In sieben Schritten zur Darlehensoptimierung

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Über die Jahre der Selbstständigkeit sammeln sich immer wieder neue Darlehen an. Sei es die Finanzierung für den Praxiskauf, Neuinvestitionen, Steuerverbindlichkeiten oder private Anschaffungen – schnell entsteht eine Vielzahl an Krediten, die nur noch schwer zu überblicken sind. Michael Kreuzer, Inhaber von BestPraxis, weiß, dass eine gezielte Optimierung der Darlehen erhebliche finanzielle Vorteile bringen kann.
Welche Arten von Darlehen muss ich eigentlich bedienen? Mit dieser Frage kann eine Darlehensoptimierung beginnen: Oftmals werden bereits vor der Selbstständigkeit Kredite aufgenommen, beispielsweise zur Studienfinanzierung, für ein Fahrzeug oder die erste Wohnungseinrichtung.
Mit Gründung einer eigenen Praxis kommen dann erhebliche Finanzierungssummen hinzu. Gerade in der Anfangszeit der Praxis kann es noch erforderlich sein, Steuerzahlungen durch Bankkredite zu finanzieren. Das ist zwar nicht ratsam, kommt aber in der Realität immer wieder vor. Später folgen weitere Investitionen sowie möglicherweise auch der Kauf einer eigenen Immobilie. Mit der Zeit entstehen eine Vielzahl an Verbindlichkeiten mit unterschiedlichsten Darlehenshöhen, Laufzeiten, Konditionen und Tilgungen.
Schritt 1: Überblick verschaffen
Um eine strukturierte Herangehensweise zu ermöglichen, ist eine vollständige Bestandsaufnahme aller vorhandenen Darlehen erforderlich. Hierbei sollten sowohl geschäftliche als auch private Verbindlichkeiten berücksichtigt werden. Es empfiehlt sich, sämtliche Kredite aufzulisten und auch Kontokorrentkredite mit einzubeziehen, die bereits seit längerer Zeit in Anspruch genommen worden sind.
Schritt 2: Informationen zu Darlehen sammeln
Für eine fundierte Analyse der bestehenden Verbindlichkeiten sollten zu jedem Darlehen die folgenden Daten erfasst werden:
- Kreditgeber (Bank, Versicherung, Familie etc.)
- Kreditzweck und steuerliche Absetzbarkeit
- Refinanzierungsinstitut (z. B. KfW, LfA)
- Art der Rückführung (Tilgungs-, Annuitäten- oder endfälliges Darlehen)
- Art der Zinsvereinbarung (variabel, Zinscap-, Festzinsdarlehen)
- Laufzeit der Zinsvereinbarung bzw. Zinsbindung
- Laufzeit des Darlehens (Beginn und Ende des Darlehens)
- Ursprüngliche und aktuelle Darlehenshöhe
- Zinssätze in Prozent (zu Beginn und aktuell)
- Aktuelle Zinsbelastung in Euro
- Tilgungssatz und Tilgungsbetrag (inklusive Tilgungsersatzinstrumente)
- Sondertilgungsmöglichkeiten und besondere Vereinbarungen
Eine tabellarische Erfassung dieser Informationen erleichtert die Übersicht und spätere Optimierung.
Schritt 3: Zinsbelastungen prüfen
Darlehenszinsen sind in bestimmten Fällen steuerlich absetzbar. Grundsätzlich gilt: Wurde das Darlehen zur Finanzierung einer einkommenserzeugenden Investition genutzt, lassen sich die Zinsen steuerlich geltend machen. Beispiele für absetzbare Zinsen sind Kredite für den Praxiskauf oder für vermietete Immobilien. Hingegen sind Zinsen für private Anschaffungen, Steuerzahlungen oder eigengenutzte Immobilien steuerlich nicht absetzbar.
Der tatsächliche finanzielle Aufwand für steuerlich absetzbare Zinsen wird durch eine Steuerersparnis reduziert. Beispielsweise reduziert ein persönlicher Spitzensteuersatz von 40 Prozent die effektive Zinsbelastung eines Fünf-Prozent-Darlehens auf nur noch drei Prozent. Daher kann ein nominell günstigerer Privatkredit mit vier Prozent Zinsen nach Steuerbelastung teurer sein, als ein steuerlich absetzbares Darlehen mit einem Zinssatz von fünf Prozent.
Schritt 4: Darlehen nach Zinsbelastung ordnen
Alle Verbindlichkeiten sollten anhand ihrer effektiven Zinsbelastung nach Steuern geordnet werden. Bei Privatdarlehen entspricht der Zinssatz nach Steuern dem ursprünglichen Zinssatz. Diese Reihenfolge dient als Grundlage für die weitere Optimierung.
