Mitarbeitende führen

Generation Z: nicht schlechter, sondern teilweise anders

Die Angehörigen der Generation Z sind nicht leistungsfaul – wie oft beklagt. Sie haben aber 
zum Teil andere Bedürfnisse als beispielsweise die Baby-Boomer. Das gilt es bei der 
Personalführung und im Umgang mit jüngeren Mitarbeitenden zu beachten. Es ist an der Zeit, 
die Personalführung neu zu justieren.



Eine Klage hört man immer wieder von Praxisinhabern und ganz allgemein von Führungskräften in Unternehmen über die nach 1995 geborenen Nachwuchskräfte, die in die Arbeitswelt eintreten: „Die Angehörigen der Generation Z sind nicht so leistungsbereit wie unsere älteren Mitarbeitenden.“ Doch ist das wirklich so? Mein Eindruck als Unternehmerin und Managementberaterin ist: In der Generation Z gibt es ebenso viele leistungsbereite Frauen und Männer wie vor 50 Jahren, als das Gros der sogenannten Baby-Boomer in das Berufsleben eintrat.
Doch die Rahmenbedingungen sind andere. Früher bewarben sich auf eine freie Stelle meist viele Personen. Deshalb konnten die Unternehmen sich die besten Kandidaten aussuchen und ihnen in den Arbeitsverträgen die Arbeitsbedingungen weitgehend diktieren.

Niedrigere Messlatte aufgrund geringerer Bewerberzahl
Heute hingegen bewerben sich aufgrund des demografischen Wandels auf eine vakante Stelle, wenn überhaupt, oft nur eine bis zwei Personen. Deshalb müssen speziell kleine und mittlere Unternehmen (KMU) bei den Anforderungen, die sie an ihre künftigen Mitarbeitenden stellen, oft große Zugeständnisse machen. Die Folge: Sie sind vermehrt mit Mitarbeitenden konfrontiert, die z. B. eine geringere Eigenmotivation haben und mehr Führung brauchen. Außerdem fehlen den Neuen oft noch nötige Kompetenzen. Deshalb müssen die Unternehmen mehr Ressourcen als früher für die Führung und Entwicklung der neuen Mitarbeitenden aufwenden.
Doch auch die Bedürfnisse der leistungsstarken jungen Mitarbeitenden (nicht nur der Generation Z) haben sich gewandelt. Viele wollen nicht mehr, dass die Erwerbsarbeit ihr gesamtes Leben dominiert. Deshalb fordern sie vermehrt Teilzeitarbeit sowie die Möglichkeit, remote zu arbeiten oder auch mal eine längere Auszeit zu nehmen. Dasselbe gilt für die Chancen, beruflich voranzukommen. Die jungen Leute warten seltener als ihre Eltern darauf, dass ihnen Entwicklungs- und Karrieremöglichkeiten gewährt werden; sie fordern diese aktiv ein. Und wenn sie diese nicht bekommen? Dann wechseln sie eben schneller den Arbeitgeber.

Personal- und Führungsarbeit neu justieren
Für Unternehmen – auch Zahnarztpraxen – bedeutet dies: Sie müssen ihre Personalarbeit neu justieren. Sie müssen sich fragen, inwieweit ihre Personalpolitik noch den Erwartungen ihrer Mitarbeitenden entspricht – ähnlich wie sie dies bei ihren Produkten bzw. Dienstleistungen tun, wenn sich die Kundenbedürfnisse gewandelt haben.
Und ihre Führungskräfte? Sie müssen eine größere Verhaltensflexibilität zeigen, weil ihre Mitarbeitenden oft
– einen sehr unterschiedlichen fachlichen und persönlichen Reifegrad haben und
– divergierende individuelle Bedürfnisse artikulieren.

Zudem erfolgt die Zusammenarbeit zunehmend hybrid oder gar rein virtuell. Für Führungskräfte bzw. Praxisinhaber bedeutet dies: Sie müssen ihren Führungsstil verstärkt dem jeweiligen Gegenüber sowie der jeweiligen Situation und Konstellation anpassen. Sie müssen also
– ihre Mitarbeitenden loben, ihr Verhalten hinterfragen,
– ihre Mitarbeitenden beim Erfüllen ihrer Aufgaben aktiv unterstützen und sich einmal bewusst zurücknehmen,
– Veränderungen stark forcieren und einmal bewusst den Fuß vom Gas nehmen.

