Trend 2024: Einzelpraxis mit Zukunftspotenzial?

Boutique-Praxis: Persönlich, klein und serviceorientiert

Sehr beliebt sind zurzeit Boutique-Hotels. Sie haben sich in den 1980ger Jahren ganz bewusst als Gegenpol zu den großen Hotelketten entwickelt. Das Boutique-Konzept steht für ein kleineres Haus mit wenigen Zimmern, Individualität und ein hohes Maß an Service. Genau diese Attribute machen auch kleine Einzelpraxen aus, die man in den USA und weiteren Ländern daher auch Boutique-Praxis nennt. Dr. Dana Adyani-Fard, Meerbusch/Issum, hat in den USA einige Boutique-Praxen kennengelernt und dieses Konzept auch für sich entdeckt.


Kunst ist die Leidenschaft von Dr. Dana Adyani-Fard und auch in ihrer individuell gestalteten Boutique-Praxis sichtbar. Foto: Dr. Dana Adyani-Fard


Wenn man von einer der stark befahrenen Durchgangsstraßen in Meerbusch-Büderich abbiegt in den Hinterhof, in dem sich die Boutique-Praxis von Dr. Dana Adyani-Fard befindet, dann entfernt man sich mit jedem Schritt von der Hektik des Alltags. Betritt man dann die kleine Praxis, sieht man auf den ersten Blick, dass Kunst die Leidenschaft der Zahnärztin ist. Skulpturen und Bilder lenken davon ab, dass man eigentlich in einer Zahnarztpraxis ist.
„Hier habe ich meine Wunschpraxis gefunden. Es war sozusagen Liebe auf den ersten Blick“, erzählt Dr. Dana Adyani-Fard. Als sie die Praxisräume zum ersten Mal sah, konnte sie sich sofort vorstellen, sich in diesen Räumen niederzulassen. Dabei war es für den Praxisabgeber recht schwierig, einen Nachfolger für die kleine Praxis ohne Erweiterungsmöglichkeit zu finden. Für Dr. Adyani-Fard wiederum passte einfach alles: „Beruf und Familie kann ich perfekt vereinbaren.“ Die Praxis ist für sie mit dem Fahrrad zu erreichen und ihre Tochter kann nach Schulschluss in der Praxis vorbeikommen.

Konzept Boutique-Praxis
In der Praxis geht es ruhig zu. Drei Zahnmedizinische Fach­assistentinnen unterstützen Dr. Adyani-Fard. So treffen die ­Patienten immer auf dieselben Ansprechpartner. Eine kleine Praxis mit nur einem Behandler gibt ihnen wohl das Gefühl von Sicherheit, Geborgenheit und Überschaubarkeit, meint die Zahnärztin. So spielen der persönliche Bezug und die Nähe zum Behandler eine wichtige Rolle bei diesem Praxiskonzept.
Im Vergleich zu konventionellen Einzelpraxen ist die Boutique-Praxis in der Regel keine Allrounder-Praxis. So liegt der Schwerpunkt von Dr. Adyani-Fard auf der Zahnästhetik. Zudem liegt ein Fokus auf der Behandlung von Kindern mit MIH-Zähnen. Zu ihrem weiteren Behandlungsspektrum gehört die Aligner-Therapie, aber nur für einfachere Indikationen und in erster Linie als Vorbehandlung für restaurative Versorgungen. Patienten mit komplexen Zahnfehlstellungen werden an KFO-Spezialisten überwiesen. Die Implantologie übernimmt ihr Bruder Navid Adyani-Fard, der ebenfalls Zahnarzt ist. Komplexe implantologische Fälle werden für den chirurgischen Part ebenfalls an Spezialisten überwiesen.
Dr. Adyani-Fard spricht fließend Persisch, Koreanisch und Englisch. Daher hat sie neben den Patienten aus dem lokalen Umfeld auch einen überregionalen Patientenstamm. Ihre Patienten entscheiden sich bewusst für die kleine Praxis, in der sehr viel Wert auf Wohlbefinden und Individualität gelegt wird. Jeder Patient wird mit seinem Namen angesprochen und das Praxisteam sieht sich als Dienstleister, der Services erbringt. Die Patienten, vor allem Angstpatienten, schätzen die persönliche Note und Überschaubarkeit einer kleinen Praxis mit nur wenigen Mitarbeitenden.

Der Weg zur Boutique-Praxis
Nach ihrem Zahnmedizinstudium in Würzburg und Frankfurt am Main absolvierte Dr. Adyani-Fard ihre Assistenzzeit in 
zwei größeren Mehrbehandlerpraxen und konnte dort praktische Erfahrungen in den unterschiedlichen zahnmedizinischen Fachbereichen sammeln. Danach wechselte sie zunächst in die Dentalindustrie. Mehrere Jahre war sie bei zwei verschiedenen Dentalherstellern im Bereich Clinical ­Research tätig, eine wertvolle Berufserfahrung wie sie ­rückblickend sagt.
Nach einigen Jahren war für Dr. Adyani-Fard die Zeit reif, um sich in eigener Praxis niederzulassen. Bei der Frage „Stadt oder Land“ war für sie von vorneherein klar, dass nur ein Standort außerhalb einer Großstadt in Frage kam. Sie wollte ihre Patienten über Jahre hinweg begleiten und wünschte sich eine Familienpraxis. Das empfindet sie immer noch sehr erfüllend.
Gemeinsam mit ihrem Bruder fand sie in der Umgebung von Düsseldorf eine geeignete Praxis, die sie 2015 übernahm und mit der Zeit sukzessive erweiterte. Heute führt sie die Gemeinschaftspraxis mit ihrer Kollegin Dr. Barbara Schnorr. Drei weitere Zahnärzte, darunter ihr Bruder, sind angestellt. Es ist eine klassische Mehrbehandlerpraxis, in der alle Fachbereiche – ohne KFO – abgedeckt werden. Als sie dann 2019 eher zufällig die Praxisräume in Meerbusch-Büderich entdeckte, griff sie zu und gründete ihre eigene kleine Boutique-Praxis.

