Abrechnung/GOZ

Abrechnung: Provisorien und die novellierte GOZ

„Festsitzende“ Provisorien bieten immer wieder Gelegenheit für Diskussionen mit den Kostenerstattern. Liegt das an unpräzisen Formulierungen oder breiten Interpretationsspielräumen?


proDente


Bei der Novellierung der GOZ mit Geltung ab 2012 hatte der Verordnungsgeber eines sicher nicht im Sinn – mehr Unklarheit zu schaffen als zuvor mit der GOZ ’87. Dennoch erscheint bei einigen Gebührenziffern genau das der Fall zu sein. Als markantes Beispiel zu nennen sind die „festsitzenden“ Provisorien, da diese immer wieder Anlass zu Disputen zwischen privaten Krankenversicherern oder Kostenerstattern einerseits und den Zahnärzten andererseits geben. Woran liegt das? Ist der jeweilige Leistungstext nicht präzise genug formuliert? Ober gibt es gar breitere Interpretationsspielräume?

In einer kleinen Revue der Gebührenpositionen für Provisorien sollen diese einmal genauer betrachtet werden. Schaut man sich beispielsweise die Ziffer 2260 GOZ an, so fällt mit dem Leistungstext „Provisorium im direkten Verfahren ohne Abformung, je Zahn oder Implantat, sowie die Entfernung“ zunächst auf, dass nun auch ausdrücklich Implantate provisorisch versorgt werden können, eine Feststellung, die in der alten GOZ fehlte. Ebenfalls klargestellt ist das „direkte Verfahren“, dies soll eine Anfertigung ohne den Umweg über zahntechnische Modelle bei indirekter Provisorienherstellung verdeutlichen.

Formulierung „ohne Abformung“

Die Formulierung „ohne Abformung“ schließlich soll darlegen, dass ein konfektioniertes Teil verwendet wird (Hülse, Kappe etc.); folglich hat die Erstellung des Provisoriums nicht mithilfe von Abformungsmaterial in einem reponierten, auf den präparierten Zahn (Implantat) wieder aufgesetzten Abdruck zu erfolgen. Dies wäre Leistungsinhalt der Ziffern 2270 bzw. 5120 GOZ.

So ist die Leistung nach Ziffer 2260 berechnungsfähig je Ersteingliederung einer direkt hergestellten und/oder konfektionierten provisorischen Einzelvoll-/-teilkrone auf einem Zahn ohne Zuhilfenahme einer Abformung, bzw. Gleiches gilt für ein direkt hergestelltes provisorisches Einzel-Inlay (On-/ Overlay) und für eine direkt hergestellte Einzelvollkrone auf einem Implantat-Abutment.

So weit erscheint noch alles folgerichtig. So fällt dann der Blick auf die speziellen Berechnungsbestimmungen; dort heißt es unter anderem:

„Bei Verwendung eines konfektionierten Provisoriums sind die Kosten hierfür gesondert berechnungsfähig.“

Das bedeutet: Wird zur Erstellung eines direkten Provisoriums eine konfektionierte Hülse oder Kappe aus Metall, Kunststoff oder Zelluloid benötigt, sind die hierbei anfallenden Materialkosten gesondert ansatzfähig. Dass auch für das Umarbeiten einer solchen Hülse zahntechnische Leistungen nach § 9 GOZ anfallen könnten, wird nicht bestritten, ergo ist davon auszugehen, dass diese ebenfalls gesondert in Ansatz gebracht werden können.

Wiedereingliederung

In einer weiteren Berechnungsbestimmungen wird klargestellt: „Das Wiedereingliedern desselben Provisoriums, gegebenenfalls auch mehrmals, einschließlich Entfernung, ist mit der Gebühr nach Nummer 2260 oder 2270 abgegolten.“ Das gilt auch für Provisorien nach 5120 und 7080 GOZ.

Damit wird deutlich, dass das Wiedereingliedern, beispielsweise nach einer Gerüsteinprobe, Bestandteil der Leistung nach 2260 GOZ ist. Allerdings gibt es wie in vielen anderen Fällen auch hier eine Ausnahme: Wieder- oder Ersteingliederung eines konfektionierten Hülsenprovisoriums durch einen anderen Behandler im Notdienst oder in Vertretung etc. löst den erneuten Ansatz der 2260 aus. Ein entsprechender Hinweis auf der Rechnung wäre nützlich, um die vorliegende Ausnahmesituation nachvollziehbar darzustellen.

Das direkte Provisorium ohne Abdrucknahme mutet auf den ersten Blick vielleicht etwas antiquiert an, es kommt jedoch häufiger in der Praxis vor, als angenommen. So ist für die Umarbeitung einer zu erneuernden Einzelkrone zum Provisorium beispielsweise auch die Nummer 2260 (2270) zutreffend berechnungsfähig. Zahntechnische Leistungen sind hier gesondert ansetzbar, zum Beispiel für das Entfernen von Fremdkörpern -partikeln aus dieser umgearbeiteten Einzelkrone oder für das Umarbeiten zum Provisorium selbst, wie durch Neugestaltung der vorhandenen Kronenränder mithilfe von Provisorienkunststoff etc.

Nicht subsumiert unter der 2260 ist indes ein direktes Provisorium ohne Abformung mit konfektioniertem intrakanalärem Stift als provisorische Stiftkrone. Diese Leistung ist in der GOZ nicht mehr beschrieben und muss folglich auf dem Wege der Entsprechung gem. § 6 Abs. 1 GOZ berechnet werden. Entsprechende Empfehlungen finden sich in der Entsprechungsliste in „Der Praxiskommentar“, S. 660–670.

Noch ein Hinweis zum Schluss: Durch den Beschluss des Bundesrats vom 4. November 2011 wurde eine zeitliche Relation zu den Langzeitprovisorien nach den Nrn. 7080, 7090 GOZ klar definiert: „Beträgt die Tragezeit des festsitzenden laborgefertigten Provisoriums unter drei Monaten, sind anstelle der Leistungen nach den Nummern 7080 und 7090 die Leistungen nach den Nummern 2260, 2270 oder 5120 und 5140 berechnungsfähig.“

Kurzer Hinweis auf die Rechnung

Ein Umstand, der vor allem bei beihilfeberechtigten Patienten immer wieder für zusätzliche Korrespondenz mit dem Kostenerstatter sorgen kann. Deshalb der Tipp: Ist geplant, dass ein eingegliedertes Provisorium die Tragedauer von drei Monaten überschreitet, ist die Berechnung nach den Ziffern 7080 und gegebenenfalls 7090 zutreffend, vielleicht mit einem kurzen Hinweis auf der Rechnung für die Patienten, um den Erstattungsanspruch schneller durchzusetzen. Elegant ist die Möglichkeit, als Bezeichnung der Leistung im Sinne des § 10 (2) 2 GOZ die Formulierung zu verwenden „indirekt zahntechnisch gefertigte provisorische Dreimonatskrone“.

Steffi Scholl
ist Betriebswirtin für Management im Gesundheitswesen, QM-Praxismanagerin, AZP und arbeitete zehn Jahre lang freiberuflich als Abrechnungsspezialistin. Seit 2011 ist sie bei der Zahnärzt‧lichen Abrechnungsgenossenschaft eG (ZA) in Düsseldorf in der GOZ-Fachabteilung tätig.
Kontakt: sscholl@zaag.de