Mitarbeiterführung

Miteinander statt übereinander sprechen

„Gut, dass wir darüber gesprochen haben!“ Dieser Satz sagt mehr aus, als der erste Eindruck vermuten lässt. Denn eigentlich bedeutet diese Aussage. „Gut, dass wir Missverständnisse aus dem Weg geräumt haben!“ Und ebensolche sind häufig der Grund für schlechte Stimmung und ein damit einhergehendes suboptimales Arbeitsklima.



Idealerweise sollten Arbeitskollegen, oder aber auch Chef und Mitarbeiter von Anfang an so miteinander kommunizieren, dass Missverständnisse gar nicht erst aufkommen. Gelegenheiten, einander falsch zu verstehen, gibt es im Praxisalltag reichlich. Beim Mitarbeitergespräch, in der Teamsitzung, beim Formulieren von Zielen oder einfach bei der schnellen Arbeitsanweisung auf dem Flur. Wer Chef ist, hat logischerweise auch Personal, mit dem er sich verbal auseinandersetzen muss. Nun ist nicht jeder als Kommunikationsprofi geboren. Dennoch gibt es situationsabhängig einige Regeln, die das Risiko von Fehlinterpretationen und Eskalationen reduzieren.

Um die eigene Praxis fachlich und wirtschaftlich zu entwickeln, muss der Chef wissen, wohin die Reise gehen soll – und sein Team mit ins Boot holen. Insbesondere weil er seine Vision kaum allein umsetzen kann. Er muss seine Mitarbeiter also für seine Ziele gewinnen. Egal ob er in seiner Praxis einen bestimmten Behandlungsschwerpunkt einrichten will, die Prophylaxe als zweites Standbein aufbauen oder besonders serviceorientiert auftreten möchte – es ist seine Aufgabe, jedem seiner Mitarbeiter klarzumachen, welchen Anteil er an seinem großen Plan hat, diesen Beitrag in Zielvorgaben umzuwandeln und entsprechend zu kommunizieren.

Eines sollte er dabei aber auf jeden Fall vermeiden: Allzuhohe Erwartungen oder unrealistische Forderungen führen über kurz oder lang zu Frustration. Etappenziele hingegen sind ein gutes Mittel zur Motivation, denn diese „kleinen“ Erfolge sind sichtbar und können gefeiert werden. Um diese Ziele richtig formulieren zu können, muss der Zahnarzt sie aber zunächst selbst richtig einordnen. Sind diese quantitativer Art, wie zum Beispiel eine angestrebte Gewinnmaximierung oder mehr Implantationen, oder geht es ihm um qualitative Ziele, wie beispielsweise eine Zertifizierung, zwischenmenschliche Ziele, die die Patienten- und Mitarbeiterzufriedenheit betreffen, oder um Soft-Skills wie bessere Kommunikation oder die eigene Arbeitszufriedenheit.

Um ein Beispiel zu wählen. Wenn ein Zahnarzt mehr Service für seine Patienten bieten und gleichzeitig das Prophylaxeangebot ausbauen will, muss er die damit zusammenhängenden Aufgaben der Mitarbeiterin, die er damit betrauen möchte, kommunizieren. Schließlich muss sie sich aufmerksam um die Patienten kümmern und auch ein funktionierendes Recall-System für die Prophylaxe entwickeln. Was die Zielvorgaben betrifft, wird es für diese Mitarbeiterin leichter sein, ein konkret formuliertes, individuelles Ziel zu erreichen als ein generelles. Anstatt zum Beispiel zu sagen: „Ich möchte am Telefon besser auf die Patienten eingehen können“, ist es konkreter und überprüfbar, mit der Mitarbeiterin zu vereinbaren, dass sie bis zu einem bestimmten Termin eine Fortbildung in Form eines Telefongesprächstrainings absolviert.

Die Zielvorgaben, die beispielsweise in einem Mitarbeitergespräch gemeinsam festgelegt werden, sollten dann in weiteren Gesprächen regelmäßig kontrolliert werden. Auch hierbei sind bestimmte Regeln zu beachten. So darf der Praxischef nicht grundlegend und ohne ausreichende Begründung von der vereinbarten Vorgehensweise abweichen. Für die Mitarbeiterin wäre ein solches Verhalten nicht nachvollziehbar und könnte von ihr als Mangel an Transparenz ausgelegt werden.

In den Mitarbeitergesprächen, in denen überprüft wird, ob die vereinbarten Etappenziele eingehalten werden, muss der Praxischef in der Lage sein, ein sachliches und konstruktives Feedback zu geben.

