Vorsicht bei Parodontitis und Diabetes
Neue Forschungsergebnisse zu Wechselwirkungen zwischen parodontalen und systemischen Erkrankungen haben die European Federation of Periodontology (EFP) und die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DGParo) dazu veranlasst, eine umfangreiche Aufklärungskampagne für ein besseres Mundgesundheitsbewusstsein einzuleiten.
Vor dem Hintergrund neuester Übersichtsarbeiten, die belegen, dass Parodontitis das Risiko unter anderem für Diabetes oder kardiovaskuläre Erkrankungen erhöht, bekommt die Rolle von Zahnärzten und Parodontologen für die Gesundheitsversorgung von Patienten einen noch wichtigeren Stellenwert. Die eindeutigen Zusammenhänge sowie die Entdeckung von plausiblen Mechanismen könnten bewirken, dass die Zahnmedizin durch die Parodontologie zu einer neuen und wichtigen Zusammenarbeit mit dem allgemeinmedizinischen Bereich führt. So könnten regelmäßige Check-ups zur Überprüfung der parodontalen Gesundheit in der Zukunft auch als Screening-Untersuchung für systemische Erkrankungen genutzt werden.
Dies bedeutet, dass Zahnärzte viel enger mit Spezialisten wie Kardiologen und Gynäkologen zusammenarbeiten werden, um frühzeitig auf entsprechende Warnzeichen von Herz–Kreislauf–Beschwerden oder Schwangerschaftskomplikationen hinzuweisen. „Bei ausreichender Evidenz für einen Zusammenhang zwischen Parodontitis und einem erhöhten Risiko einiger systemischer Erkrankungen, wäre der nächste logische Schritt, die klinische Relevanz dieser Effekte zu bestimmen. Letztlich müssen wir dann zeigen, dass die Prävention und Behandlung von Parodontitis sich nicht nur in Bezug auf die Zahnerhaltung lohnt, sondern auch zu klinisch relevanten Verbesserungen dieser systemischen Zustände führt“, betont DGParo-Vorstand Prof. Dr. Thomas Kocher.
Forderung nach fundamentaler Veränderung
Basierend auf der umfassenden Analyse der wissenschaftlich gesicherten Erkenntnisse über Zusammenhänge zwischen Parodontitis und systemischen Erkrankungen fordert die international erarbeitete EFP-Grundsatzerklärung eine fundamentale Veränderung in der Wahrnehmung des zahnärztlichen Zuständigkeitsbereiches hin zu einem Verständnis, auch für eine bessere Allgemeingesundheit zu sorgen. Sie bekräftigt des Weiteren, dass die Bedürfnisse der Patienten am besten durch eine Zusammenarbeit von zahnärztlicher und allgemeinärztlicher Seite mittels interdisziplinärer Ansätze und Leitlinien befriedigt werden können.
Im interdisziplinären Dialog ist Deutschland bereits einen Schritt weiter. Am Beispiel der Wechselwirkung zwischen Parodontitis und Diabetes mellitus hat ein Expertengremium von Diabetologen und Parodontologen, darunter auch DGParo-Vorstände, Empfehlungen für ein abgestimmtes Vorgehen unter behandelnden Ärzten erarbeitet. Gut belegte wissenschaftliche Studien zeigen, dass Parodontitis die glykämische Situation verschlechtert und eine unzureichende Blutzuckereinstellung sich wiederum negativ auf parodontale Erkrankungen auswirkt. „Hier sind die Zahnärzte als regelmäßige Ansprechpartner der Patienten gefordert, die hohe Kontaktrate für eine Verbesserung der medizinischen Versorgung zu nutzen“, appelliert Kocher, der auch Mitglied der Konsensusgruppe Diabetes ist.