Die Praxisabgabe gestalten, Teil 2: Vorbereiten und übergeben

Praxisabgabe vor­be­reiten und umsetzen

In den kommenden Jahren wird die Zahl der abzugebenden Zahnarztpraxen rasant ansteigen. Daher sollten sich diejenigen Zahnärzte, für die der Praxisverkauf mittelfristig eine Option ist, strukturiert auf die Abgabe vorbereiten. Michael Kreuzer, Inhaber von BestPraxis, hat sich in einer zweiteiligen Serie diesem Thema angenommen. In diesem zweiten Teil gibt er Tipps, wie gewillte Praxisabgeber ihre Praxis auf den Verkauf vorbereiten, den geeigneten Übernehmer finden und die tatsächliche Übergabe gestaltet werden kann.


© Adobe Stock/Zkolra


In den kommenden Jahren wird die Zahl der abzugebenden Zahnarztpraxen rasant ansteigen. Daher sollten sich diejenigen Zahnärzte, für die der Praxisverkauf mittelfristig eine Option ist, strukturiert auf die Abgabe vorbereiten. Michael Kreuzer, Inhaber von BestPraxis, hat sich in einer zweiteiligen Serie diesem Thema angenommen. In diesem zweiten Teil gibt er Tipps, wie gewillte Praxisabgeber ihre Praxis auf den Verkauf vorbereiten, den geeigneten Übernehmer finden und die tatsächliche Übergabe gestaltet werden kann.Bevor die Suche nach einem geeigneten Praxisübernehmer beginnt, sollten sich die Abgeber weit­gehend darüber im Klaren sein, dass sie abgeben wollen und dazu emotional wie auch finanziell tatsächlich in der Lage sind. Außerdem sollten sie bereits Vorstel­lungen zu folgenden Punkten ­haben:
Möglichkeiten einer Anstellung in der „eigenen“ Praxis
Übergangsphase mit ggf. gegenseitiger Anstellung
(realistischer) Verkaufspreis
Die Braut aufhübschen
Bei dem steigenden Angebot an zu verkaufenden Praxen wird die Nachfrage nicht mithalten können. Somit geht die Schere zwischen Angebot und Nachfrage in den nächsten Jahren auseinander – leider zu Ungunsten der Verkäufer.
Daher gehört zu den ersten Aktivitäten: „Die Braut aufhübschen“. Das bedeutet, dass die Praxis optisch und möglichst auch technisch in einem ordentlichen Zustand ist. Aufräumen und entrümpeln gehören zu den ersten To-Dos. Also sollten nicht mehr benötigte Ersatzteile, alte Unterlagen wie längst veraltete Flyer, Broschüren und ausrangiertes Gerümpel nach und nach entsorgt werden. Abhängig von dem Zustand der Räumlichkeiten kann es auch sinnvoll sein, den Praxisräumen einen neuen Anstrich zu geben.
Insgesamt sollten solche Investitionen jedoch möglichst gering gehalten werden. Ihr Ziel ist vor allem, den ersten Eindruck bei einer Praxisbesichtigung zu verbessern. Denn wie heißt es so schön: „Es gibt keine zweite Chance für den ersten Eindruck.“

Warum der erste Eindruck zählt
Aus meiner Erfahrung bei Praxisbesichtigungen mit potenziellen Praxisübernehmern stelle ich leider immer wieder fest, dass vielen von ihnen die Fantasie und Vorstellungskraft fehlen, was sich aus einer Praxis machen lässt. Daher ist der erste Eindruck extrem wichtig im Hinblick auf die Fortführung der Gespräche.
Da der erste Eindruck auch stark über die Präsenz im Internet beeinflusst wird, sollten die Daten zur Praxis möglichst korrekt, einheitlich und positiv – ohne jedoch zu übertreiben – sein. Auch eine Bereinigung der Praxisinformationen im Internet – Homepage, Bewertungsportale etc. – ist ein Prozess, der bereits einige Monate, oder sogar Jahre, vor der geplanten Übergabe initiiert werden kann.

