Trend zu Berufsausübungsgemeinschaften
Die Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit in einer Kooperation mit einem oder mehreren Kollegen ist weiter auf dem Vormarsch. Dabei gibt es eine große Zahl an Punkten zu beachten.
Mittlerweile beträgt der Anteil der Berufsausübungsgemeinschaften an den Gesamtpraxen rund 20 Prozent und der Anteil der Praxen mit mehr als zwei Partnern nimmt zu. Diese Kooperationstendenz bestätigt wiederholt das aktuelle Jahrbuch 2013 der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung. Insbesondere junge Zahnärzte wählen nach einer Analyse der Deutschen Apotheker- und Ärztebank und des Instituts der Deutschen Zahnärzte zu rund einem Drittel die Berufsausübungsgemeinschaft als Form für ihre Niederlassung.
Die Entscheidung von Zahnärzten, mit Kollegen oder anderen Heilberuflern in eine Kooperation zu gehen, führt zu der grundlegenden Frage, welche Motive den Zahnarzt dazu veranlassen.
Kooperationen von Zahnärzten mit weiteren Geschäftspartnern, seien es Zahnärzte oder andere Dienstleister im Heilberufesektor, können vielfältige Gründe haben, beispielhaft seien genannt:
- der Kostendruck in der eigenen Praxis
- wirtschaftliche Synergien durch gemeinsame Auslastung größerer, teurer Gerätschaften
- qualitative Anforderungen an eine moderne Praxisführung
- die Erweiterung des Leistungsspektrums und die Möglichkeit zur weiteren Spezialisierung der Zahnarztpraxis
- die lokale oder regionale Markterschließung, das Wachstum der Praxis oder die Standortsicherung
- die Vorbereitung der eigenen Praxisnachfolge
- die Verringerung der eigenen Arbeitsbelastung mit dem Ziel einer ausgeglichenen Work-Life-Balance
- die Sicherheit, für schwierige Praxissituationen besser gerüstet zu sein.
So unterschiedlich die Motive auch sein mögen, so ist doch bei jeder Kooperation eines Zahnarztes mit anderen Zahnärzten oder Dienstleistern darauf zu achten, in welcher Form diese möglich oder sinnvoll ist und welche berufsrecht‧lichen Grenzen zu beachten sind.
Welche Formen der Kooperation sind möglich?
1. Kooperationen unter Zahnärzten
Für Kooperationen zwischen Zahnärzten gibt es zwei Grundformen. Die Praxisgemeinschaft oder die Berufsausübungsgemeinschaft, früher Gemeinschaftspraxis genannt.
Die Praxisgemeinschaft ist ein Zusammenschluss von zwei oder mehr Zahnärzten mit dem Zweck der gemeinsamen Nutzung von Personal oder Geräten bei weiterhin selbstständiger Praxisführung aller beteiligten Zahnärzte. Die Gründung erfolgt meist mit dem Ziel der Einsparung von Kosten. Teure medizinische Geräte können so gemeinsam angeschafft werden oder aber die Zahnärzte teilen sich die gesamten Praxisräumlichkeiten, nutzten die gleichen Gerätschaften und stellen gemeinsam das Personal ein. Dennoch üben Zahnärzte in einer Praxisgemeinschaft ihren Beruf nicht gemeinsam, sondern weiterhin allein aus.
Achtung: Die Praxisgemeinschaft darf nicht zur gemeinsamen Einnahmenerzielung „missbraucht“ werden. Das heißt, es dürfen keine Einnahmen gepoolt werden, um Abrechnungsprobleme zu vermeiden. Außerdem dürfen die Kosten zur Vermeidung von Umsatzsteuerrisiken nur leistungsgerecht verteilt werden und dürfen nicht dazu dienen, Kosten zwischen den beteiligten Zahnarztpraxen zu verschieben.
Juristisch gesehen wird die Praxisgemeinschaft, die der jeweiligen kassenzahnärztlichen Vereinigung nur angezeigt werden muss, in der Regel in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Die Gesellschafter haften bei dieser Rechtsform als Gesamtschuldner und auch mit ihrem Privatvermögen für alle gemeinsam veranlassten Kosten. Beitretende Zahnärzte haften für im Eintrittszeitpunkt bereits bestehende Verpflichtungen und ausscheidende Gesellschafter für vor dem Ausscheiden begründete Verbindlichkeiten zeitlich begrenzt fort.
