Praxismanagerin: Ein Beruf mit neuem Aufgabenprofil
Die Praxismanagerin ist die rechte Hand des Zahnarztes und entlastet ihn, damit er sich auf seine Patienten konzentrieren kann. Zu ihrem Aufgabenprofil gehören BWL, Controlling, Marketingwissen und Patientenbindung.
Früher war alles besser – dieser Meinung sind zumindest viele niedergelassene Zahnärzte. Fest steht, dass die eigene Praxis kein wirtschaftlicher Selbstläufer mehr ist, und damit die Notwendigkeit, nicht nur fachlich, sondern auch ökonomisch sinnvoll zu handeln, immer wichtiger wird. Erfolgreiche Unternehmer wissen, wie sie dieser Herausforderung begegnen: Sie delegieren. Und zwar alle Tätigkeiten, die sie davon abhalten, sich voll auf ihre Kernkompetenzen zu konzentrieren.
Stellt sich die Frage, warum diese Erkenntnis in den meisten Zahnarztpraxen noch immer nicht angekommen ist. Anstatt engagierten und fähigen Mitarbeitern mehr Verantwortung zu übertragen, verbringen Zahnärzte unzählige Nächte damit, liegen gebliebene Schreibtischarbeit nachzuholen – ein ebenso kräftezehrender wie aussichtsloser Kampf. In den vergangenen Jahrzehnten kristallisierte sich deshalb unter den zahnärztlichen Angestellten ein Beruf mit neuem Aufgabenprofil heraus: die Praxismanagerin.
BWL, Controlling, Marketing und Patientenbindung
Wann genau die Praxismanagerin im Vokabular der dentalen Arbeitswelt auftauchte, kann vermutlich niemand mehr sagen. Sicher ist aber, dass im Zuge schwindender kassenärztlicher Kostenübernahmen Themen wie Leistungskataloge für Privatpatienten, Praxisorganisation und Abrechnungsfragen an Bedeutung gewannen. Die Kenntnisse, die eine zahnärztliche Mitarbeiterin benötigt, um dieser Entwicklung gerecht zu werden, gehen jedoch weit über die Ausbildung einer zahnmedizinischen Fachangestellten hinaus.
Denn das Aufgabenprofil einer Praxismanagerin umfasst nicht nur betriebswirtschaftliche Kenntnisse zu Controlling und Preiskalkulation, sondern auch Marketingwissen, zum Beispiel zu Praxispositionierung, Marktanalyse oder Patientenbindung. Noch weitaus mehr kann ein Zahnarzt von einer kompetenten Assistentin profitieren, wenn diese ihn auch in Fragen der Personalführung unterstützen kann. Damit ist sie mit unternehmerischen Fragestellungen vertraut und kann ihrem Chef in vielen Bereichen der Praxisführung den Rücken stärken. Typische Einsatzgebiete sind Aufbau und Weiterentwicklung des QM-Systems, Organisation und Optimierung des Beschaffungswesens, Praxismarketing, Koordination des Personaleinsatzes und des Ausbildungswesens ebenso wie die Vorbereitung und Moderation von Teamsitzungen.
Relevanz der Praxismanagerin nicht zu unterschätzen
Der Wert und die Relevanz einer solchen Position kommen der einer Assistenz der Geschäftsführung in einem mittelständischen Unternehmen gleich. Dennoch ist die Berufsbezeichnung der Praxismanagerin nicht geschützt. Es existiert keine entsprechende Prüfung seitens der Bundeszahnärztekammer, so wie dies beispielsweise für die Aufstiegsfortbildung zur ZMV der Fall ist. Deshalb bezeichnen sich ZMVs, deren Kernkompetenz eigentlich in der Abrechnung liegt, oft als Praxismanagerinnen, wenn sie darüber hinaus in der Praxisverwaltung tätig sind. Gleiches gilt für verdiente Mitarbeiterinnen, denen der Zahnarzt im Lauf der Jahre mehr Verantwortung übertragen hat.
Sucht ein Praxisbetreiber gezielt nach einer umfassend geschulten „rechten Hand“, die ihn spürbar entlastet, sollte er also bei Neueinstellungen genau erfragen, ob eine potenzielle Assistentin auch über die von ihm gewünschten Qualifikationen verfügt. Darüber hinaus bleibt ihm die Möglichkeit, Mitarbeiter, die sich in diesen Bereichen bereits durch Initiative und Übersicht bewährt haben, auf eigene Kosten weiterzubilden. Angesichts der Tatsache, wie schwierig es für einen selbstständig tätigen Zahnarzt ist, qualifiziertes Personal zu rekrutieren, ist diese Maßnahme eine sinnvolle Investition, die sich für ihn auszahlt.
Lehrgänge qualifizieren zur Praxismanagerin
Verschiedene Fortbildungsinstitute bieten Lehrgänge zur Praxismanagerin an. Dauer und Intensität reichen dabei von mehrtätigen Seminaren über Wochenangebote bis zu berufsbegleitenden Maßnahmen. Nur wenige Anbieter führen eine eigene Prüfung durch, um die Kompetenz der Teilnehmerin zu dokumentieren. Zu diesen gehören Dampsoft und die OPTI Zahnarztberatung.
Die Ausbildung zur Dampsoft-Praxismanagerin basiert auf der Wissensvermittlung in Themenblöcken, wie digitale Organisation der Zahnarztpraxis, wirtschaftliche Optimierung und Veredelung der Zahnarztpraxis, gefolgt von einer Abschlussprüfung. Dabei umfasst der Unterricht neben Fachwissen zur wirtschaftlichen Praxisentwicklung und zum Marketing auch zukunftsorientierte Inhalte. Karteikartenloses Arbeiten, damit verbundenes rechtliches Wissen zum Datenschutz oder Anleitungen bezüglich der Umstellung auf eine neue Praxissoftware zählen deshalb zum Unterrichtsstoff. Ebenso hilfreich für reibungslose Abläufe sind aber Kenntnisse zu den Soft-Skills, wie Emotionskontrolle und Konfliktmanagement.