Drei einfache Punkte helfen dabei, richtig zu kommunizieren:

  • Nehmen wir eine Beispielsituation, die sich auf die Zielvorgabe bezieht. Hier kann der Feedbackgeber zunächst beschreiben, was er beobachtet hat. Also: „Ich habe gestern gehört, wie Sie mit dem verärgerten Patienten am Telefon umgegangen sind“.
  • Im zweiten Schritt formuliert er seine Gedanken und Empfindungen bezüglich dieser Situation.
  • Und im letzten Schritt kommuniziert er, welche Reaktion der Mitarbeiterin er sich in Zukunft in dieser Situation wünscht: „In Zukunft möchte ich, dass Sie am Telefon mit aufgeregten Patienten folgendermaßen sprechen …“

Wichtig ist beim ersten Schritt, das Ereignis schlicht und aus der „Ich-Perspektive“ zu beschreiben, wobei Positives zuerst genannt wird. Auch sollte eine Wertung des Beschriebenen möglichst unterbleiben – das bezieht sich auch auf nonverbale Kommunikation: Wer seine persönliche Beurteilung zwar nicht ausspricht, aber mit den Augen rollt oder genervt ausatmet, erzielt leider den gleichen Effekt beim Feedbacknehmer. Auch die eigenen Gefühle und Reaktionen sollte der Praxischef nur im eigenen Namen kommunizieren und auf Verallgemeinerungen wie „Man könnte denken, dass …“ oder „Alle anderen sind ebenfalls der Meinung …“verzichten. Wer Eskalationen vermeiden möchte, tut übrigens auch gut daran, die eigene Motivation und Stimmungslage zu überprüfen, bevor er ein Feedback gibt. Eine „Retourkutsche“ als Auslöser oder Übellaunigkeit, die sich schon den ganzen Tag aufgebaut hat, sind selten eine gute Basis für ein konstruktives Feedback.

Schweigen oder Explosion – die Teamsitzung

Teamsitzungen sind erwünscht und sinnvoll. Zum Beispiel, wenn der Zahnarzt Entscheidungen oder Änderungen verkünden möchte, die das ganze Praxisteam betreffen. Doch so mancher Zahnarzt, der beschließt, als Instrument zur Teamführung solche Treffen einzuführen, hat auch schon Überraschungen erlebt. Herrschen innerhalb eines Teams schon Spannungen und entsprechend verhärtete Fronten, bleiben bei der Teamsitzung die Lippen oft verschlossen, nicht nur weil manche Mitarbeiter Konsequenzen fürchten, wenn sie offen ihre Meinung sagen, sondern weil sie ihr „Innerstes“ oft auch nicht vor den Kollegen ausbreiten möchten. Manchmal entwickelt die Teamsitzung aber auch eine unerwartete Eigendynamik, wodurch die Emotionen hochkochen und vielleicht sogar Tränen fließen. Das kann in seltenen Fällen wie ein reinigendes Gewitter wirken, ein ruhigerer Verlauf dieser Gespräche ist aber meist zielführender.

Eine gute Vorbereitung ist auch hier hilfreich für einen erfolgreichen Verlauf. Das bezieht sich auf einen geeigneten Raum, einen Termin, bei dem möglichst das ganze Team anwesend ist, eine realistische Zeitplanung und die Zusammenstellung eventuell unterstützender Daten, Fakten und Auswertungen. Auch sollte der Praxischef wissen, welche Themen oder Vorschläge er genau besprechen möchte, und mögliche Einwände und Kritikpunkte im Voraus „durchspielen“. Smalltalk zu Beginn der Sitzung schafft eine angenehme Atmosphäre. Ansonsten gilt hier, wie auch für andere Gespräche mit Mitarbeitern: sachlich bleiben! Killerphrasen wie „Sie sind schuld dass …“ sind unbedingt zu vermeiden. Kritik kann mit einem positiven Gesichtspunkt eingeleitet werden. Beispielsweise: „Frau Müller, Ich schätze Ihr Engagement und Ihre Eigeninitiative, aber Ihre Fehlzeiten …“

Grundsätzlich ist bei der Kritik an Einzelnen vor der Gruppe Vorsicht geboten. Das gilt übrigens auch für ein Einzellob vor der Gruppe. Wenn unsere Berater in die Praxen gehen und sich über ein scheinbar unergründlich schlechtes Arbeitsklima wundern, hat dies oft mit ungeschickter Kommunikation zu tun, die in guter Absicht geschah. Wenn der Zahnarzt zum Beispiel vor der Gruppe überschwenglich die neue Zahnmedizinische Fachangestellte lobt, weil sie sich so schnell eingearbeitet hat, ist ihr selbst das eher peinlich und der Arzt wundert sich, warum seine anderen Mitarbeiter in den folgenden Tagen einsilbig reagieren und nur Dienst nach Vorschrift verrichten. Diese fühlen sich zurückgesetzt, weil die „Neue“ nur dadurch so gute Leistungen erbringen konnte, weil ihr die erfahrenen Kolleginnen den Rücken frei gehalten haben. Wer beim Lob auf Nummer sicher gehen will, richtet sich also besser nach einer einfachen Regel: Ein Gruppenlob vor der Gruppe und ein Einzellob im Einzelgespräch.

Dipl.Kfm. Christian Henrici ist Mitbegründer und Geschäftsführer der OPTI Zahnarztberatung GmbH. OPTI hat sich auf Betriebswirtschaft, Organisation, Marketing sowie Führung Personal für die Zahnarztpraxis spezialisiert. Er schreibt regelmäßig Fachbeiträge und ist Autor des Buchs „Wer braucht schon gutes Personal?“.