Wirksame Gebührenvereinbarung in der Zahnarztpraxis

Warum eine Festpreisvereinbarung rechtswidrig ist

Die Gebührenvereinbarung zwischen Zahnarzt und Patient muss verschiedene Parameter, wie die Nummer und Bezeichnung der Leistung, enthalten. Andere Aspekte, z. B. ein Festpreis, dürfen nicht festgeschrieben werden. Welche Voraussetzungen muss eine wirksame Gebührenvereinbarung erfüllen? Mit dieser Frage hatte sich das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 14.01.2020 – Az. 9 U 39/19) Anfang des Jahres zu befassen.


Festpreisvereinbarung

Eine individuelle Absprache zwischen Zahnarzt und Patient ist immer nötig. © WavebreakMediaMicro – stock.adobe.com


Die GOZ regelt die Vergütung von Zahnärzten unterteilt nach Gebühren, Entschädigung und Auslagenersatz, wobei die Gebührenhöhe unter Einbeziehung des Gebührenverzeichnisses für ärztliche Leistungen erfolgt. Die Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) sieht in § 2 GOZ darüber hinaus aber auch die Möglichkeit der abweichenden Gebührenvereinbarungen vor. Diese Norm beschreibt dabei zugleich die Voraussetzungen, welche ein Zahnarzt, der mit seinem Patienten eine entsprechende Vereinbarung schließen möchte, zwingend einzuhalten hat. Das betrifft somit eine Festpreisvereinbarung.

Hier setzt die eingangs erwähnte Entscheidung des OLG an. Anschaulich hat das Gericht die verschiedenen Voraussetzungen einer Vereinbarung erläutert, weshalb dieses Urteil für die ärztliche Praxis entsprechend bedeutsam ist.

Ausgangslage war ein Streit zwischen einer Krankenkasse (Beklagte) und einem bei der Beklagten privat versicherten Patienten (Kläger). Der Zahnarzt selbst trat nicht als Partei, sondern als Zeuge in der Verhandlung auf. Zwischen dem Patienten und der Versicherung bestand eine Krankenkostenversicherung (gem. Tarif 741), welche eine hundertprozentige Erstattung für Zahnbehandlungen vorsah. Nun war diese Versicherung nicht bereit, die Behandlungen für ihren Versicherten gegenüber dem Zahnarzt zu begleichen. Die Versicherung war der Auffassung, dass die zwischen dem Patienten und dem Zahnarzt bestehende Gebührenvereinbarung nicht die gesetzlichen Anforderungen des § 2 GOZ erfüllte.

Voraussetzungen für eine zahnärztliche Gebührenvereinbarung

Zunächst stellte das Gericht in dieser Sache klar, dass ein versicherter Patient in der Tarifgruppe 741 davon ausgehen darf, dass seine Versicherung auch für solche Gebühren aufzukommen hat, die aufgrund von Gebührenvereinbarungen über den gesetzlichen Höchstsätzen liegen. Entscheidend ist hier, dass die Versicherungsbedingungen an die Aufwendungen für „medizinisch notwendige Heilbehandlungen“ anknüpfen. Nach der Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 12.03.2003, Az. IV ZR 278/01) hat der Versicherer mit der Wendung „medizinisch notwendige Heilbehandlung“ tatsächlich keine Beschränkung auf die kostengünstigste Behandlung erklärt.

Im Anschluss erläuterte das Gericht die Voraussetzungen für eine zahnärztliche Gebührenvereinbarung im Sinne des § 2 der GOZ.

Die Gebührenvereinbarung muss danach die Nummer und Bezeichnung der Leistung, den vereinbarten Steigerungssatz, den sich aus dem vereinbarten Steigerungssatz ergebenden Betrag und eine Erklärung mit dem Inhalt enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleitet ist.

Auch muss die Vereinbarung schriftlich und in jedem Fall zeitlich vor der Erbringung der Leistung geschlossen werden. Weitere Erklärungen darf die schriftliche Vereinbarung nicht enthalten.

