Neue Regelung ab 2023

Neue Compliance-Vorgaben für Zahnärzte

Fast unbemerkt haben sich die Kassenzahnärztliche Vereinigung und der GKV-Spitzenverband (Spitzenverband Bund der Krankenkassen) am 7. Februar 2022 über die Rahmenbedingungen der Zahnarztnummernvergabe verständigt – und Zahnarztpraxen, zahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaften und zahnärztliche Medizinische Versorgungszentren damit vor neue Compliance-Vorgaben gestellt.



Um Schwierigkeiten in der Praxis vorzubeugen, müssen einige der geltenden Regelungen künftig besonders streng beachtet werden.

Neue Regeln ab dem 1. Januar 2023
Eigentlich existiert die gesetzliche Vorgabe zur Vergabe von (Zahn-)Arztnummern als Kennzeichen im Abrechnungsverfahren bereits seit dem 1. Januar 2000. Sie wurde im zahnärztlichen Bereich jedoch bisher nicht umgesetzt.
Durch die Vergabe einer einheitlichen (Zahn-)Arztnummer sollte nach dem Willen des Gesetzgebers das Abrechnungsverfahren und die Auswertung vertrags(zahn)ärztlicher Leistungsdaten erleichtert werden.
Während die ärztliche Selbstverwaltung dieses gesetzgeberische Ziel zeitnah umgesetzt hat und seitdem jeder an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt die lebenslange Arztnummer (LARN) zugeordnet bekommt, hat der Vorstand der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) entsprechend seiner Richtlinienkompetenz erst am 8. Dezember 2021 eine entsprechende Richtlinie (Richtlinie der KZBV zur Vergabe der Zahnarztnummern im vertragszahnärztlichen Bereich vom 08.12.2021; in Kraft getreten zum 01.01.2022; die entsprechende Richtlinienkompetenz der KBV ergibt sich aus § 75 Abs. 7 Nr. 1 SGB V.) zur Vergabe der Zahnarztnummern beschlossen.
Die Zahnarztnummer setzt sich aus neun Ziffern zusammen: einer sechststelligen eindeutigen Ziffernfolge, einer Prüfziffer und einer zweistelligen Zahnarztkennung (Ziffer „91“, Kennung „50“ für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen, die an der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen):

