Chance oder Risiko?
Die Umstellung auf eine digitale Praxis bringt zahlreiche Vorteile, viele Praxisinhaber sind aber noch skeptisch – die Kosten und Sicherheitsbedenken fördern eine negative Haltung. Was ist dran an diesen Bedenken? Rechtsanwalt Dr. Robert Kazemi beleuchtet das Thema aus der rechtlichen Perspektive.
Schlankere Prozesse, effektiveres Arbeiten, weniger Papier und immer alles im Blick haben – das muss wie Musik in den Ohren eines jeden Unternehmers klingen und damit auch der Praxisinhaber in der Zahnmedizin. Online-Terminmanagement, Patientenakten jederzeit am Stuhl verfügbar, besseres Praxismarketing usw. stehen auf der positiven Seite. All diese Vorteile – und als Ergebnis höchstwahrscheinlich ein größerer Verdienst – verspricht die digitale Praxis. Welche Rechtfertigung haben negative Gedanken wie beispielsweise die Datensicherheit der Patienten? Welche Risiken gibt es wirklich und welche Maßnahmen kann man ergreifen, um auf der sicheren Seite zu sein?
Datenschutzerklärung Zahnarztpraxis
Der allererste Punkt ist die Aufnahme der Patientendaten. Dazu schreibt die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vor, dass alle Patienten bei der ersten Aufnahme ihrer Daten über die Erhebung, Speicherung, Verwendung usw. aufgeklärt werden müssen. Das Gesetz schreibt nicht zwingend vor, dass der Patient diese Aufklärung unterschreiben muss – da gibt es rechtlich bei älteren, ggf. dementen Patienten oder nicht volljährigen Patienten, die ohne ihre Eltern in die Praxis kommen, Grauzonen. Daher empfiehlt sich zum Beispiel ein Aushang in der Praxis, möglicherweise direkt gut sichtbar an der Empfangstheke.
DSGVO-konformer Anamnesebogen
Bei der Anamnese muss der Grundsatz der Datensparsamkeit eingehalten werden. Es sollten nur Fragen aufgenommen werden, die für die zahnärztliche Behandlung tatsächlich relevant sind. Fragen nach Arbeitgeber, Beruf etc. zählen sicherlich nicht dazu. Die Erhebung von Daten, die offensichtlich nicht von Belang sind, ist ein Verstoß. Um Ärger aus dem Weg zu gehen, kann man solche Auskünfte entweder gar nicht erfragen oder mit dem Vermerk „freiwillige/optionale Auskunft“ markieren.
Zahnarztpraxis muss Auskunft geben können
Die DSGVO sorgt dafür, dass das Themengebiet Datensicherheit bei vielen präsenter ist als zuvor. Das heißt aber nicht, dass Aspekte der täglichen Arbeit mit personenbezogenen Daten wie Aufnahme, Verarbeitung, Ablage und Sicherung vorher nicht relevant waren – sie standen einfach nicht dermaßen im Fokus. Die Patientendaten müssen in jedem Fall revisionssicher abgelegt werden. Ein zentraler Punkt des Datenschutzes ist nämlich die Erhöhung der Transparenz. Die Behörden sprechen den Patienten das Recht zu, sich über die Nutzung ihrer Daten informieren zu können und zu entscheiden, ob und wie diese verwendet werden dürfen. Auf mögliche Nachfragen sollte die Praxis also vorbereitet sein. Eine entsprechende Software unterstützt die Praxis bei der Einhaltung der Datensicherheit und des Patientenrechtegesetzes.
Schutz vor Datenklau
Die Angst um Patientendaten ist insofern irrational, als jede Praxis ohnehin über ein PC-System verfügt, das an das Internet angebunden ist. Diese meist veralteten Systeme stellen ein viel größeres Sicherheitsrisiko dar und besitzen eine höhere Anfälligkeit für Cyberattacken als eine moderne Lösung, die Onlinekriminellen mit einer Firewall und einer sich stets aktualisierenden Antivirensoftware die Arbeit richtig schwermacht.
Rechtssichere Dokumentation
Die Dokumentation ist im (zahn)medizinischen Sektor ebenfalls ein potenzieller Problemgegenstand. Sie sichert den Zahnarzt ab, da er mit ihrer Hilfe im Streitfall nachweisen kann, dass der Patient über mögliche Alternativen, Risiken usw. aufgeklärt worden ist. Wenn erbrachte Leistungen überprüft werden und nicht lückenlos dokumentiert worden sind, könnten sie im Nachhinein als medizinisch nicht notwendig eingestuft werden – Honorarkürzungen sind die Folge. Entsprechende Softwaremodule sind auch für diesen Arbeitsschritt verfügbar; die Aufzeichnungen werden direkt in der Akte gespeichert.
Die digitale Dokumentation wird meistens automatisch mit einem Zeitstempel versehen, was aber niemanden abschrecken sollte. Das Gegenteil ist der Fall: Eine handschriftliche Dokumentation ohne Nachweis des Zeitpunkts der Erfassung kann theoretisch auch erst verfasst worden sein, nachdem der Patient rechtliche Schritte angekündigt hat. Der Zeitstempel beweist also, dass die Aufklärung rechtzeitig erfolgt ist.