Gutes Betriebsklima ist Chefsache
Wo Menschen zusammenarbeiten, treffen unterschiedliche Charaktere, Sichtweisen und Interessen aufeinander. Das birgt Potenzial für Bewegung und Kreativität, aber auch für Reibung und Konflikte – auch in der Zahnarztpraxis. Und dabei ist gerade dort ein gutes Betriebsklima besonders wichtig. In zwei Teilen beschäftigt sich diese Serie mit dem Konfliktmanagement in der Zahnarztpraxis.
Nicht nur wegen der Vielzahl an Pflichten, sondern ebenso wegen der Patienten, die eine feine Antenne für schlechte Stimmung haben, ist ein gutes Betriebsklima in der Zahnarztpraxis wichtig. Aus Mitarbeitern ein Team zu formen ist deshalb Chefsache.
Hackordnungen existieren nicht nur auf dem Hühnerhof. Unter Mitarbeitern können sich ebenfalls Hierarchien parallel zu den Verantwortungsbereichen, die der Chef zuweist, bilden. Wer sich bei dadurch verursachten Konflikten im Team heraushält, verzichtet auf seine Führungsrolle und riskiert, dass die täglichen Abläufe gestört werden. Ein Zustand, der sich negativ auf Image und Erfolg der Praxis auswirken kann. Das klassische Beispiel ist die langjährige Erstkraft, die durch Erfahrung und Zeit eine gewisse Entscheidungsbefugnis erworben hat. Dies muss nicht zwingend ein Nachteil für das Team sein – wenn die verdiente Mitarbeiterin ihre Stellung aber vehement verteidigt und wie ein Kettenhund darüber wacht, dass niemand ihren Einfluss gefährdet, sind Probleme vorprogrammiert.
Klare Ansagen sind nötig
Ebenso verhält es sich mit internen Grüppchen unter den ZFAs, die sich gegenseitig kontrollieren. Neue Mitarbeiterinnen haben es bei diesen Konstellationen besonders schwer und nur dann eine Chance, wenn sie sich klaglos integrieren. Will der Zahnarzt verhindern, dass sich die Zuständigkeiten in seiner Praxis verselbstständigen, sind klare Ansagen nötig. Das ist anfangs vielleicht ungewohnt, erhöht aber die Wahrscheinlichkeit, dass unerwünschte Hierarchien gar nicht erst entstehen. Schwieriger ist dies, wenn der Zahnarzt eine Praxis samt Team übernimmt und sich deshalb mit bereits verkrusteten Strukturen auseinandersetzen muss.
Dann bleibt dem Praxischef meist nichts anderes übrig, als die Hauptakteure regelmäßig an seine Vorgaben zu erinnern. Für den Zahnarzt ist das zwar anstrengend, hat aber auch Vorteile: Wenn es ihm gelingt, die alteingesessenen Mitarbeiter von sich und seiner Philosophie zu überzeugen, respektiert ihn das Team umso mehr.
Sachlich bleiben
Niemand erwartet von einem Zahnarzt, dass er über die Kompetenzen eines erfahrenen Personalchefs verfügt. Erst recht nicht, wenn es sich um einen Berufseinsteiger handelt. Er muss sich jedoch mit dem Thema auseinandersetzen, wenn er seine Praxis erfolgreich führen möchte. Zum Beispiel mit der Unterstützung externer Berater: Eine Fortbildung mit Lösungskonzepten von ausgebildeten Spezialisten, wie sie beispielsweise die OPTI Zahnarztberatung GmbH anbietet, gibt dem Zahnarzt ein wichtiges Werkzeug an die Hand.
Dazu zählen unter anderem Feedback-Regeln, die nicht nur bei Konflikten der Mitarbeiter untereinander, sondern auch bei Unstimmigkeiten zwischen Chef und Personal ein geeignetes Mittel sind, um ungefilterten Ärger in geordnete Bahnen zu lenken. Denn auch wenn es nötig ist, aktiv einzugreifen, sollte der Zahnarzt eines in jedem Fall vermeiden: Ganz gleich wie wütend er wegen eines Fehlverhaltens seiner Angestellten ist – er darf niemals laut werden oder gar schreien und sich somit als unprofessionell darstellen. Außerdem würde er so riskieren, dass die Patienten unfreiwillige Ohrenzeugen seines Ausbruchs werden. Notfalls sollte er so lange Abstand zwischen sich und die Situation oder die Mitarbeiterin, die den Impuls ausgelöst hat, bringen, bis ein sachliches Gespräch wieder möglich ist.
Feedback-Regeln
Bei Feedback-Regeln geht es im Kern darum, das Problem anzugehen, anstatt einen Mitarbeiter persönlich zu kritisieren. Nützlich ist diese Vorgehensweise nicht nur für den Chef selbst, sondern auch für Mitarbeiter mit Entscheidungsbefugnissen wie beispielsweise einer Praxismanagerin. Dazu ist es nötig, Kritik sachlich in Form von Fragen zu formulieren: Was sehe ich? Was fühle ich dabei? Welche Vorgaben habe ich? Was kann ich zur Lösung des Problems beitragen? Auf diese Weise beschreibt der Feedback-Geber das Verhalten des Feedback-Nehmers, ohne es zu bewerten. Er sollte das Feedback außerdem in der Ich-Form formulieren und versuchen, die Kritik mit einer positiven Wahrnehmung zu koppeln.