Den geeigneten Übernehmer finden
Die Suche nach einem geeigneten Übernehmer kann ebenfalls frühzeitig gestartet werden. In der Regel ist es sinnvoll zirka ein bis zwei Jahre vor dem geplanten Ausstieg damit zu starten. Zu Beginn ist es ratsam, eher handverlesen zu suchen.
Angestellter Zahnarzt
Zum Beispiel ist für einen langjährigen angestellten Zahnarzt der Wert der Praxis zumeist höher, da er die meisten Patienten, die Mitarbeitenden und die gesamten Praxisabläufe kennt. In der Regel kann hierdurch zwar kein höherer Kaufpreis erzielt werden, aber die Chance für einen Verkauf an sich ist größer. Deshalb ist es sinnvoll, bei der Anstellung eines Zahnarztes auch die Frage zu klären, ob dieser perspektivisch in die Praxis einsteigen möchte.
Sollte die Anstellung eines Kollegen nicht möglich sein – beispielsweise weil die Praxis zu klein ist – kann die Suche nach einem potenziellen Nachfolger über ein anonymes Chiffre-Inserat in Fachzeitschriften gestartet werden. Die Beantwortung von Anfragen kann dann optional mittels eines Pseudonyms erfolgen. Durch eine solche Vorgehensweise bleibt die Anonymität erst einmal gewahrt.

Ausschreibung in Praxisbörsen
Je näher der geplante Abgabezeitpunkt rückt, desto höher ist die Erfolgsaussicht über die Ausschreibung in Praxisbörsen. Verschiedene Institutionen bieten die Vermittlung von Praxen an, z. B. reine Praxisvermittler, Kammern, Verbände, Praxisberater, Depots, Finanzdienstleister, Banken und andere Unternehmen.
Einige dieser Anbieter arbeiten mittels Ausschließlichkeit, andere aber auch nicht. Letzteres hat den Vorteil, dass der Praxisverkäufer gleichzeitig mehrere Praxisbörsen beauftragen kann. Da Kosten in der Regel nur für die Praxisbörse anfallen, die die Praxis dann tatsächlich auch vermittelt, ist es zumeist ratsam, mehrere (aber nicht zu viele) Börsen zu beauftragen.
Anonymität ist wichtig
Bei der Auswahl der Praxisbörse ist es sinnvoll, sich den Vermittlungsprozess genauer anzusehen. Bei guten Praxis­börsen wird der Name des Abgebers längstmöglich gegenüber Interessenten anonym gehalten. Wird der Praxisname – in Abstimmung mit dem Abgeber – preisgegeben, sollte dieser wiederum auch ­erfahren, wer der Suchende ist. So behalten Praxisverkäufer einen besseren Überblick, wer erste Daten zur Praxis ­erhalten hat.
Verschwiegenheitserklärungen (die Praxisvermittler von Praxissuchern unterzeichnen lassen) enthalten fast nie Vertragsstrafen und sind somit eher moralischer Natur. Deshalb spricht sich gerne auch mal unter Suchenden herum, welche Praxis zum Verkauf steht. Und steht eine Praxis über eine längere Zeit zum Verkauf, wird im Kreis der suchenden Zahnärzte davon ausgegangen, dass es dafür einen Grund geben müsse. So kann eine Praxis – ggf. unberechtigt – zum ­Ladenhüter werden.
Außerdem sollten im Vorfeld immer nur grobe Angaben an Interessenten herausgegeben werden. Erst nach einer Praxisbesichtigung und einem weitergehenden Interesse von beiden Seiten sind genauere Zahlen zur Verfügung zu stellen.

Die Praxisbesichtigung „führen“
Die Praxisbesichtigung durch einen Interessenten ist eine Chance – die jedoch von vielen Praxisverkäufern nicht wirklich genutzt wird. Viele verhalten sich dabei eher passiv und reagieren nur auf die Fragen, die der potenzielle Übernehmer ihnen stellt.
Viel besser ist es aber, seine Praxis richtig zu präsentieren. Das bedeutet, dass Zahnärzte vor allem die guten Seiten und im Hinblick auf die Zukunft auch die Chancen der Praxis aktiv herausstellen sollten. Eine Praxis mit zusätzlichen Chancen und Möglichkeiten hat bessere Verkaufschancen als eine perspektivenlose Praxis. Themen könnten sein:
Möglichkeiten, wie sich die Anzahl der Behandlungszimmer (z. B. durch Umbau) erweitern lässt.
Eine perspektivische Vergrößerung der Räumlichkeiten, wenn z. B. bekannt ist, dass ein Nachbar seine Räumlichkeiten aufgeben wird.
Leistungen, die bisher nicht angeboten worden sind, aber zukünftig angeboten werden können.
Werbemöglichkeiten, die bisher noch nicht genutzt worden sind.
Wer seine Praxis abgeben will, sollte sich also überlegen, welche Chancen man selbst aus der Perspektive eines Übernehmers für die eigene Praxis sehen würde. Denn schließlich kennt niemand die Praxis und die möglichen Chancen so gut, wie der Abgebende selbst.
Nur zur Sicherheit sei nochmals erwähnt: Der Verkauf von zusätzlichen Chancen wird sehr wahrscheinlich nicht den Kaufpreis erhöhen. Denn: Es kann nur verkauft werden, was tatsächlich vorhanden ist. Jedoch erhöhen zusätzliche Optionen die Chancen für den Verkauf der Praxis.