Festpreisvereinbarung ist wettbewerbsrechtlicher Verstoß

Das OLG Köln unterstrich hier, dass die Festpreisvereinbarung in einer Gebührenvereinbarung rechtswidrig ist. Ein solcher Pauschalpreis verstößt dabei nicht nur gegen die Gebührenordnung, sondern stellt zugleich auch einen wettbewerbsrechtlichen Verstoß dar. Wird die Gebührenvereinbarung hingegen nicht auf Festpreise, sondern auf Steigerungssätze gestützt, so ist gerade kein Festpreis für eine Behandlung vereinbart, weshalb dies von der Rechtsprechung als zulässig anerkannt wird.

Des Weiteren muss eine Gebührenvereinbarung eine Individualvereinbarung darstellen. Im Falle des OLG beschäftigte sich das Gericht nach der Feststellung, dass die oben genannten formalen Voraussetzungen allesamt gegeben waren, folglich mit der Frage, ob es sich bei der Vereinbarung nun um unzulässige Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) oder um eine individuell mit dem Patienten ausgehandelte Vereinbarung (Individualvereinbarung) handelte.

Ein Vermerk durch ein Team-Mitglied oder den Arzt ist sinnvoll und muss mit Sorgfalt erledigt werden RA Jens-Peter Jahn

Im konkreten Fall hatte der Zahnarzt dem Patienten ein Formular mit vorgeschriebener Gebührenvereinbarung sowie einem erläuternden Erklärungstext vorgelegt. Eine Preisverhandlung hatte nicht stattgefunden. Nach den allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen hätte die Verwendung eines Formulars damit wohl eher gegen das Vorliegen einer Individualvereinbarung gesprochen. Eben dies ist hier im Arzt-Patienten-Verhältnis jedoch nicht der Fall.

Das OLG erklärt zunächst, dass der Zahnarzt das Überschreiten der Gebührenordnung nicht ernsthaft zur Disposition stellen und dem Patienten ein Mitspracherecht hinsichtlich der Angemessenheit der Bezahlung für die noch zu erbringenden Leistungen einräumen muss. Auch wenn dies in anderen Lebenssituation möglicherweise anders zu bewerten wäre, so hat in einer ähnlichen Fragestellung zum Arzt-Patienten-Verhältnis sogar das Bundesverfassungsgericht diese Rechtsauffassung geprägt (BVerfG, Beschluss v. 25.10.2004, Az. 1 BvR 1437/02). Wäre der Arzt gezwungen, trotz der Erbringung überdurchschnittlich qualifizierter und zeitaufwändiger Leistungen unterhalb der Grenze einer angemessenen Vergütung zu arbeiten oder seine Leistung dem durch den Patienten vorgegeben Rahmen anzupassen, so würde dies nach Ansicht des BVerfG einen verfassungswidrigen Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit des Zahnarztes darstellen. Gemessen an dieser höchstrichterlichen Rechtsprechung muss in dem durch das OLG zu entscheidenden Fall nicht bereits aufgrund der Aspekte „vorformuliert“ und „keine Preisverhandlung“ davon ausgegangen werden, dass die Gebührenvereinbarung AGB darstellen und damit unzulässig ist.

Individuelle Absprache mit Patient ist notwendig

Dies darf nun allerdings nicht so verstanden werden, dass sich die Leistung des Arztes zum Abschluss einer rechtmäßigen Gebührenvereinbarung auf die Vorlage eines entsprechenden Formulars beschränkt. Es bedarf in jedem Fall einer individuellen persönlichen Absprache zwischen dem Arzt und dem Patienten. In dem konkreten Fall wurden dem Patienten der Ausdruck der abzuschließenden schriftlichen Gebührenvereinbarung sowie eine zusätzliche schriftliche Erläuterung zu der Vereinbarung zur Durchsicht im Wartezimmer ausgehändigt. Der Patient hatte dadurch ausreichend Zeit, sich mit dem Inhalt der Vereinbarung auseinanderzusetzen. Im anschließenden persönlichen Gespräch, in welchem der Zahnarzt die Gebührenvereinbarung zunächst erläuterte, hatte der Patient ausreichend Gelegenheit, dem Arzt Fragen zu der Vereinbarung zu stellen.


