine Zahnarztwahl deutlich zum Ausdruck, beschränkt er nach der Rechtsprechung im Übrigen auch seine Einwilligung in den Eingriff auf die Person des von ihm ausgewählten Zahnarztes (so BGH Urt. v. 19.7.2016 – VI ZR 75/15 zu Wahlleistungen im Krankenhaus). Wird die Behandlung dann dennoch von einem anderen Zahnarzt durchgeführt, ist sie rechtswidrig. Neben dem Wegfall des Vergütungsanspruchs drohen dem Zahnarzt dann auch Haftungsansprüche oder gar strafrechtliche Konsequenzen.

Der Honoraranspruch erlischt auch bei geringen Mängeln nicht. Er kann aber ausgeschlossen sein, wenn die erbrachte Leistung gänzlich unbrauchbar ist.

RA Jens-Peter Jahn
ist Fachanwalt für Medizinrecht in der Kanzlei DR. HALBE RECHTSANWÄLTE in Köln mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Zahnarztrecht.
koeln@medizin-recht.com

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