Mitarbeiterführung

„Führung und Personal“: Innere Kündigung

Im ersten Teil der neuen Reihe „Führung und Personal“ beschäftigt sich Christian Henrici mit der Wertschätzung der Mitarbeiter als Basis für den Aufbau eines erfolgreichen und motivierten Praxisteams.



Eine Kündigung ist selten angenehm und noch seltener einvernehmlich. Sie zeugt meist von wechselseitigem Unverständnis und vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses ist oft schon ein erheblicher Schaden entstanden. Doch welche Kündigung ist besonders destruktiv?

Die fristlose oder vielleicht die betriebsbedingte Kündigung? Die Antwort lautet: Die „innere Kündigung“. Wer mit diesem Begriff nichts anzufangen weiß, kann in den Ergebnissen der aktuellen Gallup-Studie nachlesen, welche Folgen es haben kann, wenn man als Chef Mitarbeiter beschäftigt, die innerlich gekündigt haben.

Alarmierende Zahlen

Seit 2001 erstellt das US-Beratungsunternehmen Gallup für Deutschland jährlich einen „Engagement Index“, der Aussagen darüber erlaubt, wie motiviert die Gruppe der Angestellten ihrem Tagwerk nachgeht. Die Auswertung der Zahlen von 2012 ergibt, dass der Anteil der Mitarbeiter, die innerlich bereits gekündigt haben, seit 2001 auf 24 Prozent angestiegen ist.

Das sind immerhin 8,4 Millionen Menschen. Eine weitere alarmierende Zahl aus der Studie: In der Gruppe der Befragten mit geringer Bindung an ihr Unternehmen gehen nur 58 Prozent davon aus, auch im nächsten Jahr noch bei ihrem aktuellen Arbeitgeber tätig zu sein. Diese Entwicklung wird von Gallup, die im Rahmen der neuesten Studie mehr als 2.200 Beschäftigte befragt hatten, als bedrohlich eingestuft, auch weil der Anteil der Angestellten, die sich innerlich mit dem Gedanken zu kündigen trugen, im Jahr 2001 nur bei 15 Prozent lag.

Was dieser Negativtrend aber konkret bedeutet, ist vielen Unternehmern noch nicht klar. Mitarbeiter, die, nachdem sie am Sonntagabend den Liegestuhl auf der Veranda zusammengeklappt haben, schon wieder vom nächsten Wochenende träumen, sind nicht nur Zahlen in einer Statistik. Unzufriedene Angestellte sind häufiger krank, weniger produktiv und innovativ und ihrem Arbeitgeber gegenüber weniger loyal. Insgesamt beeinträchtigt ein solches Firmenklima die Produktivität. Volkswirtschaftlich belaufen sich die Kosten, die durch „innere Kündigung“ entstehen, schätzungsweise auf bis zu 138 Milliarden Euro jährlich.

Chefsein will gelernt sein

Eine der Hauptursachen für die innerliche Kündigung liegt laut den Autoren in den unzureichenden Kenntnissen beim Thema „Personalführung“. Mitarbeiter wünschen sich von ihrem Chef mehr Lob, konstruktive Kritik und Unterstützung bei der Arbeit – insgesamt also eine spürbare Wertschätzung ihres Einsatzes. Wer als Unternehmer seine Mitarbeiter schlecht behandelt, der vergiftet also nicht nur das Betriebsklima, sondern schadet auch sich selbst.

Für Zahnärzte sind diese Fakten von besonderer Relevanz, denn die meisten Universitätsabgänger dieses Studienfachs entscheiden sich nach der Assistenzzeit immer noch für eine eigene Praxis. Mögen die Aussichten, was die fachliche Eignung betrifft, auch gut sein – die betriebswirtschaftlichen Notwendigkeiten, die mit der Führung eines Betriebs einhergehen, gleichen dennoch dem sprichwörtlichen Sprung ins kalte Wasser.

Dabei mangelt es meist nicht nur an der Kenntnis der ökonomischen Kennzahlen, sondern auch an sozialer Kompetenz, die ebenso erst erlernt sein will. Denn BWL, Abrechnung, Psychologie und Personalführung sind immer noch in keinem Vorlesungsverzeichnis einer zahnärztlichen Fakultät zu finden. Wer nicht auf entsprechende Erfahrungswerte zurückgreifen kann, hat zumindest die Möglichkeit, Fortbildungsprogramme, die Spezialisten wie etwa die OPTI Zahnarztberatung GmbH anbieten, in Anspruch zu nehmen.

Mitläufer oder Mitarbeiter

Gerade in der Zahnarztpraxis erfordern steigender Konkurrenzdruck und immer weitere gesetzliche Auflagen Personal, das den Praxischef engagiert und eigenverantwortlich auch bei administrativen und dokumentatorischen Aufgaben unterstützt. Ein anspruchsvolles Anforderungsprofil – bei verhältnismäßig geringer Entlohnung.

