Abrechnung

Kofferdam – immer Kassenleistung?

Für die GKV-Patienten wird das Anlegen des Kofferdams nach Bema-Nr. 12 mit zehn Punkten vergütet. Da im Bema die Nr. 12 nur einmal je Kieferhälfte/Frontzahnbereich abgerechnet werden kann, sind mit diesem Honorar auch weitere besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen bereits abgegolten. Inwieweit zählt das Anlegen des Kofferdams zur vertragszahnärztlichen Leistung?



Der Kofferdam dient der Abschirmung des zu behandelnden Zahns vom restlichen Mundraum. Die Anwendung von Kofferdam kommt insbesondere bei einer Wurzelkanalbehandlung, einer Kunststofffüllung, einem Keramikinlay oder einer Amalgamentfernung infrage. Neben der Abschirmung des Mundraums für die einfachere speichelfreie Behandlung oder dem Schutz der eröffneten Pulpa vor Keimen wird auch verhindert, dass Fremdkörper verschluckt oder eingeatmet werden können.

Der Kofferdam wurde 1864 von dem New Yorker Zahnarzt Sanford Christie Barnum in die Zahnheilkunde eingeführt. Ursprünglich diente er dazu, das Arbeitsfeld trocken zu halten, da es damals noch keine zahnärztlichen Absauganlagen gab. Mit der Verbreitung der Absauganlagen im 20. Jahrhundert verringerte sich die Akzeptanz des Kofferdams bei Zahnärzten und seine Vorteile gerieten in Vergessenheit (Quelle: Wikipedia). Moderne Behandlungsmethoden, wie z. B. die Anwendung der Dentinadhäsivtechnik, die mit auf Feuchtigkeit sensibel reagierenden Werkstoffen arbeitet (z. B. bei der Herstellung dentinadhäsiv befestigter Säure-Ätz-Mehrschichtrekonstruktionen oder dem adhäsiven Befestigen von Keramikinlays oder keramischem Zahnersatz) führten zu einem Comeback des Kofferdams in die Zahnarztpraxis.

Kofferdam ist nach GOZ-Nr. 2040 abzurechnen

Auch bei der Wurzelkanalbehandlung kann die Behandlung erfolgversprechender sein, wenn das Kanalsystem nicht zusätzlich mit Bakterien aus dem Speichel infiziert wird. Für die GKV-Patienten wird das Anlegen des Kofferdams nach Bema-Nr. 12 (bMF) mit zewn Punkten vergütet. Da im Bema die Nr. 12 nur einmal je Kieferhälfte/Frontzahnbereich abgerechnet werden kann, sind mit diesem Honorar auch weitere besondere Maßnahmen beim Präparieren oder Füllen bereits abgegolten. Fraglich ist, inwieweit das Anlegen des Kofferdams zur vertragszahnärztlichen Leistung gehört.

Grundsätzlich gilt in der vertragszahnärztlichen Abrechnung Folgendes: „Die Begleitleistung teilt immer das Schicksal der Hauptleistung.“ Kofferdam ist also dann nach der GOZ-Nr. 2040 abzurechnen, wenn er für die Behandlung einer privatzahnärztlichen Leistung erforderlich war. Dies gilt dann z. B. bei dem Austausch intakter Füllungen. Füllungsaustausch auf Wunsch muss mit dem Versicherten privat vereinbart werden, eine Mehrkostenberechnung ist nicht zulässig. Alle Begleitleistungen für diesen Füllungsaustausch, wie z. B. Anästhesien, Kofferdamm oder weitere besondere Maßnahmen, sind dann nach der GOZ zu berechnen. Auch das Anlegen des Kofferdams im Rahmen der sogenannten „Amalgamsanierung“ ist nach der GOZ zu berechnen.

Kofferdam und Kompositfüllungen

Ist die Verwendung von Kofferdam dagegen allein durch eine außervertragliche Leistung bedingt, muss sie ebenfalls privat nach GOZ in Rechnung gestellt werden. Im Rahmen der Mehrkostenregelung bei der Versorgung eines Zahns mit Kompositrestaurationen kann die bMF dann als Vertragsleistung über die Krankenversicherungskarte abgerechnet werden, wenn auch die „fiktive“ Füllung das Anlegen von Kofferdam erfordert hätte. Eine präzise Dokumentation ist hier unbedingt vonnöten. Außerdem ist immer das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten.

