Praxismanagement: Abrechnung

Knochenregeneration abrechnen

Bei der Guided Bone Regeneration (GBR) handelt es sich um Verfahren, die die Regenerationsfähigkeit des eigenen Knochens nutzen, um verloren gegangenen Alveolarknochen beispielsweise nach Extraktionen wieder aufzubauen. Solche Eingriffe sind in der GOZ nur unvollständig beschrieben und müssen – auch zur leistungsgerechten Honorierung – zum Teil analog berechnet werden. Es bieten sich unterschiedliche Berechnungsmöglichkeiten an.


Berechnungsmöglichkeiten der Socket Preservation © Baumeister-Henning


Die Heilung eines Knochendefekts im Bereich des Alveolarkamms verläuft über mehrere Stufen vom Koagulum bis zum reifen, lamellären Knochen. Die klinische Anwendung dentaler Biomaterialien zur Regeneration von neuem oder Erhalt von vorhandenem Gewebe ist als Ergänzung dieses natürlichen Heilprozesses zu betrachten.

Das Entfernen von Zähnen führt zu horizontalen und vertikalen Verlusten des Hart- und Weichgewebes. Zur Gewährleistung einer funktionellen und kosmetischen prothetischen Versorgung muss der Knochen jedoch eine bestimmte Mindestbreite und Höhe an der Implantatstelle aufweisen. Wenn nach einer Zahnextraktion die äußere Umrandung der knöchernen Alveole noch intakt ist, kann die Socket Preservation zur Erhaltung und Regeneration des Kieferknochens angewendet werden. Das Ziel der Socket Preservation ist die Erhaltung des Knochenvolumens. Die Technik der Socket Preservation besteht in einem Auffüllen der Knochenhöhle mit körpereigenem Knochen oder Knocheneratzmaterial.

Gleiche Berechnung gleichwertiger Leistungen

Das Einbringen von Knochenersatzmaterial (z. B. GUIDOR easy-graft) wird als Analogleistung nach § 6 Abs. 1 GOZ berechnet. Werden sowohl Eigenknochen als auch Knochenersatzmaterial in die Alveole eingebracht, dann sind die GOZ-Nr. 9090 und die gewählte Analogposition berechnungsfähig. Sofern Knochen aus einem getrennten OP-Gebiet gewonnen und eingebracht wird, entspricht dies dem Leistungsinhalt der GOZ-Nr. 9140.

Die Analogberechnung erfolgt nach den Vorgaben des § 6 Abs. 1 GOZ: „Selbstständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung berechnet werden. Sofern auch eine nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung im Gebührenverzeichnis dieser Verordnung nicht enthalten ist, kann die selbstständige zahnärztliche Leistung entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung der in Absatz 2 genannten Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte berechnet werden.“

Die Fassung von § 6 Abs. 1 ermöglicht eine analoge Abrechnung aller selbstständigen zahnärztlichen Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis der GOZ nicht aufgenommen sind. Ist eine gleichwertige Leistung in der GOZ nicht enthalten, kann eine Analogabrechnung auch entsprechend einer der in der Neufassung von § 6 Abs. 2 genannten Leistungen des Gebührenverzeichnisses der GOÄ erfolgen.

Berechnungsfähig sind gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 nur selbstständige zahnärztliche Leistungen und damit solche, die nicht bereits ganz oder teilweise im Gebührenverzeichnis der GOZ beschrieben sind. Vielmehr muss es sich um eine eigenständige Leistung handeln.

Berechnung nach Gleichwertigkeit, nicht Gleichartigkeit

So weist bereits § 4 Abs. 2 Satz 2 darauf hin, dass für eine Leistung, die Bestandteil oder eine besondere Ausführung einer anderen Leistung nach dem Gebührenverzeichnis ist, eine besondere Gebühr nicht berechnet werden kann. Soweit mit dem Vorliegen von Modifikationen eventuell Veränderungen in der Schwierigkeit oder dem Zeitaufwand der Leistungserbringung verbunden sind, ist dem daher gegebenenfalls durch entsprechende Anpassung des Steigerungssatzes gem. § 5 Abs. 2 Rechnung zu tragen.