Praxismanagerin trifft Vorauswahl beim Personal
Gerade dieses Fachwissen befähigt eine Praxismanagerin dazu, ihren Chef auf einem besonders wichtigen Gebiet zu unterstützen. Geeignetes Personal zu rekrutieren und zu führen ist zeitintensiv und erfordert viel Fingerspitzengefühl und Sorgfalt. Natürlich muss die endgültige Entscheidung beim Praxisbetreiber liegen, aber eine umfassend ausgebildete Praxismanagerin kann ihm diese durch eine Vorauswahl, die sich an den individuellen Praxiszielen orientiert, erleichtern. Je nachdem, wie viel Verantwortung er seiner Assistentin übertragen möchte, kann diese bereits Vorgespräche mit Bewerbern oder Mitarbeitergespräche führen und aufwendige Aufgaben wie Arbeits- und Urlaubspläne übernehmen.
Daraus ergibt sich jedoch eine Besonderheit, was die Stellung der Praxismanagerin betrifft. Einerseits ist sie Angestellte ihres Chefs oder ihrer Chefin, nimmt aber auch eine Führungsposition gegenüber ihren Kolleginnen ein. Ihr obliegt es, Vorgaben und Anweisungen des Praxisbetreibers umzusetzen, wobei sie gleichzeitig mit den Erwartungen und Wünschen der Mitarbeiter konfrontiert ist. Für die Praxismanagerin ist es nicht einfach, in dieser „Doppelrolle“ zu bestehen und für sich zu definieren, wie sie sich als Führungskraft positioniert.
Bereitschaft, Aufgaben zu delegieren, muss wachsen
Eine umfassende Fortbildung zur Praxismanagerin sollte deshalb auch auf diesem Gebiet Anleitung und arbeitspsychologisches Fachwissen für die Teilnehmerinnen bereitstellen. Zum Beispiel, weil diese als direkte Assistentinnen der Praxisleitung manchmal eine gewisse Distanz gegenüber ihren Kolleginnen wahrnehmen und sich unwohl in dieser Situation fühlen. Das ist jedoch nicht ungewöhnlich und hat damit zu tun, dass sie als Führungskräfte eher mit dem Arbeitgeber identifiziert werden. Die primäre Verpflichtung gegenüber der Praxisleitung hat aber nichts mit blindem Gehorsam zu tun. Vielmehr besteht ihre Aufgabe darin, die Mitarbeiter im Sinne des Chefs oder der Chefin auf der Basis einer besonderen Verantwortung für die Praxis zu führen.
Dabei spielen die von Zahnarzt und Personal gemeinsam erarbeiteten Praxisziele ebenso eine Rolle wie Interesse an den Belangen der Mitarbeiter und Vertrauen in deren Fähigkeiten. Idealerweise erwächst so die Bereitschaft, Aufgaben zu delegieren. Eine umsichtige Praxismanagerin sollte aber auch darauf achten, unmittelbar Feedback zu geben, damit das Team durch Erfolge und Fehler lernen und sich weiterentwickeln kann. Dadurch motiviert sie die Mitarbeiter und unterstützt den Praxisbetreiber.
Wie viel Vertrauen hat der Chef in Fachkompetenz der Praxismanagerin?
Wie effektiv die Praxismanagerin ihrem Chef den Rücken freihalten kann, hängt aber ebenfalls von dem Maß des Vertrauens ab, das er in ihre Fachkompetenz setzt. Im besten Fall ist sie in alle Bereiche eingebunden, die die Praxisorganisation betreffen. Sie könnte beispielsweise Strategien zur Umsatzsteigerung ausarbeiten, Statistiken auswerten, Beschwerdefälle bearbeiten oder den Internetauftritt der Praxis betreuen. Es liegt auf der Hand, dass ein solches Leistungsspektrum nur schwer neben den Aufgaben im Praxisalltag bewältigt werden kann.
Deshalb empfiehlt es sich, diese speziell geschulte Fachkraft nicht in das normale Tagesgeschäft zu integrieren. Eine so gestaltete Interpretation der Funktion einer Praxismanagerin generiert entscheidende Zeitressourcen für den Zahnarzt, die seiner Kernkompetenz als Behandler zugute kommen. Leider tun sich viele Praxischefs immer noch schwer damit, ihrer leitenden Angestellten diese Befugnisse tatsächlich einzuräumen. Einigen fällt es generell nicht leicht zu delegieren, andere haben Bedenken, ob es mit Risiken verbunden sein könnte, wenn eine Mitarbeiterin weitreichende Einblicke in wichtige wirtschaftliche Kennzahlen der Praxis erhält. Bei einer loyalen und kompetenten Praxismanagerin sind solche Zweifel jedoch unbegründet. Fakt ist deshalb: Vertrauen in die Fähigkeiten einer gut ausgebildeten Assistentin ist für den zukunftsorientierten Zahnarzt eine Investition an der richtigen Stelle.
Thies Harbeck
leitet als Mitglied der Geschäftsleitung das operative Geschäft der OPTI Zahnarztberatung GmbH. OPTI unterstützt Praxen deutschlandweit in den Bereichen Betriebswirtschaft, Organisation, Marketing, Praxisanalyse, Führung und Personal.
harbeck@opti-zahnarztberatung.de