Schritt 5: Prüfen, ob sich teure Zinsen reduzieren lassen
Eine gezielte Tilgungsstrategie kann die Zinsbelastung erheblich senken. Idealerweise sollten zuerst die Kredite mit den höchsten effektiven Zinsen getilgt werden. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Banken oft eine gleichmäßige Tilgung über alle bestehenden Kredite hinweg erwarten. Verhandlungen mit den Banken sind daher notwendig. Zudem spielen die vereinbarten Zinsbindungen eine Rolle. Während bei variablen oder Zinscap-Darlehen Änderungen der Tilgungsstrategie relativ flexibel möglich sind, können feste Zinssätze ohne Sondertilgungsmöglichkeiten eine Umstrukturierung erschweren.
Besondere Beachtung verdienen öffentliche Förderdarlehen, wie solche der KfW oder LfA. Manche dieser Kredite galten bei ihrer Aufnahme als günstig, können aber heute im Vergleich zum aktuellen Zinsniveau teuer sein. In seltenen Fällen bestehen jedoch Sondertilgungsmöglichkeiten ohne Vorfälligkeitsentschädigung. Daher sollte geprüft werden, ob eine Umschuldung in günstigere Bankdarlehen sinnvoll ist.
Schritt 6: Tilgungsaussetzungs- darlehen überprüfen
Bei Tilgungsaussetzungsdarlehen erfolgt die Tilgung nicht direkt, sondern über ein Tilgungsersatzinstrument, etwa eine Lebensversicherung, einen Fondssparvertrag oder einen Bausparvertrag. Dieses Modell war insbesondere bei steuerlich absetzbaren Darlehen verbreitet, sollte jedoch regelmäßig überprüft werden.
Die Rentabilität dieses Modells hängt im Wesentlichen davon ab, ob die Nachsteuer-Rendite des Tilgungsersatzes höher ist, als der Nachsteuer-Zinssatz des Darlehens. Deshalb kann diese Finanzierungsform bei fallenden Anlagerenditen und steigenden Kreditzinsen nachteilig werden. Zudem können durch niedrige Erträge von Tilgungsersatzinstrumenten Finanzierungslücken entstehen, die frühzeitig identifiziert und geschlossen werden sollten.
Auch die Laufzeit spielt eine entscheidende Rolle. Je näher das Ende der Darlehenslaufzeit rückt, desto wichtiger wird die Prüfung, ob das angesparte Kapital aus dem Tilgungsersatzinstrument tatsächlich ausreicht, um das Darlehen vollständig zurückzuzahlen. In vielen Fällen kann es sinnvoll sein, vorzeitig eine Anpassung vorzunehmen, um spätere finanzielle Engpässe zu vermeiden.
Schritt 7: Verhandlungen mit der Bank führen
Nach Analyse und Planung der neuen Tilgungsstruktur sollten Gespräche mit der Bank geführt werden. Ziel ist es, sowohl die Tilgungsstrategie zu optimieren als auch Zinssätze – insbesondere bei variablen Krediten – neu zu verhandeln. Durch eine geschickte Neugestaltung lassen sich nicht nur Zinskosten senken, sondern auch eine solide Finanzierungsstruktur für die Zukunft schaffen.
Ein weiteres wichtiges Thema bei der Bankverhandlung ist die Möglichkeit einer Umschuldung. In Zeiten niedriger Zinsen kann es sich lohnen, bestehende Kredite durch neue, günstigere Finanzierungen zu ersetzen. Dabei sollte jedoch auch auf mögliche Vorfälligkeitsentschädigungen geachtet werden, die eine Umschuldung in manchen Fällen unwirtschaftlich machen können.
Fazit
Letztendlich trägt eine durchdachte Darlehensstrategie nicht nur dazu bei, Zinskosten zu minimieren, sondern auch die finanzielle Sicherheit und Liquidität langfristig zu verbessern. Leider sind zwar nicht immer alle Verhandlungen mit den Banken erfolgreich, jedoch geht es ja darum, das zu tun, was möglich ist und die beste Version seiner Finanzierungsstruktur zu haben.

Michael Kreuzer
Zitat: „Durch eine geschickte Neugestaltung lassen sich nicht nur Zinskosten senken, sondern auch eine solide Finanzierungsstruktur für die Zukunft schaffen.“
Michael Kreuzer
ist Geschäftsführer und Inhaber der ZahnÄrzteBeratung BestPraxis in München. Seit über 25 Jahren ist der Diplom-Kaufmann auf die Beratung von Mandanten aus dem Bereich der akademischen Heilberufe spezialisiert.
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