Ein Beispiel wäre:„Frau Meier, mir ist aufgefallen, dass Sie die benutzten Instrumente auf dem Weg in den Aufbereitungsraum nicht in einem verschlossenem Gefäß transportiert haben. Das bereitet mir Sorge, weil ein solches Versäumnis bei der Praxisbegehung nächsten Monat negativ bewertet werden könnte. Denken Sie, dass dem Team ein Workshop zur Praxishygiene weiterhelfen würde? Ich freue mich aber, dass Sie, wie besprochen, regelmäßig unseren Bestand an Verbrauchsmaterialien kontrollieren.“ So verläuft die Kommunikation auf Augenhöhe und die Mitarbeiterin fühlt sich nicht bloßgestellt.
Für den Feedback-Nehmer existieren jedoch ebenfalls Regeln. So sollte dieser zum Beispiel zuhören, anstatt sofort eine Verteidigungshaltung einzunehmen, bei Unklarheiten sachlich nachfragen und das eigene Verhalten kritisch reflektieren.
Miteinander reden
Ein schlechtes Betriebsklima lässt sich nur schwer ignorieren. Eine spitze Bemerkung über die „Neue“ im Team, Gespräche, die verstummen, wenn eine bestimmte Mitarbeiterin den Raum betritt, und Flüstern im Pausenraum können harmlos sein oder Anzeichen für einen schwelenden Konflikt, dessen Auswirkungen unabsehbar sind. Diese Hinweise als Praxisbetreiber möglichst zu überhören beziehungsweise zu übersehen, ist falsch verstandene Diskretion. Verfügt der Zahnarzt über eine vertrauenswürdige, sozialkompetente leitende Angestellte, an die er das Problem delegieren kann, kann dies eine sinnvolle Maßnahme sein. Im Zweifelsfall muss er sich jedoch selbst einen Überblick darüber verschaffen, wie zerfahren die Situation ist.
Sollte sich herausstellen, dass der Auslöser für den Zwist eine vermeintliche Lappalie ist, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass es eine leichte Aufgabe ist, die Harmonie im Team wieder herzustellen. Der Praxischef sollte einkalkulieren, dass es nur selten um „die konkrete Sache“ geht, sondern oft eine ganze Reihe von Emotionen mitspielen – und das seit geraumer Zeit. Neid, gekränkte Eitelkeit oder das Gefühl mangelnder Wertschätzung sind bestens geeignet, langwierige Konflikte mit immer neuer Nahrung zu versorgen. In diesen Fällen fruchtet keine Logik und rationale Lösungsvorschläge stoßen nicht per se auf Begeisterung. Gelingt es dem Praxischef, alle Parteien an einen Tisch zu holen, steigen seine Chancen für eine Schlichtung jedoch erheblich. Manchmal führt eine solche Zusammenkunft zunächst zu einem reinigenden Gewitter.
Aktivitäten mit dem Praxisteam
Diese Entwicklung kann der Start einer effektiven Konfliktlösung sein, denn gerade bei verhärteten Fronten müssen die Beteiligten zunächst einmal Dampf ablassen, bevor konstruktive Schritte überhaupt Sinn ergeben. Zum Beispiel ein Konfliktgespräch nach der Win-win-Methode, die auf drei Hauptsäulen basiert: Jede Partei erhält die Gelegenheit, das Problem aus ihrer Sicht genau zu beschreiben. Sämtliche Lösungsvorschläge werden zunächst gesammelt und nicht bewertet. Besonders wichtig ist dabei, dass sich alle Beteiligten einbringen. So muss sich der Chef auch nicht den Vorwurf gefallen lassen, eine Regelung von oben herab diktieren zu wollen. Der Zahnarzt ist Moderator, aber die Betroffenen selbst müssen sich auf eine Lösung einigen. Ist eine Situation völlig festgefahren, bleibt die Option, die Zusammenkunft einmal zu vertagen, oder sogar das Los entscheiden zu lassen. Diese Strategie zur Konfliktbewältigung erscheint auf den ersten Blick sehr aufwendig. Der Zahnarzt investiert Zeit und Mühe aber nicht vergebens. Er zeigt seinen Mitarbeitern, dass er ihre Belange ernst nimmt, und schafft im besten Fall Kommunikationsstrukturen zur Förderung eines dauerhaft guten Betriebsklimas.
Wie gut ein Zahnarzt Konflikte bewältigt, trägt erheblich zum Erfolg der Praxis bei. Kommunikationsstärke ist dabei ebenso wichtig wie die Bereitschaft, die Aufgabe, ein Team zu formen, engagiert anzugehen. Der Chef sollte es in diesem Zusammenhang nicht versäumen, bei passender Gelegenheit Aktivitäten mit dem Praxisteam wie Ausflüge oder ein Abendessen einzuplanen. Denn nichts fördert den Zusammenhalt so nachhaltig, wie gemeinsam bewältigte Herausforderungen auch zusammen zu feiern.
Thies Harbeck
leitet als Mitglied der Geschäftsleitung das operative Geschäft der OPTI Zahnarztberatung GmbH. OPTI unterstützt Praxen deutschlandweit in den Bereichen Betriebswirtschaft, Organisation, Marketing, Praxisanalyse, Führung und Personal.
harbeck@opti-zahnarztberatung.de