Mitarbeiterakquise

Fachkräftemangel – Problem ohne Lösung?

Kaum Bewerber, Ausbildungsabbrüche und gekündigte Arbeitsverhältnisse – laufen den Zahnarztpraxen die Mitarbeiter davon? Das Berufsbild der Zahnmedizinischen Fachangestellten hat ein Imageproblem. Liegt es am Gehalt? Fehlt die Wertschätzung? Eine Standortbestimmung.



Der Fachkräftemangel stellt die deutschen Arztpraxen vor immer größere Herausforderungen. Laut einer Umfrage des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung (Zi) mussten bereits 15 % der Praxen ihr Leistungsangebot wegen Personalmangels zumindest zeitweise reduzieren. Auch auf die zahnmedizinische Branche wirkt sich der Mangel an Fachkräften am Arbeitsmarkt merklich aus. Deshalb sind mehr denn je innovative Ansätze bei der Mitarbeiterakquise gefragt.
PERSONALSUCHE: ALLES EINE FRAGE DES GEHALTS?
Social Media, die Agentur für Arbeit, Zeitungsannoncen, Stellenportale, Personalvermittler – diese klassischen Methoden, um neue Mitarbeiter zu erreichen, stoßen bei einer sich weiter zuspitzenden Knappheit an Fachkräften zunehmend an ihre Grenzen. Etwa die Hälfte der Vertragsarztpraxen sind nach den aktuellen Daten des Zi-Praxis-Panels bereits dazu übergegangen den Fachnachwuchs selbst auszubilden. Auch wenn das Risiko späterer Abgänge des kompetenten Personals nicht ganz auszuschließen ist, bleibt eine offensive Ausbildungsstrategie essenziell, um mittel- bis langfristig routinierte Fachkräfte einsetzen zu können. Denn das erfolgreiche „Buhlen“ um bestehende und potentielle Top-Kräfte ist komplexer geworden.

Die Chancen aus dem Pool der werbenden Arbeitgeber herauszustechen, lassen sich deutlich steigern, wenn statt der konventionellen Recruiting-Maßnahmen auf ein fundiertes persönlichkeitspsychologisches Konzept zurückgegriffen wird. Denn nur, wer bei Top Mitarbeitern genau den richtigen Ton trifft und ihre beruflichen Vorstellungen auf psychologischer Ebene adäquat kommuniziert, wird sie zum Wechsel in die eigene Praxis bewegen. Durch den Einsatz der richtigen Medien wird sichergestellt, dass Ihre Botschaften auch die Zielgruppe erreichen. Dabei werden nicht nur aktiv suchende Kandidaten angesprochen, sondern vor allem die vielen wechselwilligen, gut ausgebildeten Fachkräfte, die sich zwar in einem bestehenden Arbeitsverhältnis befinden, aber in ihrer aktuellen Praxis latent unzufrieden oder unterfordert sind. In unserer täglichen Arbeit geht es darum, durch psychologisch fundierte Kommunikation auf den richtigen Kanälen diese hervorragenden Mitarbeiter zu erreichen, zu aktivieren und durch das daraus resultierende Erzeugen einer Sog-Wirkung schließlich zu einer Bewerbung zu motivieren.

Hard Facts wie das Gehalt spielen dabei nach wie vor eine Rolle, sind jedoch selten ausschlaggebend für einen Wechsel. Grundsätzlich gilt: Keine Probleme haben Praxen, deren Gehaltsstruktur zumindest leicht über dem Durchschnitt liegt. Zur Orientierung kann der jeweilige Tariflohn herangezogen werden – zumindest dort, wo die Landeszahnärztekammern einen solchen vereinbart haben. Respektive können wir durch unsere Erfahrung aus der Zusammenarbeit mit hunderten Zahnarztpraxen in den letzten Jahren einen Einblick in das regional übliche Durchschnittsgehalt geben. Ebenso wichtig für den Gehaltszuschnitt ist aber auch die praxisinterne Personalkostenquote und Lohnstruktur. Denn wer einem neuen Mitarbeiter bei gleicher Erfahrung und Ausbildung mehr bezahlt als seinem Stammpersonal, sorgt für Unmut in der Belegschaft und provoziert Wechselambitionen. Besser ist es, Unter- und Obergrenzen des Lohnspektrums systematisch nach Wochenarbeitsstunden, Berufserfahrung und Aufstiegsfortbildungen zu staffeln. Auch eine zusätzliche Bezahlung bei guter Leistung nach der Probezeit und dem Wechsel in das unbefristete Arbeitsverhältnis hat sich bewährt.