Neben der Praxisgemeinschaft ist die Berufsausübungsgemeinschaft die klassische Form zahnärztlicher Zusammenarbeit. Sie ist im Unterschied zur Praxisgemeinschaft gekennzeichnet durch die gemeinsame Berufsausübung und findet regelmäßig in gemeinsamen Räumen mit gemeinsamer Patientenkarteiführung und Abrechnung statt. Sie kann in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts oder einer Partnerschaftsgesellschaft gegründet werden und muss vom Zulassungsausschuss der zuständigen kassenzahnärztlichen Vereinigung genehmigt werden.
Hinweis: Die kassenzahnärztliche Vereinigung Nordrhein stellt beispielsweise auf ihrer Website www.kzvnr.de eine Checkliste zur Gründung einer zahnärztlichen Berufsausübungsgemeinschaft zur Verfügung, die als erste Orientierungshilfe für die Vorbereitung einer Berufsausübungsgemeinschaft nützlich sein kann.
Vorsicht bei gewerblichen Einkünften
Seit 2007 lässt das Berufsrecht auch überörtliche Berufsausübungsgemeinschaften an zwei oder mehr Standorten zu, was die Bildung von größeren Praxiseinheiten insbesondere in Ballungsräumen begünstigt. An den einzelnen Standorten der Gemeinschaft muss zwar jeweils mindestens ein beteiligter Zahnarzt seinen Vertragszahnarztsitz innehaben und hauptsächlich dort tätig sein. Daneben ist allerdings eine zeitlich begrenzte Tätigkeit (bis zu 1/3 der zeitlichen Tätigkeit am eigentlichen Vertragszahnarztsitz) an den übrigen Standorten der überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft möglich.
Achtung: Im Rahmen einer Berufsausübungsgemeinschaft ist die (teilweise) Erzielung gewerblicher Einkünfte beispielsweise durch einen Prophylaxe-Shop oder nicht ausreichend beaufsichtigte angestellte Zahnärzte zu vermeiden, da andernfalls sämtliche einschließlich der heilberuflichen Einkünfte gewerblich werden (sogenannte gewerbliche Infizierung). Für gewerbliche Tätigkeiten sollten getrennte Gesellschaften gegründet werden.
Neben der Berufsausübungsgemeinschaft sind Kooperationen von Zahnärzten grundsätzlich auch in Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) oder in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft möglich. Diese Kooperationsformen spielen in der Praxis aber bislang fast keine Rolle.
2. Kooperationen mit anderen Heilberuflern
Eine interdisziplinärere Kooperation zwischen Zahnärzten und Angehörigen anderer Heilberufe ist nach Paragraf 17 der Musterberufsordnung für Zahnärzte grundsätzlich zulässig. Sie ist insbesondere dann sinnvoll, wenn häufiger Krankheitsbilder von Patienten die Hinzuziehung von Kollegen aus verschiedenen medizinischen Fachgebieten erforderlich machen. So können beispielsweise stressbedingte Kieferfehlstellungen die Zusammenarbeit von Zahnmedizinern mit Psychotherapeuten sinnvoll erscheinen lassen.
Als Kooperationsformen zwischen Zahnärzten und anderen Heilberuflern kommt die Praxisgemeinschaft in Betracht. Eine Zusammenarbeit in einer BAG ist aufgrund der unterschiedlichen Fachrichtungen nicht möglich. Arbeiten Zahnärzte und Angehörige anderer heilberuflicher Fachrichtungen in gemeinsamen Räumen zusammen, können sie also die Kosten teilen, müssen aber ihren Beruf weiterhin unabhängig und selbständig ausüben.
3. Kooperationen mit Dentallaboren
Niedergelassene Zahnärzte können Laborleistungen durch ein eigenes Labor erbringen, sie können aber auch Laborleistungen in einer Praxisgemeinschaft mit anderen Zahnärzten bündeln oder sich an gewerblichen Laboren beteiligen.
