Recht/Haftung

Vieles neu, vieles unklar

Zum Jahresende 2012 ging es im Steuerrecht noch einmal turbulent zu. Viele Steuergesetze befanden sich im Vermittlungsausschuss, da sich Bundestag und Bundesrat über einzelne Inhalte uneinig waren. Die Kompromissvorschläge des Vermittlungsausschusses wurden 2012 nicht mehr bestätigt. Endgültige Klarheit wird es erst 2013 geben.



Das Gesetz zum Abbau der kalten Progression sollte für alle Steuerpflichtigen negative Auswirkungen bei Einkommenserhöhungen abfedern. Neben einer Anhebung des Grundfreibetrags sollte der gesamte Steuertarif verschoben werden. Dies lehnte der Vermittlungsausschuss ab. Ab dem 1. Januar 2013 erhöht sich der steuerliche Grundfreibetrag für Erwachsene damit um 126 Euro auf 8130 Euro. Eine weitere Aufstockung um 224 Euro erfolgt 2014. Die abschließende Zustimmung wird jedoch erst Anfang 2013 erteilt werden.

Der Zahnarzt als Arbeitgeber

Ab Anfang 2013 ersetzen die gesetzlich eingeführten elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale, kurz ELSTAM genannt, die alte Lohnsteuerkarte. Arbeitgeber, etwa Zahnärzte, sind dann verpflichtet, ihre Arbeitnehmer, wie ZFA und Sprechstundenhilfen, elektronisch über das ELSTER-Online-Portal (www.elster.de) bei der Finanzverwaltung anzumelden und die ELStAM monatlich abzufragen. Da sich die Lohnsteuerabzugsmerkmale der Arbeitnehmer nur selten ändern, hat die Finanzverwaltung einen Mitteilungsservice eingerichtet. Zur Nutzung dieses Mitteilungsverfahrens kann der Arbeitgeber im ELSTER-Online-Portal per E-Mail Informationen zur Bereitstellung von Änderungen beantragen. Die individuelle Lohnsteuer des Arbeitnehmers wird mithilfe der abgerufenen Daten abgeführt. Innerhalb des Jahres 2013 kann der Arbeitgeber den Zeitpunkt zum Umstieg auf das elektronische Verfahren frei wählen.

Wer Minijobber beschäftigt, muss bei deren Einstellung eine neue Regelung zur Rentenversicherung beachten. Bisher waren geringfügig beschäftigte Arbeitnehmer versicherungsfrei. Sie konnten sich freiwillig rentenversichern (sogenannte „Opt-in-Regelung“). Ab dem 1. Januar 2013 gilt eine grundsätzliche Rentenversicherungspflicht. Es kann aber ein Befreiungsantrag gestellt werden („Opt-out-Regelung“). Für Beschäftigte, die bisher rentenversicherungsfrei waren, bleibt es über den 31. Dezember 2012 hinaus bei der Versicherungsfreiheit, wenn sie nicht darauf verzichten. Des Weiteren steigt ab dem 1. Januar 2013 die Minijobgrenze von 400 Euro auf 450 Euro im Monat. Für die so genannten Midijobs wird die Entgeltgrenze ab 2013 von 800 Euro auf 850 Euro monatlich angehoben.

Änderungen für Freiberufler

Für diejenigen, die ihren Gewinn durch eine Einnahmen-Überschussrechnung ermitteln, gibt es in den Einkommensteuer-Richtlinien eine neue Regelung. Diese gilt bereits rückwirkend für 2012. Neu ist, dass von einem Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen eingezogene Beträge beim Steuerpflichtigen bereits als zugeflossen gelten. Honorare von Privatpatienten, die ein Zahnarzt von einer Privatärztlichen Verrechnungsstelle einziehen lässt, sind damit dem Zahnarzt bereits mit dem Eingang bei der Verrechnungsstelle zugeflossen.