Mehrbehandlerpraxis und Boutique-Praxis: Wo liegen die Unterschiede?
Dr. Adyani-Fard führt sozusagen zwei unterschiedliche Praxisleben. Während sie in der größeren Praxis zeitweise mehr mit dem Personalmanagement und weiteren unternehmerischen Themen beschäftigt ist als mit der Behandlung von Patienten, kann sie sich in ihrer Boutique-Praxis ganz auf das Behandeln konzentrieren. „Das Arbeiten in einer kleinen Praxis ist viel strukturierter und dadurch ruhiger als in einer Mehrbehandlerpraxis“, vergleicht sie offen: „In einem kleinen Team gibt es weniger Konflikte, weil die Kommunikationswege kurz und direkt sind.“
Steht Urlaub an, zum Beispiel in den Sommerferien, dann wird die Boutique-Praxis für den Urlaubszeitraum komplett geschlossen. Eine zahnärztliche Vertretung würden die Patienten hier eher nicht annehmen. Eine Praxisvertretung wird natürlich festgelegt.
In einer Praxis mit mehreren Zahnärzten und einem größeren Team ist das Thema Urlaub hingegen eine komplexere Planungsarbeit.
Auch das Thema Praxismarketing ist in ihrer Boutique-Praxis weniger aufwendig. „Die Patienten kommen, meistens über Empfehlung“ so Dr. Adyani-Fard. Wichtig sei das Praxismarketing und die Sichtbarkeit der Praxis im Internet dennoch, vor allem für die Mitarbeitergewinnung.

Behandeln in der Boutique-Praxis
Die Boutique-Praxis sieht Dr. Adyani-Fard als Player in einem interdisziplinären Netzwerk. Voraussetzung dafür ist digitales Arbeiten, z. B. mit Intraoralscanner und DVT.
Sie lebt einen holistischen Behandlungsansatz, arbeitet mit Kollegen zusammen, die auf einen Fachbereich spezialisiert sind. Dazu gehören beispielsweise auch Physiotherapeuten und die Apotheke im nahen Umfeld. Mit ihrem Schwerpunkt Zahnästhetik ist der Zahntechniker ein wichtiger Teamplayer. Er kommt in die Praxis, um Fotos von Patienten zu machen, für die sie dann eine ästhetische Restauration planen und umsetzen. In der Boutique-Praxis sei es einfacher, sich diese Zeit zu nehmen. Denn, so Dr. Adyani-Fard: „Man behandelt anders.“ Vertrauen zum Behandler aufbauen, das sei wichtig und gehe nur mit genügend Zeit für die Beratung. Daher ginge es in einer Boutique-Praxis nicht um eine möglichst hohe Patientenanzahl. Im Vordergrund stehe die patientenindividuelle, bestmögliche Behandlungsoption – für die Patienten bereit sind, private Zuzahlungen zu leisten. Moderne Zahnmedizin bedeutet patientenindividuelle Betrachtung und Therapieentscheidung.
Und wie sieht es auf der unternehmerischen Seite aus? Mit einer überschaubaren Kostenstruktur für Miete und zwei bis drei Mitarbeitende könne sie selbst dem GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, den gestiegenen Materialkosten und den kostensensibleren Patienten gelassen begegnen. So sei das emotionale Wohlbefinden als Unternehmerin einer Boutique-
Praxis relativ hoch.
„Für Patienten mit komplexen Ausgangssituationen braucht man Zeit und die kann ich mir in der Struktur einer Boutique-Praxis einfacher nehmen.“ Daher ist Dr. Adyani-Fard überzeugt, dass die Boutique-Praxis ein erfolgversprechendes Einzelpraxiskonzept sein kann.

Die Boutique-Praxis von Dr. Dana Adyani-Fard auf einen Blick
• Praxis: 120 qm in einem eigenständigen Haus in einem Hinterhof. Das Gebäude war früher eine Malerwerkstatt.
• Behandlungsräume: 2 Behandlungseinheiten in 2 Zimmern
• Praxisausstattung: komplett digital mit DVT und Intraoralscanner
• Mitarbeitende: 2 ZFA am Stuhl, 1 ZFA für die Verwaltung, ­
1 weitere Fachassistenz (Teilzeit) wird gesucht
• Standort: ländliche Umgebung von Düsseldorf
• Patientenstruktur: Familien, Kinder, Angstpatienten

Dr. Dana Adyani-Fard
ist niedergelassen in einer Gemeinschaftspraxis mit sechs Zahnärzten in Issum und mit einem separaten eigenen Sitz in der Boutique-Praxis in Meerbusch.
Sie ist freie Beraterin für Dentalunternehmen und absolviert zurzeit an der UCLA den „Master of Health Administration“.
www.zpniederrhein.de
Foto: privat