Streit und Irrtümer bei Aufklärungsbögen
Streiten Patient und Behandler um die Richtigkeit einer Zahnbehandlung, geht es in der Regel nicht nur um die Behauptung eines Behandlungsfehlers, sondern auch um die Frage der korrekten Aufklärung.
In einer solchen Auseinandersetzung kommen den vom Patienten unterzeichneten Aufklärungsbögen eine besondere Bedeutung zu. Während den Behandlungsfehler der Patient beweisen muss, hat der Behandler die korrekte Aufklärung zu beweisen. Dabei helfen regelmäßig die Aufklärungsbögen. Rund um die an sich hilfreichen Aufklärungs‧bögen kursieren falsche Vorstellungen, die immer wieder weitergegeben werden und zu Haftungsfallen führen können.
Mündliche Aufklärung des Patienten
Nur die mündliche Aufklärung des Patienten durch den Zahnarzt erfüllt die Anforderungen an eine korrekte Aufklärung vor der Behandlung. Die Aufklärungsbögen können die mündliche Aufklärung unterstützen und dienen auch der Dokumentation und damit Absicherung des Zahnarztes. Die bloße Überreichung von Aufklärungsbögen mit dem Hinweis, der Patient möge sich diese ordentlich durchlesen, reicht nicht aus.
Aufklärungsbögen sind kein Beweis
Ein weiterer Irrtum besteht darin, dass Aufklärungsbögen keinen Beweis darstellen. Sie sind „lediglich“ ein Indiz und damit prozesstechnisch schwächer als ein Beweis. Trotzdem leisten die Bögen einen wichtigen Anteil dafür, die korrekte Aufklärung insgesamt zu beweisen. Für die Beweisführung können beispielsweise die Dokumentation der Praxis, Befragung von Mitarbeitern als Zeugen und auch die Befragung von Patienten und Zahnarzt hinzukommen.
Schadet ein falsches Datum dem Aufklärungsbogen?
In einem Verfahren vor dem OLG Koblenz kam es zunächst zu Unklarheiten, da der Aufklärungsbogen bezüglich einer Implantation von der Patientin mit Datum von einem Sonntag unterzeichnet worden ist und der Zahnarzt zunächst behauptet hatte, die Patientin an diesem Datum aufgeklärt zu haben. Ein Versehen, das sich aufklären ließ. Das Gericht führt hierzu in seiner Begründung zum Beschluss vom 13.11.2014 (Az. 5 U 825/14) aus:
„Dass der 30. Mai 2010 ein Sonntag war, steht gleichermaßen außer Frage wie die Tatsache, dass beide Aufklärungsbögen dieses Datum tragen. Richtig ist auch, dass der Beklagte in erster Instanz behauptet hatte, an diesem Tag ein Aufklärungsgespräch mit der Klägerin geführt zu haben. Dass dies nicht plausibel erscheint, rügt die Berufung zu Recht. Indes belegt die handschriftliche Eintragung „30. Mai 2010“ entweder eine Fehldatierung oder (näherliegend) die von der Berufungserwiderung behauptete Tatsache, dass die Klägerin an jenem Sonntag den Aufklärungsbogen, den man ihr mit nach Hause gegeben hatte, las, unterzeichnete und richtig datierte, um ihn am darauffolgenden Montag (31. Mai 2010) in der Praxis des Beklagten abzugeben. Letzteres steht in Einklang mit der Behandlungsdokumentation des Beklagten, wonach der Klägerin am 26. Mai 2010 neben einem Schriftstück „Info – Implantation“ die Einverständniserklärung „Implantation“ ausgehändigt wurde (Seite 0004 der Dokumentation).
Den Streit der Parteien um die Datumsangabe hält der Senat aber auch deshalb für nicht entscheidungserheblich, weil außer Frage steht, dass beide Aufklärungsbögen von der Klägerin eigenhändig unterzeichnet sind und nicht behauptet ist, sie habe den Inhalt der Schriftstücke nicht zur Kenntnis genommen oder nicht verstanden.“
Aufklärungsbogen nicht gelesen?
In diesem eben geschilderten Fall hat die Patientin zu einem späteren Zeitpunkt behauptet, sie habe trotz Unterschrift den Aufklärungsinhalt gar nicht zur Kenntnis genommen. Das OLG Koblenz ließ das so nicht gelten:
„Soweit die Klägerin nunmehr behauptet, die inhaltlich ausreichenden Aufklärungsformulare, die ihr der Beklagte zur häuslichen Lektüre mitgegeben hatte, habe sie weder gelesen, noch sei ihr der Inhalt „anderweitig bekannt“ geworden, bleibt sie eine Erklärung dafür schuldig, aus welchem Grund sie die Urkunden gleichwohl unterzeichnete. Vertiefter Erörterung bedarf das nicht, weil nicht behauptet ist, dass die Klägerin dem Beklagten die unterzeichneten Schriftstücke mit dem Hinweis aushändigte, den gesamten Inhalt trotz ihrer konsentierenden Unterschriften nicht zur Kenntnis genommen zu haben. Daher fehlt es insoweit jedenfalls am Verschulden des Beklagten, dem sich das nunmehr von der Patientin behauptete Informationsdefizit nicht erschloss.“
Das Gericht hat die Widersprüche in der Argumentation der Patienten aufgedeckt und ist zu Gunsten des Zahnarztes mit Hilfe der von der Patientin unterzeichneten Aufklärungsbögen von einer korrekten Aufklärung ausgegangen.
Fazit
Aufklärungsinhalte allein können keine Haftung ausschließen, sind aber ein sehr wichtiges Mittel, um die korrekte Aufklärung zu belegen. Bei der Verwendung ist es ratsam und von der Rechtsprechung immer wieder eingefordert, dass sie individualisiert werden. Dies lässt sich beispielsweise mit kleinen Zeichnungen, Anmerkungen oder dem Abhaken einzelner Auklärungsinhalte umsetzen.