Ein Zahnarzt, der eine neue Kraft für sein Praxisteam sucht, hat es heute nicht leicht. Oft gehen Monate ins Land, bevor sich überhaupt Bewerberinnen finden. Es scheint, als sei der Arbeitsplatz zwischen Behandlungsstuhl, Terminplaner und Labor nicht mehr attraktiv. Dem gegenüber steht eine steigende Nachfrage nach kompetenten und belastbaren Helferinnen. Statistisch gesehen wechselt eine Zahnarzthelferin alle acht Jahre den Arbeitsplatz.

Gibt es eine Lösung für dieses Problem? Auch hier bietet das Ergebnis der Gallup-Studie wieder aussagekräftige Zahlen. Die Umfrage ergab, dass den bereits erwähnten 24 Prozent der Mitarbeiter, die innerlich gekündigt haben, 15 Prozent gegenüberstehen, die voll motiviert sind, während 61 Prozent die breite Masse bilden, die „Dienst nach Vorschrift“ verrichtet. Im Fachjargon bezeichnet man die erste Gruppe als „A-Mitarbeiter“. Diese zeichnen sich durch Eigeninitiative, Verantwortungsgefühl und Loyalität aus. Das zeigt sich auch in der Art und Weise, wie sie mit Kritik umgehen. In der Gruppe der Mitarbeiter mit hoher Bindung an das Unternehmen stimmten beispielsweise 73 Prozent der Aussage zu, dass Fehler in ihrem Arbeitsumfeld als Chance gesehen werden, zu lernen und besser zu werden. Der Anteil derer, die Kritik konstruktiv auffassen, liegt in der Gruppe der Angestellten mit geringer Unternehmensbindung gerade einmal bei sechs Prozent.

Viele Zahnärzte beschäftigen bereits Helferinnen, die A-Mitarbeiter sind. Ziel des Praxischefs muss es also sein, sie zu unterstützen und zu fördern, um ihnen den Verbleib im Team schmackhaft zu machen. Von Angestellten der dritten Gruppe, sogenannten „C-Mitarbeitern“, sollte er sich hingegen trennen. Diese Kategorie von Helfern kann sich kein Unternehmer leisten.

Denn sie sind in erster Linie damit beschäftigt, schlechte Stimmung im Team zu verbreiten, die sich letztlich auch ökonomisch negativ auswirkt. Um ein Beispiel zu nennen: Innerhalb der Gallup-Studie antworteten die Teilnehmer auch auf die Frage, ob sie die Produkte oder Leistungen ihrer Firma an Verwandte oder Freunde weiterempfehlen würden. In der Gruppe der C-Mitarbeiter lag dieser Anteil nur bei 30 Prozent. Das bedeutet im Klartext, dass jeder Vierte in dieser Kategorie seine Praxis nicht einmal innerhalb seines näheren privaten Umfelds weiterempfiehlt. Hochmotivierte Mitarbeiter hingegen weisen 43 Prozent weniger Fehltage als ihre Kollegen aus den anderen beiden Gruppen auf und verzeichnen dafür 45 Prozent mehr Innovationskraft – zum Beispiel, indem sie ihrem Chef Ideen vorstellen, die die Abläufe in der Praxis verbessern.

Leistungsgerecht entlohnen

Alles in allem ist Wertschätzung die Basis für den Aufbau eines erfolgreichen Praxisteams. Leistungsgerechte Entlohnung ist eine Option, Wertschätzung auszudrücken. Diese findet auch bei der Zahnärzteschaft immer mehr Beachtung. Dabei haben die Helferinnen die Möglichkeit, zu ihrem Grundgehalt einen nach oben begrenzten Bonus dazuzuverdienen, dessen Höhe davon abhängt, wie gut sie ihre Aufgaben erfüllen.

Der Kerngedanke des Entlohnungssystems liegt darin, Anreize für die Mitarbeiter zu schaffen und dadurch die Einsatzbereitschaft und Identifikation mit der Praxis zu erhöhen. Dabei spielen Faktoren wie Fehlzeiten, Pünktlichkeit und Verantwortlichkeiten eine Rolle. Moderne Software hilft, das System reibungslos in den Praxisalltag zu integrieren, indem sie die Faktoren mitarbeiterbezogen am Computer auswertet und beispielsweise in ein Punktesystem umsetzt, aus dem sich die Höhe des flexiblen Gehaltsanteils errechnet. Es ist jedoch wichtig, dass das Team von Anfang an mit eingebunden und informiert wird. Darüber hinaus sollte dieses Entlohnungssystem auch vertraglich geregelt werden.

Wenn das Bewertungssystem transparent und rechtlich einwandfrei ist, entstehen Vertrauen und Zufriedenheit bei der Belegschaft und somit auch der gewünschte motivierende Effekt. Das Ergebnis: Der Praxiserfolg ist nicht mehr das alleinige Ziel des Chefs, sondern auch das Ziel der Mitarbeiter.

Dipl.-Kfm. Christian Henrici ist Mitbegründer und Geschäftsführer der OPTI Zahnarztberatung GmbH. OPTI hat sich auf Betriebswirtschaft, Organisation, Marketing sowie Führung Personal für die Zahnarztpraxis spezialisiert. Er schreibt regelmäßig Fachbeiträge und ist Autor des Buchs „Wer braucht schon gutes Personal?“.
Kontakt: henrici@opti-zahnarztberatung.de