Die selbstständige, nicht im Gebührenverzeichnis enthaltene Leistung kann entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses berechnet werden. Die Regelung stellt damit auf die Gleichwertigkeit und nicht auf die Gleichartigkeit ab. Die Gleichwertigkeitsprüfung hat demnach nicht zwingend anhand des Leistungsinhalts zu erfolgen. Der Zahnarzt hat somit in einer Gesamtbewertung, die er eigenverantwortlich durchzuführen hat, eine Leistung für die Analogbewertung auszuwählen, die unter gleichmäßiger Berücksichtigung aller drei Kriterien mit der erbrachten Leistung noch am meisten vergleichbar ist. Für die Feststellung der Gleichwertigkeit hat der Zahnarzt Art, Kosten- und Zeitaufwand der Leistung mit der hilfsweise zur Berechnung ausgewählten Analogleistung zu vergleichen.

Artvergleich: Dieses Kriterium stellt im Wesentlichen auf das Ziel der Leistung ab oder diese ist vom Behandlungsablauf her der nicht beschriebenen Leistung verwandt. Dabei ist bei der Wahl der Analoggebühr insbesondere darauf zu achten, eine Leistung auszuwählen, die dem gleichen Behandlungsspektrum, also zum Beispiel den konservierenden oder den chirurgischen Leistungen, zuzuordnen ist.

Kostenvergleich: Die Analogleistung soll außerdem nach dem Kostenaufwand vergleichbar sein. Der Kostenaufwand vergleicht die Kosten der Leistungserbringung einschließlich der dazu notwendigen Materialien und ggf. den Einsatz besonders qualifizierten Personals. Dabei ist bei der Betrachtung der Mate‧rialkosten zunächst auf die üblichen Praxiskosten abzustellen. Wird für die analog zu berechnende Leistung ein besonders teures Material verwendet, muss als Analoggebühr entweder eine auch in der Honorarhöhe entsprechende Leistung gesucht werden oder – wenn dies sinnvoll nicht möglich ist – das Material muss zusätzlich berechnet werden. Dann kann der mögliche Einwand der Kostenerstatter, Zahnärzte könnten nur die Materialien berechnen, die die GOZ auch anführt, nicht gelten, denn wenn eine Leistung in der GOZ nicht enthalten ist, kann das für die Leistungserbringung notwendige Material unter Umständen nicht als berechnungsfähig ausgewiesen werden.

Zeitvergleich: Schließlich soll auch der Zeitaufwand vergleichbar sein. Der Zeitaufwand erfordert einen Vergleich der individuell notwendigen Zeit der Leistungserbringung der nicht erfassten Leistung mit dem Zeitaufwand des Zahnarztes für die analog herangezogene Leistung.

Der Zahnarzt hat bei der Analogiebewertung und der Feststellung der Gleichwertigkeit einen Ermessensspielraum. Da i. d. R. nicht eine bestimmte Analogleistung der erbrachten Leistung in allen drei Kriterien im gleichen Maße vergleichbar sein wird, hat der Zahnarzt im Rahmen einer Gesamtbetrachtung seiner Analogberechnung die Leistung zu wählen, die der zu berechnenden Leistung insgesamt am ehesten entspricht.

Rechnungslegung

Bei der Berechnung analoger Leistungen ist § 10 Abs. 4 GOZ zu beachten:

„Wird eine Leistung nach § 6 Abs. 1 berechnet, ist die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis ‚entsprechend‘ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen.“

Das bedeutet, bei der Berechnung ist die tatsächlich erbrachte Leistung für den Patienten so zu beschreiben, dass er es versteht und damit die Möglichkeit hat, die Rechnungslegung zu prüfen. Außerdem ist transparent darzustellen, dass eine Analogberechnung durchgeführt wurde.