Das Sozialgericht Frankfurt a. M. hat am 10.09.2003 (Aktenzeichen: S 27 KA 508/03) dazu u. a. Folgendes ausgeführt: „Bei der Anwendung von Kofferdam handelt es sich um keine Praxisbesonderheit, sondern um eine bestimmte Behandlungsmethode. Das Vorliegen einer Praxisbesonderheit setzt voraus, dass sich die Patientenstruktur, d. h. hier das zahnmedizinische Krankheitsbild der Patienten des Vertragszahnarztes, so weit von dem der Patienten der Vergleichsgruppe unterscheidet, dass vermehrt bestimmte Leistungen, hier insbesondere Leistungen nach Nr. 12 (bMF) anfallen.

Ein Vortrag, vermehrt mit Kofferdam zu arbeiten, was vermehrt zu Leistungen nach Nr. 12 (bMF) führe, allein dem zahnmedizinischen Standard entspreche und insgesamt zu Einsparungen führe, aber von der Vergleichsgruppe nicht hinreichend beachtet werde, beinhaltet letztlich die Behauptung, gründlicher und zahnmedizinisch fundierter zu arbeiten. Für eine solche fachliche Zurücksetzung der Fachgruppe besteht aber keine Veranlassung.“

Kofferdam und Endo

Bei Wurzelkanalbehandlungen ist es das Ziel, eine Verunreinigung des Wurzelkanals während der Behandlung zu vermeiden. Die Verwendung eines Kofferdams während der Wurzelkanalbehandlung ist Teil des aseptischen, also keimfreien Konzepts, das für den Erfolg einer Wurzelkanalbehandlung grundlegend ist. Die Deutsche Gesellschaft für Endodontologie und zahnärztliche Traumatologie e. V. (DGET) weist darauf hin, dass das Nichtbeachten dieses aseptischen Konzepts den Erfolg einer Wurzelkanalbehandlung negativ beeinflussen kann. Außerdem wird durch den Kofferdam das Verschlucken und Einatmen von Materialien und Instrumenten verhindert. Die KZBV stellt in ihrem Schnittstellenkommentar fest: „Eine Leistung nach der Nr. 2040 GOZ ist mit Versicherten der GKV vereinbarungsfähig, wenn das Anlegen von Spanngummi im Zusammenhang mit der Erbringung von vertragszahnärztlichen Leistungen nicht erforderlich ist.“

Die Entscheidung, ob ein Kofferdam als vertragszahnärztliche Leistung wirtschaftlich ist, trifft der Zahnarzt (begründet) im Einzelfall. Nach einer Entscheidung des Bundessozialgerichts vom März 2001 ist ein (Zahn-)Arzt nicht berechtigt, bei gesetzlich Versicherten bestimmte, der vertragsärztlichen Versorgung unterliegende Leistungen privat(zahn)ärztlich zu erbringen, wenn er zuvor die Notwendigkeit dieser Maßnahmen in einer vertrags(zahn)ärztlich durchgeführten Untersuchung festgestellt hat.

Die private Abrechnung einer Vertragsleistung ist nur zulässig, wenn die Behandlung von ihrem Wesen her das Maß des Ausreichenden, Wirtschaftlichen und Zweckmäßigen überschreitet oder im Widerspruch zu Bema-Richtlinien steht. Nur wenn eines dieser Kriterien zutrifft, was beim Anlegen von Kofferdam im Rahmen sowohl der endodontischen Behandlung als auch der Füllungstherapie der Fall sein kann, ist – nach schriftlicher Einwilligung des Patienten – eine private Berechnung erlaubt. Wird die Wurzelkanalbehandlung selbst aufgrund des Wirtschaftlichkeitsgebots zu einer Privatleistung, ist selbstverständlich auch das Anlegen des Kofferdams nach der GOZ zu berechnen.

Christine Baumeister-Henning
ist seit 1982 im Praxismanagement aktiv und zertifizierte Z-PMS-Moderatorin, Business-, Team- und Konfliktcoach, Sachverständige für Gebührenrecht.
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