Neu für den Zahnarzt als Unternehmer

Im Rahmen der Dienstwagenbesteuerung soll die Nutzung von Elektro- oder Hybridfahrzeugen gefördert werden. Diese Fahrzeuge haben in aller Regel höhere Listenpreise als andere Pkws. Vorgesehen ist, statt des höheren Listenpreises nur einen abgesenkten Betrag als Bemessungsgrundlage für die Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Privatnutzung von betrieblichen Pkws nach der 1-Prozent-Regel zugrunde zu legen. Der Listenpreis verringert sich um die Kosten des Batteriesystems, nämlich um 500 Euro pro kWh, höchstens jedoch um 10000 Euro, für bis zum 31. Dezember 2013 angeschaffte Dienstwagen. Für später angeschaffte Fahrzeuge mindert sich dieser Betrag in den Folgejahren jährlich um 50 Euro pro kWh; der Höchstbetrag sinkt jährlich um 500 Euro. Wird stattdessen ein Fahrtenbuch geführt, sind die entstandenen Aufwendungen analog zu mindern.

Gutschrift ist steuerrechtlich definiert

Aufgrund der Umsetzung der sogenannten „Rechnungsstellungsrichtlinie“ sind zum 1. Januar 2013 neue Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rechnung zu beachten. Wenn der Leistungsempfänger mit einer Gutschrift über die erhaltenen Leistungen abrechnet, muss künftig das Wort „Gutschrift“ im Abrechnungsdokument stehen. Dieser Begriff ist damit steuerrechtlich definiert. In den Fällen einer kaufmännischen Gutschrift (Rechnungskorrektur, Preisnachlass und so weiter) sollte das Wort „Gutschrift“ daher künftig durch einen anderen Begriff ersetzt werden.

Werden künftig bewegliche Wirtschaftsgüter angeschafft, etwa um eine Praxis einzurichten, kann ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG in Anspruch genommen werden. Der Bundesfinanzhof hat entschieden, dass das Wahlrecht zur Bildung dieses Abzugsbetrags auch noch nach Einlegung des Einspruchs ausgeübt werden kann, solange der gesetzliche Investitionszeitraum nicht abgelaufen ist. Die Entscheidung über die Inanspruchnahme des § 7g EStG kann damit auch erst nach bereits erfolgter Investition ausgeübt werden. Das vergrößert die Flexibilität für den Steuerpflichtigen.

Wichtig für Vermieter

Nach neuer Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Schuldzinsen auch dann noch bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung absetzbar, wenn das zunächst vermietete Gebäude verkauft worden ist. Wenn zur Finanzierung der Anschaffungskosten ein Darlehen aufgenommen wurde und der Gewinn aus der Veräußerung nicht ausgereicht hat, um das Darlehen zu tilgen, dann bleibt nach der Auffassung des Gerichtshofs der Veranlassungszusammenhang zwischen der Aufnahme des Darlehens und den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch nach der Veräußerung grundsätzlich erhalten. Damit dürfen die Schuldzinsen auch weiterhin als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung geltend gemacht werden.

Fazit

Die steuerliche Rechtslage stellt sich Ende 2012 aufgrund sich in der Schwebe befindender Gesetzgebungsfahren sehr unübersichtlich dar. Noch am 31. Dezember 2012 wusste man in vielen Bereichen nicht, was ab dem 1. Januar 2013 gilt. Leidtragende beim Streit zwischen Bundestag und Bundesrat sind dabei vor allem die Steuerpflichtigen.[]

Autor:
 RA, Dipl.-fw. Nora Schmidt-Kesseler ist Hauptgeschäftsführerin der Bundessteuerberaterkammer und Geschäftsführerin des Deutschen wissenschaftlichen Instituts der Steuerberater e. V. und Generalsekretärin der Confédération fiscale Européenne. Die Rechtsanwältin und Diplom-Finanzwirtin (FH) war zuvor zehn Jahre in der Finanzverwaltung und der BDI-Steuerabteilung tätig.