In dem konkreten Rechtsstreit ist das OLG auch auf den Vermerk eingegangen, welchen die anwesende Zahnmedizinische Fachangestellte während des Gesprächs schriftlich festgehalten hat. Hier scheint der Vermerk nicht ausreichend sorgfältig erstellt worden zu sein, weshalb dieser in die Beweiswürdigung letztlich nicht einbezogen werden konnte. Insofern ist die Notierung eines Vermerks durch eine Team-Mitglied bzgl. des Arzt-Patienten-Gesprächs ratsam, dieser Vermerk sollte allerdings mit einer entsprechenden Sorgfalt angefertigt werden.

Ob der Patient das Formular vor oder nach dem Gespräch mit dem Arzt unterzeichnet ist letztlich unerheblich, da der Patient seine Erklärung zum Vertragsschluss erst mit Übergabe des Formulars an den Arzt oder eine Praxismitarbeiterin erklärt. Wichtig und zwingend zu beachten ist aber, dass die Gebührenvereinbarung in jedem Fall vor dem Beginn der Behandlung abzuschließen ist. Die unterschriebene Vereinbarung muss also vor Beginn der Behandlung dem Behandelnden unterschrieben vorliegen. Dem Zahlungspflichtigen ist eine Kopie dieser Vereinbarung auszuhändigen.

Des Weiteren darf die Gebührenvereinbarung für die gleiche Leistung auch bei einer Vielzahl von Patienten die gleichen Steigerungssätze vereinbaren, ohne dass dies der Annahme einer Individualvereinbarungen entgegensteht.

Zulässige Höhe einer Gebührenvereinbarung

Wie lang eine Gebührenvereinbarung gelten darf, diesbezüglich sieht das Gesetz keine Regelung vor. Handelt es sich aber um eine umfassende Zahnbehandlung mit vielen Einzelmaßnahmen, so ist mit dem Patienten zu Beginn der Behandlung sowohl über den voraussichtlichen Behandlungsplan, als auch über die mutmaßlichen einzelnen Behandlungsmaßnahmen zu sprechen, damit der Patient etwa absehen kann, auf welchen Behandlungsumfang sich die Gebührenvereinbarung beziehen wird.

Abschließend ist das OLG noch auf die zulässige Höhe einer Gebührenvereinbarung eingegangen. Hier hat das Gericht negativ abgegrenzt. Unzulässig ist eine Vereinbarung dann, wenn die Aufwendung des Patienten für die Heilbehandlung oder sonstige Leistungen in einem auffälligen Missverhältnis zu den erbrachten Leistungen stehen. Wann in diesem Sinne ein auffälliges Missverhältnis vorliegt, ist nicht einheitlich geklärt. Einig ist sich die Rechtsprechung allerdings dahingehend, dass der übliche Wert der erbrachten Leistung und nicht der Preis für das medizinische Mindestmaß ausschlaggebend ist. Üblicherweise bedarf es danach eines Marktvergleichs, um zu klären, ob ein Missverhältnis vorliegt. Verglichen wird hier das tatsächlich vereinbarte Entgelt mit dem marktüblichen Preis, welchen die Mehrzahl der übrigen Anbieter für vergleichbare Leistungen fordert. Ausgehend von diesem marktüblichen Preis wird als grober Richtwert davon ausgegangen, dass etwa bei einer Vergütung, welche das Doppelte des Marktpreises beträgt, ein Missverhältnis vorliegt.

Warum der Zahnarzt den Steigerungssatz in der angegebenen Höhe gewählt hat, muss er indes nicht begründen. Die Begründungspflicht, welche § 5 Abs. 2 GOZ vorsieht, gilt nicht für Gebührenvereinbarungen, wie das Gericht in seiner Entscheidung ebenfalls klarstellt.

 


Der Experte

Jens-Peter Jahn

© privat

RA Jens-Peter Jahn
ist Fachanwalt für Medizinrecht in der Kanzlei michels.pmks Rechtsanwälte in Köln mit einem Tätigkeitsschwerpunkt im Zahnarztrecht.