Die jeweils zuständige Kassenzahnärztliche Vereinigung (KZV) vergibt ab dem 1. Januar 2023 Zahnärztenummern an folgende Leistungserbringer der zahnärztlichen Versorgung:
  • Zugelassene Vertragszahnärzte;
  • Angestellte Zahnärzte;
  • Ermächtigte Zahnärzte;
  • Zahnärzte, die am vertragszahnärztlichen Notdienst teilnehmen.
Hintergrund der Zahnarztnummern
Hintergrund der Vergabe von Zahnarztnummern ist die eindeutige Zuordnung der zahnärztlichen Leistungen und Verordnungen zu der Person, die sie erbracht hat. In den zur Abrechnung gebrachten Behandlungsfällen müssen ab dem 1. Januar 2023 die Zahnarztnummern aller am Behandlungsfall beteiligten Zahnärzte angegeben werden, um eine solche Zuordnung zu gewährleisten (§ 21a BMV-Z n.F., Inkrafttreten 2023 gemäß der 32. Änderungsvereinbarung zum BMV-Z). Zwar gibt es bereits zahlreiche vorgeschriebene Fälle – insbesondere die Abrechnung betreffend –, in denen eigentlich bereits seit einigen Jahren Zahnarztnummern gegenüber der KZV angegeben werden müssten, jedoch war dies wegen der fehlenden Vergabe der Zahnarztnummern bisher schlichtweg faktisch nicht möglich, da die KZBV erst jetzt ihrer gesetzlichen Verpflichtung durch Erlass der entsprechenden Richtlinie nachgekommen ist. So sollte bisher ausweislich der Anlage 14b „Erläuterungen und Ausfüllhinweise zu den Formularen“ zum Bundesmantelvertrag-Zahnärzte (BMV-Z) im Feld für die Zahnarztnummer bis zu deren Einführung als Ersatzwert die Nummer 999999991 eingetragen werden. Das wird sich ab dem 1. Januar 2023 ändern.
Mehr Kontrolle durch KZV
Die Vergabe der Zahnarztnummern wird sich voraussichtlich insbesondere bei den Prüfungsmechanismen der KZVen auswirken:
Zum einen könnten Abrechnungen im Rahmen von Plausibilitätsprüfungen strenger kontrolliert werden. Dies wird bei einem Vergleich zur ärztlichen Versorgung deutlich: Im Rahmen von Plausibilitätsprüfungen kann die zuständige Kassenärztliche Vereinigung (KV) den Umfang der pro Tag/Quartal abgerechneten Leistungen anhand der (lebenslangen) Arztnummer im Hinblick auf den damit verbundenen Zeitaufwand überprüfen. Alle ambulant erbrachten Leistungen werden dahingehend überprüft, ob sie in dem eingereichten Umfang zeitlich überhaupt erbringbar waren. Dafür gibt es Prüfzeiten, die als Durchschnittszeiten bundeseinheitlich ‧gelten. Werden gewisse Zeitobergrenzen, die je nach genehmigtem Umfang der Tätigkeit variieren, überschritten, gilt dies als Indiz für eine Auffälligkeit in der Abrechnung. Die KV leitet dann ein Prüfverfahren ein, das unter anderem mit zum Teil erheblichen Rückforderungen von Honoraren enden kann. Zwar gibt es (bisher) bei Zahnärzten keine Abrechnungsprüfungen anhand von Zeitprofilen, jedoch ist die Einführung von gewissen Prüfzeiten für vertragszahnärztliche Leistungen, die anhand der Zahnarztnummern erfasst werden können, durchaus ein realistisches Szenario. Hierbei kann auch überprüft werden, ob und in welchem Umfang der einzelne Zahnarzt tätig ist und war.
Sollte sich anhand der Zahnarztnummern aus der Abrechnung ergeben, dass einzelne Zahnärzte ihren Versorgungs‧auftrag nicht oder nicht vollständig erfüllen, kann sogar eine (teilweise) Zulassungsentziehung die Folge sein.
Zusammenfassend gilt: Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung muss peinlich genau beachtet und der individuell zugeordnete Versorgungsauftrag erfüllt werden. Ist das der Fall, müssen keine Abrechnungsprüfungen und Honorarrückforderungen befürchtet werden.
Zum anderen ist ebenso eine strengere Kontrolle des Tätigkeitsortes denkbar. Grundsätzlich werden die zahnärztlichen Leistungen am Vertragsarztsitz der Praxis beziehungsweise des zMVZ erbracht. Zahnärzte können und dürfen jedoch auch an weiteren Standorten außerhalb des Vertragsarztsitzes tätig werden, zum Beispiel in einer genehmigten Zweigpraxis oder an einem anderen Standort einer überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaft. Dabei muss stets beachtet werden, dass die Tätigkeit in der oder den Zweigpraxen ein Drittel der Tätigkeit am Vertragszahnarztsitz nicht übersteigt (Überwiegensgebot), Vgl. § 10 Abs. 1 S. 7 BMV-Z. Der Versorgungsauftrag ist demnach grundsätzlich überwiegend am Vertragsarztsitz zu erfüllen (Ausnahme hierzu: Ausschließlich erteilte Anstellungsgenehmigung für die Zweigpraxis). Ist das nicht der Fall, wird die Zweigpraxis von vorneherein gar nicht erst genehmigt und kann bei nachträglichem Verstoß wieder entzogen werden. Im Rahmen der Abrechnung kann die jeweils zuständige KZV überprüfen, wer an welchem Tätigkeitsort zahnärztliche Leistungen erbracht hat. So kann sie kontrollieren, ob das Überwiegensgebot auch nach Erteilung der Genehmigung für die Zweigpraxis weiterhin erfüllt ist. Künftig sollte also besonders darauf geachtet werden, dass der jeweilige Versorgungsauftrag des/der Zahnarztes/Zahnärztin am Hauptstandort der Praxis erfüllt wird.
Fazit: Mehr Transparenz
Die Vergabe der Zahnarztnummern führt zur vollständigen Transparenz hinsichtlich der Person des Leistungserbringers und des Tätigkeitsortes. Es ist damit zu rechnen, dass die KZVen dies für strengere Abrechnungsprüfungen nutzen werden. Aufgrund der unberechtigt negativen Haltung einiger Zulassungsgremien und KZVen gegenüber zMVZ könnten diese prognostisch besonders streng ins Visier geraten. Das rechtzeitige Management der diesbezüglichen Compliance ist daher essenziell.
Compliance in der Zahnarztpraxis
Auch für Zahnärzte gilt: Die Berufsausübung unterliegt nicht nur straf-, wettbewerbs- und berufsrechtlichen Vorgaben, sondern gerade im Rahmen der vertragszahnärztlichen Tätigkeit komplexen rechtlichen Vorschriften, die eine gute Compliance in der Zahnarztpraxis unerlässlich macht. So sollten Verträge bei der Zusammenarbeit mit anderen Leistungserbringern oder Dritten genauestens unter die Lupe genommen werden, alle erforderlichen Zulassungen und Genehmigungen regelmäßig auf ihre Vollständigkeit überprüft werden und das Praxismanagement für die Überprüfung der Erfüllung sämtlicher Fortbildungsverpflichtungen durch die Zahnärzte sensibilisiert werden.