Bei einer Praxislaborgemeinschaft erbringen die beteiligten Ärzte die Laborleistungen auf Selbstkostenbasis. Sie mieten die Räume gemeinsam an, beschaffen Geräte und Einrichtung gemeinsam und beschäftigen gemeinsam Zahntechniker und weiteres Personal. Gemäß Paragraf 9 GOZ dürfen die beteiligten Zahnärzte dem Patienten jedoch nur die tatsächlich entstandenen Kosten für zahntechnische Leistungen in Rechnung stellen. Die Erzielung von Gewinnen durch zahntechnische Leistungen ist nicht zulässig.
Dem Zahnarzt ist grundsätzlich auch die Beteiligung an gewerblichen Laboren erlaubt, wenn die eigene ärztliche Unabhängigkeit dabei in keiner Weise beeinträchtigt wird. Ein solcher Fall ist nach einem Urteil des BGH aus 2012 aber dann gegeben, wenn der Zahnarzt sich verpflichtet , von dem Labor, an dem er beteiligt ist, einerseits sämtliche Dentallaborleistungen zu beziehen, und andererseits an den erarbeiteten Gewinnen des Labors nach Maßgabe seiner eigenen Umsätze mit dem Labor beteiligt ist. Die Richter sahen in dieser Kooperationsvereinbarung eine unsachliche Einflussnahme auf die zahnärztliche Therapiefreiheit und haben sie insgesamt als nichtig eingestuft.
Zahnärzte sollten vor dem Eingehen von Beteiligungen an gewerblichen Laboreinrichtungen von einer Gewinnbeteiligung auf der Grundlage der eigenen eingebrachten Umsätze daher Abstand nehmen.
Zunächst gilt es, sich selbst klarzumachen, ob und in welcher Form die eigene Praxis für Kooperationsvorhaben geeignet ist. Eine eigene Kooperationsstrategie kann dann durch eine intensive Analyse des lokalen Umfelds und der am Standort vorhandenen Mitbewerber erfolgen.
Die Umsetzung
Je nachdem wird sich der Zahnarzt dann entscheiden, zum Beispiel einen jungen Zahnarzt einzustellen und aufzubauen, mit einem bereits niedergelassenen Zahnarzt ein Praxisgemeinschaft zu eröffnen oder eher mit einer anderen bestehenden Praxis eine überörtliche BAG zu gründen.
Die Umsetzung des Kooperationsvorhabens verläuft meist in mehreren Stufen. Bei einer Fusion zwischen zwei bereits bestehenden Praxen kann der Zusammenschluss in einer Praxisgemeinschaft oder – falls beide ihren Standort beibehalten wollen – als überörtliche Berufsausübungsgemeinschaft als Einstieg in eine Kooperation gewählt werden. In dieser Phase kann man sich kennenlernen, Arbeitsprozesse, Personal und Praxisführungsprozesse aufeinander abstimmen und so die Zusammenarbeit erproben. Sollte sie nicht zu dem gewünschten Ergebnis führen, ist in dieser Phase noch eine Trennung nach einiger Zeit möglich, ohne dass ein allzu großer Aufwand betrieben werden oder erheblicher finanzieller Schaden entstehen muss.
Bei Berufsausübungsgemeinschaften mit Juniorpartnern wird häufig eine Kennenlernphase vorgeschaltet, in der der Juniorpartner nur seine Arbeitskraft einbringt und nicht oder nur in geringem Umfang am Vermögen der Praxis beteiligt ist. Dies erleichtert dem jungen Partner den Wechsel in die Selbständigkeit, da er vorerst ohne größere finanzielle Belastung für den Erwerb von Praxisanteilen erfolgt. Zum anderen gibt es dem Seniorpartner die Möglichkeit, den Großteil seines Praxisvermögens erst später abzugeben, wenn er aus der Praxis ausscheidet und damit auch die steuerliche Begünstigung des Veräußerungsgewinns in Anspruch nehmen kann.
In allen Fällen der Kooperationsanbahnung und -umsetzung sollte sich der Zahnarzt rechtzeitig Beratung durch sachkundige Fachleute einholen.
Thomas Karch
arbeitet als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater für die VPmed Karch und Kuhnert Partnerschaft/Steuerberatungsgesellschaft in Krefeld. Er berät bundesweit Ärzte aller Fachrichtungen, Zahnärzte sowie andere Heilberufe in allen wirtschaftlichen, finanziellen und steuer‧lichen Fragen.
Kontakt: t.karch@vpmed.de