European Federation of Periodontology (EFP)

Weltweites Handeln gegen parodontale Erkrankungen gefordert

Die European Federation of Periodontology (EFP) feiert in diesem Monat nicht nur ein Jubiläum. Passend zum 25. Geburtstag nutzt der wissenschaftliche Dachverband der europäischen Paro-Fachgesellschaften die Gelegenheit, auf einer Fachpressekonferenz in Frankfurt am Main eine globale Allianz für eine bessere parodontale Gesundheit der Patienten zu fordern.


Prof. Søren Jepsen, aktueller Präsident der EFP, ruft zu einer Allianz für die parodontale Gesundheit auf. © Skupin


Die aktuellen Forschungsergebnisse sind eindeutig: Die Zusammenhänge zwischen Parodontitis und systemischen Erkrankungen wie Typ2-Diabetes, kardiovaskuläre Erkrankungen und anderen chronischen Erkrankungen bestehen. Hinzu kommt: neueste US-Studien zeigen, die Behandlung der Parodontitis bei Patienten mit systemischen Erkrankungen bieten auch ökonomische Vorteile. Der Parodontologe beziehungsweise Zahnarzt soll zu einem entscheidenden Akteur im Hinblick auf Verhaltensänderungen und Gesundheitsförderung werden. „Denn die Zahnarztpraxis ist die Gesundheitseinrichtung, die von gesunden Menschen am häufigsten besucht wird“, sagt der amtierende EFP-Präsident Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen. „Dies bietet eine große Chance, Krankheiten vorzubeugen oder sie zumindest im Frühstadium zu erkennen.“

Risikofaktor für Diabetes

Prof. Dr. Ian Chapple, Vorsitzender des wissenschaftlichen Ausschusses der EFP, brachte zur Pressekonferenz hochaktuelle Daten aus Studien mit, die sich mit den Zusammenhängen chronischer Nierenerkrankungen und schwerer Parodontitis beschäftigten. Auch hier gebe es Anzeichen von Auswirkungen der schweren Parodontitis auf die Mortalität der Nierenpatienten. „Die Prävention und Behandlung von Parodontitis wird zukünftig in der öffentlichen Gesundheitsförderung eine bedeutende Rolle spielen“, erläuterte Chapple.

Die Parodontitis ist auch ein Risikofaktor für Diabetes. Nicht nur deshalb nahm mit Dr. David Cavan der Direktor für Politik und Programme bei der Internationalen Diabetesvereinigung (International Diabetes Federation, IDF) teil. „Für mich ist es das erste Mal, dass ich einen Vortrag zum Thema Mundgesundheit in Verbindung mit der Diabetes halte“ ,erklärte Cavan. „Und genau das ist das Problem.“ Es sei ein schlechtes Zeichen, dass der Mund bei den Diabetologen bisher so vernachlässigt wurde.
Dabei ist die Diabetes auf dem Weg, wie Cavan erklärte, zu einer Bedrohung für die Gesundheitsysteme zu werden. Diabetes hat bereits jetzt einen Anteil an 12 Prozent der weltweiten Gesundheitskosten.

Weltweit seien zudem fünf Millionen Menschen an den Folgen der Diabetes gestorben. „Wir müssen unbedingt alle Faktoren in Angriff nehmen, die das Entstehungsrisiko und die Komplikationen eines Typ-2-Diabetes erhöhen. Und es ist klar, dass eine  parodontale Entzündung zu sehr ungünstigen Krankheitsverläufen bei Menschen mit Typ-2-Diabetes beitragen und sogar deren Progression beschleunigen kann“, so Dr. Cavan.  „Deshalb möchte sich die IDF gemeinsam mit der EFP für die Förderung optimaler Mundgesundheit einsetzen. Sie ist ein wichtiger Teil unserer Anstrengungen, Typ-2-Diabetes vorzubeugen und die Betreuung von Menschen mit allen Diabetes-Typen zu verbessern.”

Unterversorgung in Deutschland

Einen Überblick über die Parodontitis in Deutschland gab Prof. Dr. Peter Eickholz, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG Paro). Das tückische an einer parodontalen Erkrankungen ist für ihn, dass die Patienten die Entzündung oft nicht bemerken und deshalb nichts von ihren Problemen wissen. In Deutschland rechnet Eickholz innerhalb der Altersklasse der 35 bis 74 Jährigen mit rund acht Millionen Patienten, die eine schwere Parodontitis haben. Im Jahr 2014 wurden aber beispielsweise nur etwa eine Millionen Parodontitis-Fälle im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung behandelt. Eickholz: „Es  besteht  eine deutliche Unterversorgung der deutschen Bevölkerung hinsichtlich der Parodontalgesundheit. Dies steht im Gegensatz zu der besorgniserregenden Prävalenz der Parodontitis.“ Einige der Ursachen sind für den DG Paro-Präsidenten hausgemacht. Eickholz beklagt den geringen Anteil der Parodontologie in der Ausbildung der Zahnärzte an den Hochschulen und die zu schlechte ökonomische Stellung der PA-Behandlung.

Für die EFP geht es im Jubiläumsjahr auch darum, die Parodontolgie ins Bewusstsein der Bevölkerung zu rücken. Prof. Dr. Juan Blanco, der nach der Hauptversammlung der EFP am 23. April 2016 in Berlin sein  Amt als EFP-Präsident antritt, kündigte an:  „Meine oberste Priorität  ist es, mich dafür einzusetzen,  dass Zahnfleischgesundheit und Zahnfleischerkrankungen verstärkt auf die internationale  Gesundheitsagenda gelangen.“

Der Weg dorthin ist allerdings lang. „Zunächst müssen wir die Politik überzeugen“, sagt Jepsen. Noch immer herrsche dort das Motto: „Eine kleine Zahnfleischentzündung bringt doch keinen um.“ Deshalb gilt es für die EFP den Standpunkt klar zu machen: Eine Verbesserung der parodontalen Gesundheit in Europa würde zur Vorbeugung, Früherkennung und Kontrolle dieser Erkrankungen beitragen und damit Gesundheitsausgaben in Milliardenhöhe einsparen. Verbesserungspotenzial sehen alle Beteiligten auch in der interdisziplinären Zusammenarbeit. Noch stehen Zahnärzte und Allgemeinmediziner, wie Diabetologen, Kardiologen oder Internisten zu wenig im Austausch zu ihren Patienten.

Tag der Parodontologie am 12. Mai

Der Paro-Dachverband ruft auch deshalb am 12. Mai 2016 einen europäischen Tag der Parodontologie aus. Das Motto des Tages lautet „Parodontale Gesundheit für ein besseres Leben“. Ziel ist es, durch die 29 europäischen Mitgliedsgesellschaften darüber aufzuklären, welche Bedeutung parodontale Gesundheit und Erkrankung bei der Vorbeugung, Erkennung und Kontrolle bestimmter chronischer Krankheiten hat.

Passend zum Jubiläum bietet die EFP ab kommender Woche einen überarbeiteten Internetauftritt an. Dort sind auch die wichtigsten Leitlinien zu finden, die in den EFP-Workshops der vergangenen Jahre erarbeitet wurden. Ebenfalls online steht auch das EFP-Manifest „Perio and General Health“, in dem die Schlüsselrolle erläutert wird, die Dentalexperten bei der Verbesserung der Allgemeingesundheit spielen können.

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