Ein Großteil der qualifizierten Mitarbeiter wechselt kaum ausschließlich wegen des Gehalts, weil er sich dem aktuellen Arbeitgeber gegenüber loyal verhalten möchte oder allzu große Umstellungen der Arbeitsgewohnheiten vermeiden will. Dennoch gibt es andere, gewichtige Gründe, die zu einer erhöhten Wechselwilligkeit und schlussendlich zu mehr Mobilität auf dem Arbeitsmarkt der Zahnmedizinischen Fachkräfte führen. Hierzu gehört unter anderem der Wunsch nach Entwicklungsmöglichkeiten in der neuen Umgebung oder fehlender Teamzusammenhalt in der alten Praxis. Der Fachkräftereport 2021 des Marktforschungsinstituts GapFisch kommt etwa zu dem Ergebnis, dass über die Hälfte der Fachkräfte mit Berufsausbildung ein nettes Kollegium wichtiger finden als ein überdurchschnittliches Gehalt. Fortbildungs- und Aufstiegsperspektiven aufzuzeigen und in das Teambuilding zu investieren, zählen zu den nicht-monetären Ansprüchen, die viele potentielle Top-Bewerber an eine moderne Zahnarztpraxis haben und oftmals dort vermissen, wo sie aktuell arbeiten.
DROHT AUCH DER DENTALBRANCHE DER NOTSTAND?
Für einige mag die derzeitige Entwicklung des Arbeitsmarktes in der Dentalbranche Befürchtungen wecken, dass der dramatische Personalnotstand, der die Politik bereits in der Pfle-ge beschäftigt, auch zur künftigen Realität für den Berufsalltag in der zahnärztlichen Praxis werden könnte. Um konstruktiv mit den Herausforderungen des angespannten Arbeitsmarktes umzugehen, ist es jedoch ratsam, den Fokus vom schwierigen Status Quo weg und darauf auszurichten, mit welchen Methoden man sein individuelles Top-Personal erreicht. Anstatt sich überwiegend über die gängigen Plattformen – Agentur für Arbeit, Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV), Social Media oder Zeitungsannoncen – dem Druck der Praxiskonkurrenz um die wenigen Fachkräfte auszusetzen, gibt es eine neue Möglichkeit durch die Kombination aus optimierter Zielgruppenansprache, fundierter Persönlichkeitspsychologie und Omnipräsenz im Internet vor allem für wechselwillige Kandidaten, die nicht aktiv auf Stellensuche sind, offene Stellen zielgerichtet und planbar zu besetzen. Ein beständiges digitales System, das diese Elemente zu einer Arbeitgebermarke verbindet und dabei unterstützt, geeignete Kandidaten anzuziehen, spart wichtige Ressourcen für den Berufsalltag und sorgt für eine nachhaltige Lösung des Fachkräfte-Problems in der Praxis.
EINZELPRAXIS VS. PRAXISGEMEINSCHAFT: ANDERER BEDARF, GLEICHE CHANCEN
Sowohl die Einzelpraxis als auch die Praxisgemeinschaft können so ihr Recruiting deutlich effizienter gestalten. Je größer die Praxis, desto höher ist die Fluktuation und damit auch der Bedarf an neuen Mitarbeitern erfahrungsgemäß. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass damit der eine oder andere Praxistyp ins Hintertreffen geraten würde. Denn so individuell wie die Arbeitsumgebung sind in der Regel auch die gesuchten Fachkräfte bei ihren Präferenzen für die Praxisgröße. Entscheidend ist, die Vorteile der Praxis in der Kommunikation psychologisch fundiert deutlich zu machen, um sich aus der Vergleichbarkeit der unzähligen Angebote zu bewegen. Die richtige Methodik kann jedoch immer erst dann zum Einsatz kommen, wenn Praxisinhaber wirklich erkennen, dass es eine neue Möglichkeit gibt, auch heute noch sehr gute Zahnmedizinische Fachkräfte zu gewinnen – man dafür jedoch neue Wege in den Bereichen der Kommunikation, Sichtbarkeit und des Bewerbungsprozesses gehen muss.


Der Experte

CHRIS FENGLER
Wirtschaftsingenieur und Online Marketing Manager, Gründer der Fengler Consulting GmbH, spezialisiert auf Zahnarztpraxen.
support@chrisfengler.de
Foto: Privat