Zahnärztinnen Netzwerk

Wie gelingt es, Praxis und Familie zu vereinbaren?

Im Beruf vorwärts kommen und gleichzeitig für die Familie da sein - wie können Zahnärztinnen diesen Spagat meistern? Dazu sprach das DENTAL MAGAZIN mit Claudia Huhn, Gründerin und Inhaberin des Zahnärztinnen Netzwerks.


Claudia Huhn Foto: Janina Pires


Frau Huhn, gerade hat der zweite Zahnärztinnen Netzwerk Kongress stattgefunden, bei dem es auch um die beruflichen Ziele und Herausforderungen für Zahnärztinnen ging. Welche Ansprüche haben gerade junge Zahnärztinnen heute an ihren Beruf?

Huhn: Die Ansprüche von jungen Zahnärzten und Zahnärztinnen sind in großen Teilen identisch. Die Liebe zum Beruf, also Selbstverwirklichung sind für beide Geschlechter ein großer Anspruch, daneben sicherlich auch die unternehmerische Selbstverwirklichung, im Sinne von freier Entscheidung. Bei den jungen Zahnärztinnen kann nunmehr noch die Dimension der Vereinbarkeit von Kind und Karriere dazu kommen und da liegt die gestalterische Freiheit im Rahmen einer Selbständigkeit nun mal sehr nahe. 

Und was sind dabei die größten Hürden?

Huhn: Ich bin mir nicht sicher, ob wir von Hürden sprechen sollten, Herausforderungen klingen deutlich entspannter. Die Herausforderung für jeden jungen Menschen, der am Beginn seiner Karriere steht, ist zum einen die Definition der eigenen Ziele im Hinblick auf ebendiese Karriere. Will ich selbständig sein und damit auch das unternehmerische Risiko einer solchen Selbstständigkeit tragen oder möchte ich meine Liebe zum Beruf eher als angestellte Zahnärztin ausleben. Begleitend damit gehen die privaten Ziele einher. Will ich Familie ja oder nein, wie kann ich mir ein solches Familienbild vorstellen, klassisch oder modern, will ich in der Hauptrolle „Mutter“ und in der Nebenrolle „Zahnärztin“ sein, weil ich einen Mann habe, der im wesentlichen die Familie ernährt oder ist das Thema „Kinderbetreuung und -erziehung“ ein gemeinsames zwischen  Vater und Mutter, weil ich mir nur eine Vollzeit-Unternehmerinnenschaft vorstellen kann.

Beruf und Familie erfolgreich gestalten

Und bei einer Selbstständigkeit?

Huhn: Im Falle von einer Selbstständigkeit geht der Planungs- und Entscheidungsprozess dann noch weiter. Wie will ich meine Praxis positionieren, wo soll die Praxis sein, welches unternehmerische Bild lebe ich, uvm. Die größte Herausforderung liegt in der Pflicht, Entscheidungen zu treffen, wenn das, was entsteht, am Ende zu mir passen soll.

Gute berufliche Bedingungen sind bei der Arbeitsplatzwahl für viele junge Zahnmedizinerinnen entscheidend. Was können Praxen tun, um sich auf die neue Zahnärztinnen-Generation einzurichten?

Huhn: Junge Zahnmedizinerinnen suchen sich ihren Arbeitsplatz nicht mehr primär nur nach dem Gehalt aus. Themen wie „Wissensaufbau und Kompetenzerweiterung“ sind ebenso wichtig wie eine gute Work-Life-Balance, dazu kommen dann natürlich, sofern notwendig, die Möglichkeiten auf Teilzeit-Wünsche oder -Modelle einzugehen. 

Wie groß ist das Verständnis für Work-Life-Balance und Teilzeitmodelle heute bei Arbeitgebern, aber auch Patienten?

Huhn: Wir befinden uns zur Zeit in einer Umbruchsphase. Viele Arbeitgeber, ob als Zahnarztpraxis oder anderswo, sind Teilzeitmodellen in Verbindung mit verantwortlichen Positionen gegenüber sehr wenig aufgeschlossen. Dort heißt es: Kind und Karriere ja, aber nicht auf Kosten des Unternehmens. Das müssen sie sich vorher überlegen. Auch im Hinblick auf den Bereich „Work-Life-Balance“ denken viele Arbeitgeber noch eher traditionell, d.h. der Job steht an erster Stelle und der Rest des Lebens hat sich gefälligst hinten an zu stellen oder ist de facto nicht mehr existent. Diese Einstellungen werden sich ändern, d.h. die Arbeitgeber werden ein größeres Verständnis für diese Wünsche der Bewerber und Bewerberinnen aufbringen müssen. 

Müssen deshalb, weil es ansonsten für viele Arbeitgeber in Zukunft schwierig werden wird, überhaupt gut qualifiziertes und engagiertes Personal zu bekommen. Solche Unternehmen, die hier keine Möglichkeiten schaffen, werden auf lange Sicht gesehen die sogenannte Dinosaurier-Position einnehmen. Und was mit denen passiert ist, ist uns allen hinreichend bekannt. 

Selbstständig sein und Kinder haben – kein Widerspruch

Selbstständig oder angestellt – was ist besser mit Schwangerschaft, Kindern und Beruf als Zahnärztin vereinbar?

Huhn: Ich bin selbstständig, war einmal schwanger und vereinbare zur Zeit Kind und Beruf. Für mich würde kein anderes berufliches Modell als die Selbstständigkeit in Frage kommen. Die Selbstständigkeit gibt mir das maximale Maß an Flexibilität. Das kann allerdings nur eine Aussage sein, die für mich zutrifft. Für eine andere Frau wäre der Rat zur Selbstständigkeit grundsätzlich falsch. Es kommt auf den Typ Mensch an, der diese Entscheidung treffen will. Wie hoch ist die Affinität unternehmerisches Risiko zu tragen, wie sind die Begleitumstände (Investition, Gewinndruck, usw.) und welches Ziel verfolgt die Zahnärztin. Deshalb gibt es leider keine Pauschalantwort, sondern nur eine Antwort, die für mich selbst funktioniert.