Berechnungsmöglichkeiten der Socket Preservation

Knochenregeneration PA-Chirurgie

Die regenerative Parodontalchirurgie wird bei der GOZ-Nr. 4110 mit Knochen, der dem Aufbaugebiet entnommen wurde, alloplastischem Material oder auch Schmelzmatrixproteinen durchgeführt. Die Zielsetzung dieser Leistungsnummer ist ausdrücklich das Auffüllen von parodontalen Knochendefekten. Parodontale Knochendefekte können sich mehrseitig – zum Beispiel mesial und distal – am Parodont darstellen, die Berechnung erfolgt auch dann entsprechend der Leistungsbeschreibung, je Zahn, Parodon‧tium oder Implantat.
Die Leistung ist gemäß der Leistungsbeschreibung auf die Region eines Zahns begrenzt. Eine Volumenvermehrung oder Veränderung der Außenkontur des Alveolarknochens erfolgt nicht. Das Auffüllen knöcherner Defekte, die die Größe einer Zahnregion überschreiten, fällt nicht unter diese Nummer, da kein parodontaler Defekt, sondern ein Knochendefekt des Alveolarkamms/Kieferkörpers vorliegt.
Die Leistung nach der Nummer 4110 wird je Zahn bzw. Parodontium einmal berechnet. Sie ist auch neben anderen parodontalchirurgischen Leistungen berechnungsfähig. Werden in einem Zahnzwischenraum die parodontalen Knochendefekte zweier benachbarter Zähne behandelt, kommt die Nummer zweimal zum Ansatz.

Die Honorierung dieser Leistung ist bei einer durchschnittlichen Schwierigkeit mit 23,28 Euro (2,3-fach) bewertet, so dass je nach Aufwand und Umfang eine adäquate Honorierung nur über eine Vergütungsvereinbarung gemäß § 2 Abs. 1 und 2 der GOZ zu erzielen ist.
Wird zusätzlich Knochen aus einem getrennten Operationsgebiet gewonnen und eingebracht, ist die GOZ-Nr. 9140 je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich für diese Leistung zusätzlich berechnungsfähig.
Eine gesonderte Zielsetzung im Rahmen dieses Eingriffs hat die gegebenenfalls notwendige Weichteilunterfütterung. Diese eigenständige operative Leistung ist zusätzlich mit der GOÄ-Nr. 2442 berechnungsfähig.

Die Materialkosten (zum Beispiel GUIDOR easy-graft, Anästhesiemittel, atraumatisches Nahtmaterial etc.), Begleitleistungen (Anästhesien etc.) und der parodontale Eingriff sind gemäß den Bestimmungen berechenbar.
Wird zusätzlich GUIDOR easy-graft aufgelagert, um die Weichgewebe zu stützen, kann dafür zusätzlich die GOÄ-Nr. 2442 (= 120,66 € bei Faktor 2,3) berechnet werden.

Berechnungsmöglichkeiten der Knochenregeneration im Rahmen der Parodontalchirurgie

Eine Knochenregeneration parodontaler Defekte mit GUIDOR easy-graft ist zusätzlich mit GKV-Patienten vereinbarungsfähig, weil eine vergleichbare Leistung im Sachleistungskatalog der GKV nicht enthalten ist. Die parodontalchirurgischen Leistungen nach BEMA-Nr. P202 und P203 können dann als vertragszahnärztliche Leistung abgerechnet werden, wenn ein Erhalt der Zähne grundsätzlich auch ohne Knochenregeneration möglich wäre. Vor Beginn der Behandlung wird auch in diesem Fall mit dem Patienten eine Vereinbarung gemäß § 4 Abs. 5 BMV-Z bzw. § 7 Abs. 7 EKV-Z getroffen.
Bei der Vereinbarung kann auf die Aufzählung einzelner Gebührenziffern verzichtet werden. Erst bei der Rechnungslegung muss gem. § 10 GOZ jede einzelne Leistung mit Zahnbezug und Steigerungsfaktor benannt werden.

Ein Beispiel für eine Patientenvereinbarung gemäß § 4 Abs. 5d BMV-Z (für Primärkassen) bzw. § 7 Abs. 7 EKV-Z (für Ersatzkassen) steht für Sie auf dentalmagazin.de zum Download bereit.


Die Expertin

Christine Baumeister-Henning

Christine Baumeister-Henning © Privat

Christine Baumeister-Henning
ist seit 1982 im Praxismanagement aktiv und zertifizierte Z-PMS-Moderatorin, Business-, Team- und Konfliktcoach, Sachverständige für Gebührenrecht. info@ch-baumeister.de