Aufbauarbeit
Die Novellierung der GOZ hat die Berechnungsgrundlage für eine vermeintlich simple Leistung wie die Aufbaufüllung nicht vereinfacht. Im Gegenteil. Schon bei der Definition beginnen die Unklarheiten.
Wann ist eine Aufbaufüllung im wörtlichen Sinne tatsächlich eine „Aufbaufüllung“ und als solche zu berechnen? Die Frage klingt so banal, dass sie ganz schlicht in ein oder zwei Sätzen gar nicht zu beantworten ist. Kann die Gebührenordnung mit der entsprechenden Leistungsbeschreibung hier die nötigen Informationen liefern? Was direkt nach der Novellierung der GOZ 2012 dem geneigten Beobachter sofort auffiel, war die unvermindert bescheidene Bewertung dieser Leistung, die Gebühr nach Nr. 2180 GOZ bleibt seit 1987 unverändert. Ein vor allem für die Zahnärzteschaft unschöner Nebeneffekt: Die Berechnungsgrundlagen für diese vermeintlich einfache Leistung wurden darüber hinaus vom Verordnungsgeber nicht im Geringsten vereinfacht formuliert. So verwundert es auch nicht, dass sich Nichterstattungsbescheide gerade zur betreffenden Gebühr nach Nr. 2180 GOZ in letzter Zeit wieder häufen.
Definition
Laut Definition umfasst die Leistungsbeschreibung jedwede Vorbereitung eines zerstörten Zahns zur Aufnahme einer Krone mithilfe von plastischem Aufbaumaterial. Dabei wird vorausgesetzt, dass ein „zerstörter“ Zahn (in Wirklichkeit dessen substanzgeschädigte, defekte klinische Krone) dennoch wiederherstellungsfähig ist, jedoch nur mithilfe einer Überkronung. Erstes Problem: Auch der nicht zerstörte Zahn, der mit einer prothetischen Krone versorgt werden muss, bedarf gegebenenfalls der Vorbereitung mit plastischem, aushärtendem Aufbaumaterial.
Zwischenfazit
Leistungsbeschreibung und Leistungsinhalte der Nr. 2180 sind nicht eindeutig formuliert. Gebührentechnisch „zerstört“ ist ein Zahn, wenn er nur durch Überkronung restauriert werden kann. Eine wörtliche Auslegung der Leistungsbeschreibung „Vorbereitung eines zerstörten Zahns“ lässt die Nr. 2180 GOZ nur dann zur Anwendung zu, wenn noch Restsubstanz des Zahns vorhanden ist, d. h. Anteile der klinischen Krone (nicht allein Wurzelsubstanz), die vorbereitet bzw. ergänzt werden können.
Wenn hingegen gar kein Zahn, also kein Teil der klinischen Zahnkrone, mehr vorhanden ist, sondern nur noch eine verwendungsfähige Wurzel, handelt es sich bei der Vorbereitungsleistung um eine Totalrekonstruktion eines Zahns (Odontoplastik) oder eines Zahnstumpfs (mit „Ferrule-Präparation“ der Wurzel), die in dem Gebührenverzeichnis der GOZ nicht enthalten ist und folglich nur auf dem Wege der Entsprechungsberechnung nach § 6 Abs. 1 GOZ gebührenrechtlich korrekt dargestellt werden kann.
Wann genau ist nun eine Aufbaufüllung tatsächlich auch als eine solche zu berechnen?
Die Leistung nach Nr. 2180 GOZ umfasst keine definitive Restauration eines Zahns im Vorfeld einer Überkronung. Das leuchtet sowohl zahnmedizinisch als auch gebührenrechtlich ein. Jede Aufbaufüllung in der Versorgungsphase mit einer Krone – d. h. bei Beginn der Präparation und vor der Kroneneingliederung – ist eine Leistung nach Nr. 2180 GOZ.
Aufbaufüllungen vor Versorgungsphase
Doch wie verhält es sich mit Aufbaufüllungen, die vor der eigentlichen Versorgungsphase erbracht werden? Die Bundeszahnärztekammer kommentiert dazu: „Kavitätenversorgungen mit Aufbaumaterial, die mit Kauflächenmorphologie und/oder Approximalkontakten gestaltet werden, können nach den Nummern 2050 ff. berechnet werden.“
Und erklärt dabei auch die Gründe für dieses Vorgehen: „Dies kann erforderlich sein, wenn eine klinische Reaktion des Zahns abgewartet werden muss oder wenn die spätere Versorgung des Zahns noch nicht entschieden ist.“ Die privaten Krankenversicherer sehen das anders. In deren Kommentierung PKV publik 04/2012 heißt es u. a.: „Ist das Leistungsziel die Kronenversorgung, stellt sich eine im Vorfeld durchgeführte Füllung als Vorbereitungsleistung dar. …“
Dem muss allerdings gleich in zweierlei Hinsicht widersprochen werden:
- Zielleistungen kennt die GOZ gemäß § 4 (2) 3 GOZ nun bei operativen Leistungen; die konservierende Zahnrestaura‧tion ist keine operative Leistung, insbesondere ist sie kein methodisch notwendiger Bestandteil der Kronenversorgung, da Zahnrestaurationen (aber auch Aufbauten) nachlesbar inhaltlich davon nicht erfasst und nicht in der Kronenbewertung berücksichtigt sind.
- Den Zeitrahmen „im Vorfeld“ kennt die GOZ nicht. Die Versorgung eines Zahns mit einer aushärtenden Restauration (Füllung) vor einer eventuellen und/oder geplanten bzw. möglichen Überkronung kann völlig eigenständig indiziert sein, beispielsweise neben Pulpa-, Wurzelkanal- oder Parodontalbehandlungen. Derart indizierte Füllungen werden alle nicht in der Präparationssitzung gelegt. Die Folge: Die Berechnung von definitiven Füllungen bzw. Restaurationen „ohne oder auch mit Verwendung von Kompositmaterialien in Adhäsivtechnik“ erfolgt dann nach den Nrn. 2050–2120 GOZ.
Diese Ausführungen zeigen, ohne auch nur ansatzweise auf die Allgemeinen Berechnungsbestimmungen zur Ziffer 2180 GOZ einzugehen, wie komplex diese Leistung eigentlich ist. Und da es gerade bei den genannten Berechnungsbestimmungen zusätzlich Einiges zu beachten gilt, wird in einem zweiten, separaten Beitrag dies genauer betrachtet
Steffi Scholl
ist Betriebswirtin für Management im Gesundheitswesen, QM-Praxismanagerin, AZP und arbeitete zehn Jahre lang freiberuflich als Abrechnungsspezialistin. Seit 2011 ist sie bei der Zahnärzt‧lichen Abrechnungsgenossenschaft eG (ZA) in Düsseldorf in der GOZ-Fachabteilung tätig.
Kontakt: sscholl@zaag.de
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