Individuell fördern und entwickeln
Diese Verhaltensflexibilität können Praxisinhaber nur zeigen, wenn sie in einem lebendigen Dialog mit ihren Mitarbeitenden gezielt erkunden:
– Was ist ihnen wichtig und wo drückt sie der Schuh?
– Was erleichtert bzw. erschwert es ihnen, sich für die angestrebten Ziele zu engagieren?
– Was brauchen sie, um effektiv zu arbeiten und ihre Kompetenz zu entfalten?

Denn nur wenn die Führungskräfte in einem von wechselseitiger Akzeptanz und Wertschätzung geprägten Dialog mit ihren Mitarbeitenden stehen, entsteht eine von Vertrauen geprägte Beziehung zwischen ihnen und können sie deren Denken und Verhalten beeinflussen.

Von Influencern lernen
Letztlich stehen Praxisinhaber vor der Herausforderung, in ihrem Umfeld ein Milieu zu kreieren, in dem andere Menschen
– ihnen und ihren Ideen freiwillig folgen und
– eigeninitiativ ihr Denken und Handeln daraufhin hinterfragen, inwieweit sie damit ihren Beitrag zum Erreichen der Ziele leisten.
Hierbei können Praxisinhaber beziehungsweise die Führungskräfte in der Praxis viel von den sogenannten Influencern in den Social Media Portalen lernen. Sie sind für die Angehörigen der Generation Z oft Vorbilder, denen sie freiwillig im Netz folgen – jedoch nur so lange, wie sie sich mit ihnen identifizieren. Influencer investieren viel Zeit und Energie in die Kommunikation mit ihren Followern. Sie stehen zudem meist erkennbar für gewisse Werte. Das sollte auch bei Zahnärzten und ihrer Praxis der Fall sein: Ansonsten sind sie für ihre Mitarbeitenden unberechenbar und sie können kein Vertrauen zu ihnen fassen.

Authentisch und nahbar sein
Fast alle Influencer gewähren ihren Followern zudem wohldosierte Einblicke in ihr Gefühlsleben – um auch als Mensch für diese erfahrbar zu sein. Auch Führungskräfte sollten dies in der Kommunikation mit ihren Mitarbeitenden tun – z. B.
 indem sie in das Gespräch auch einmal Informationen über ihr Privatleben einfließen lassen. Oder indem sie z. B. erwähnen, wie sehr die fragile Weltwirtschaft, der Klimawandel oder das Thema Künstliche Intelligenz sie beschäftigt. Solche Aussagen sind für die Mitarbeitenden oft der Anstoß, sich zu öffnen und ebenfalls einen Einblick in ihr Gefühlsleben zu geben und so zu offenbaren, was ihnen wirklich wichtig ist.

Kritik annehmen
Die Influencer im Netz reagieren zudem auf Kritik – nach außen erkennbar – nie beleidigt. Sie nutzen kritische Rückmeldungen vielmehr als Chance, mit ihren Followern in einen noch intensiveren Dialog zu treten und ihnen die Gründe ihres Handelns darzulegen. Ähnlich sollten Praxisinhaber reagieren. Denn dieses Feedback zeigt doch gerade das „Involvement“ der Mitarbeitenden und eröffnet der Praxis die Chance, bei Bedarf gegenzusteuern.

Offen für Verbesserungsvorschläge
Professionelle Influencer zeigen sich auch stets offen für die Verbesserungsvorschläge ihrer Follower, denn sie wissen: Erfolgreich bin ich nur, solange andere Menschen mir folgen. Dasselbe gilt für Praxisinhaber: Sie sind nur so lange echte Führungskräfte, wie andere Menschen ihnen und ihren Ideen folgen. Entsprechend offen sollten sie für Veränderungsimpulse insbesondere der Angehörigen der Generation Z sein, denn diese jungen Frauen und Männer sind die Zukunft der Unternehmen.


Barbara Liebermeister
leitet das Institut für Führungskultur im digitalen Zeitalter (IFIDZ),
Wiesbaden. Die Managementberaterin und Vortragsrednerin ist unter
anderem Autorin des Buchs „Die Führungskraft als Influencer:
In Zukunft führt, wer Follower gewinnt“.

www.ifidz.de

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