Ein Gesamtkonzept verkaufen
Bevor Praxisverkäufer in die Preisverhandlungen einsteigen, sollten sie dem übernehmenden Zahnarzt mitteilen, was konkret verkauft wird. Und hier ist nicht nur die Praxis zu nennen – bestehend aus materiellem und immateriellem Wert –, sondern eben auch die Optionen bzw. Chancen sowie auch die Übergabemodalitäten. Dazu zählen die bereits erwähnten Möglichkeiten einer gegenseitigen Anstellung, eine ggf. längerfristige Mitarbeit des Abgebenden (z. B. als Vertretungszahnarzt) und/oder die Unterstützung beim Praxismarketing.

Vorteile der gegenseitigen Anstellung
Die gegenseitige Anstellung von Abgeber und Übernehmer hat mehrere Vorteile. Die Anstellung des Praxiskäufers – nach der Vertragsunterzeichnung und kurz vor der Praxisübernahme – ermöglicht ihm die Patienten, Mitarbeitenden und die Praxis als Ganzes kennenzulernen. Das hilft, wenn es um die Gedanken für die eigene Zukunft geht. Zum Beispiel was der Käufer ggf. ändern möchte. Außerdem werden auf diese Weise schon Patienten „warm“ übergeben.
Die Anstellung des Abgebenden nach der Übernahme kann für die (ggf. weitere) Übergabe der Patienten nützlich sein.
Diese Zeit kann der Übernehmende aber beispielsweise auch für Weiterbildung nutzen und Tätigkeitsschwerpunkte entwickeln. Hat beispielsweise ein Übernehmer keine bzw. nur wenig Erfahrung in der Implantologie, kann von der langjährigen Erfahrung des Praxisabgebenden profitiert werden, wenn dieser sein praktisches Wissen teilt. Diese Konstellation gehört dann ebenfalls zu dem Gesamtkonzept Praxisübergabe und kann auch den Wert einer Praxis erhöhen.
Weiterhin ist natürlich jeder Patient, der dem Übernehmenden bleibt, ein echter Mehrwert. Die Akzeptanz des Nachfolgers lässt sich durch geeignete Werbemaßnahmen stark beeinflussen, z. B.:
Ein informativer Brief des abgebenden Zahnarztes an seine Patienten, in dem den Patienten für ihr Vertrauen gedankt wird und sie gleichzeitig gebeten werden, dieses Vertrauen auch dem geschätzten Nachfolger entgegenzubringen.
Ein frühzeitiger Aushang in der Praxis, mit einem ähnlichen Text und/oder auch auf der Praxis-Webseite sowie in Sozialen Medien.
Ein Inserat in der Lokalzeitung, in dem der Abgebende sich ebenfalls für das Vertrauen bedankt und dem nachfolgenden Kollegen alles Gute wünscht.
Die Kosten für diese Werbemaßnahmen trägt bereits der Praxisübernehmer. Daher kosten sie den abgebenden Kollegen nur etwas Zeit und ggf. Mühe. Für den Praxisnachfolger können solche Maßnahmen aber über Erfolg und Misserfolg bei der Praxisübernahme entscheiden.

Fazit
Der Markt für Praxisabgeber wird die nächsten Jahre immer schwieriger werden. Eine strategische Vorbereitung und Durchführung der Praxisabgabe können die Chancen für den Verkauf nennenswert steigern – und ggf. einen höheren Kaufpreis begünstigen.
Eine optisch frisch aufpolierte Praxis, gut vorselektierte Interessenten, eine wert- und chancenorientierte Praxisbesichtigung sowie der Verkauf eines Gesamtkonzeptes sind wichtige Bausteine für den Erfolg des Praxisverkaufs. Das ist zwar ein zusätzlicher Aufwand, der sich aber auch finanziell rentieren wird.

Michael Kreuzer

ist Geschäftsführer und Inhaber der ZahnÄrzteBeratung BestPraxis in München. Seit über 25 Jahren ist der Diplom-Kaufmann auf die Beratung von Mandanten aus dem Bereich der akademischen Heilberufe spezialisiert.
www.bestpraxis.de
Foto: privat