30. Kongress der DGI in Hamburg gestartet

Starker Auftakt mit Goldsponsoren-Workshops

Mit Workshops der Founding Goldsponsoren und der Goldsponsoren ist der 30. Kongress der DGI in Hamburg gestartet. Sechs Termine hatten die besonderen Unterstützer-Firmen der Fachgesellschaft für die Tagungsteilnehmer angeboten, in denen das breite Spektrum des Fachs bereits sichtbar wurde.



Beim Workshop der Firma ZIMMER BIOMET stellten Prof. Christian Stappert, Zürich, und PD Dr. Stefan Fickl, Würzburg, ihre klinischen Konzepte zur Implantation im Frontzahnbereich vor. Auch wenn beide Referenten etwas unterschiedliche Ansätze im Therapieverlauf verfolgen, ein gemeinsames Fazit lässt sich ziehen: Mehr Raum für Weich- und Hartgewebe sollten insbesondere in der ästhetischen Zone ebenso das Ziel sein wie ein verstärktes biologisches und minimalinvasives Denken und Handeln. Das oberste Motto in der Erstellung eines Therapiekonzeptes für diesen sensiblen Bereich laute „Less is more“.

Hart- und Weichgewebsaugmentation in der vertikalen Dimension lautete das Thema der CAMLOG-Session. Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden, Kassel, und PD Dr. Michael Stimmelmayr, Cham, skizzierten die Möglichkeiten und Grenzen für erfolgreiche Rekonstruktionen. Beide sind klare Befürworter der Augmentation autologen Knochens bzw. der Weichgewebsaugmentation mit Bindewegebstransplantaten aus dem Gaumen. Durchdachte Hart und Weichgewebsaugmentationen liefern ihrer Ansicht nach deutlich ästhetischerer Ergebnisse als viele Strategien der Augmentationsvermeidung, sagte Terheyden. Kurze Implantate und Sofortimplantation ist für beide nur in Ausnahmefällen die Option der Wahl. Stimmelmayr: „Ich mache maximal 5 Prozent Sofortimplantate.“  

Die „magische Grenze der Knochenaugmentation“ liegt laut Terheyden bei 3, 7 mm, die sich mit Knochenblöcken,  CAD/CAM-Meshes und der Sandwichtechnik  aber überschreiten ließen.

Was ist mit Keramik möglich?

Keramikimplantate standen im Fokus des Workshops von vitaclinical. Diesen nutzte der Moderator des Workshops, Prof. Dr. Dr. Jörg Rudolf Strub, um die gemeinsam mit vitaclincal gestartete Initiative „PROgress in Science an Education with Ceramics“ (PROSEC) vorzustellen. Das implantologische Spezialisten-Netzwerk hat sich der Wissenschaft und Fortbildung auf dem Gebiet der Keramik verpflichtet.

Prof. Dr. Peter Thomas, von der Klinik für Allergologie und Dermatologie im Universitätsklinikum München, präsentierte die neuesten Erkenntnisse zu Risikokonstellationen für Implantat-Unverträglichkeiten. Dabei ging er auch auf die Erfahrungen der Orthopädie und Unfallchirurgie ein. „Ab einem bestimmten Alter hat praktisch jeder Patient Implantate im Körper“, sagte Thomas.

Keine Vorhersagbarkeit von Titan-Allergie

Was eine Risiko-Vorhersage für die Patienten betrifft, musste Thomas die Teilnehmer enttäuschen. „Es gibt kein verlässliches Verfahren, dass die Titan-Allergie vorhersagen lässt.“ Selbst für die Frage, ob Titan-Allergie bei Zahnimplantaten wirklich ein Problem sei oder nur ein Mythos, gebe es keine Evidenz-gestützte Antwort. „Wir brauchen einfach mehr Studien“, forderte Thomas.

Prof. Dr. Dr. Jens Fischer, Leiter der Forschung und Entwicklung bei Vita Zahnfabrik, stellte das ceramic implant von vitaclinical genauer vor. „Zirkonoxid ist bei Keramikimplantaten das Material der Wahl“, betonte Fischer. Es habe sich bewährt und werde auch durch klinische Daten unterstützt. Was Oberflächenrauhigkeit und Osseointegration betrifft, gebe es noch zu wenig Evidenz. „Die prospektiven Daten, die uns vorliegen, sind sehr vielversprechend“, sagte Fischer.

Erweiterung des Behandlungsspektrums

Erfahrungen aus der Klinik mit Keramikimplantaten brachte Prof. Dr. Wael Att, Freiburg, mit. „Zirkonimplantate bieten eine Erweiterung des Behandlungsspektrums“, betonte Att. Wie verhält es sich aber mit Keramikimplantaten in der Praxis? Darüber berichtete Dr. Sigmar Schnutenhaus, niedergelassen in Hilzingen, der bereits seit mehr als zehn Jahren mit verschiedenen Keramikimplantaten arbeitet. Für ihn sind diese mehr als nur Praxismarketing. „Es gibt ein Bedürfnis der Patienten nach anderen Materialien“, erklärte Schnutenhaus. Deshalb habe er entsprechend seine Patientenaufklärung angepasst. Für ihn sind, auch nach anfänglichen Misserfolgen, Keramikimplantate reif für die Praxis.

Der Workshop der Firma Straumann,  befasste sich mit moderne implantologischen Versorgungskonzepten. Dabei verwies PD Dr. Arndt Happe, Münster auf fünf Schlüsselfaktoren für die Ästhetik:
               
. korrekte dreidimensionale Position des Implantats
                . adäquate Knochenarchitektur und stabiles Knochenvolumen
                . adäquate Weichgewebsdicke und –qualität (biologisches Siegel)
                . transmukosale Form, Material und Oberfläche von Abutment und Restauration
                . Entwicklung und Erhalt der Weichgewebskontur

Im Doppelvortrag befassten sich Prof. Bilal Al-Nawas und der Prothetiker Dr. Stefan Wentaschek, Mainz, mit der Planung von Chirurgie und Prothetik im teil- und im unbezahnten Kiefer. Kurze Implantate werden in Mainz überwiegend verblockt. Empfohlen wird die Verschraubung von Restaurationen, weil die Komplikationen beim Zementieren deutlich größer sind. Al-Nawas: „Ich setze distal hinten kein durchmesserreduziertes Implantat.“ Die beiden Referenten empfahlen beim CAD/CAM-Einsatz, 2 mm Sicherheitsabstand zu halten, Flapless oder mit Flap zu behandeln, keine knochengestützten Schablonen zu verwenden und möglichst „fully guided“ zu arbeiten.

Vorhersagbarkeit von Augmentationen

Ein „Herz für Augmentationen“ zeigten die Teilnehmer im Workshop von Geistlich Biomaterials am Nachmittag. Das betonte Dr. Thomas Braun, Geschäftsführer bei Geistlich Biomaterials, in seiner Begrüßung. Mit der gesteuerten (GBR) und der individualisierten Knochenregeneration (CBR) beschäftigte sich der erste Referent  Dr. Keyvan Sagheb, Mainz. Die Vorhersagbarkeit der Augmentation sei demnach möglich. „Zumindest wenn der Patient alle Komponenten für die erfolgreiche Augmentation mitbringt“, erklärte Sagheb. Bei den Membranen favorisiert er in Mainz eine Anreicherung der Membran mit PRF (Platelet-rich fibrin). Das „Instrument des Jahres war in Saghebs Abteilung im vergangenen Jahr der Knochenschaber. „Er funktioniert, es ist minimal-invasiv und wir gewinnen ausreichend vitales Knochenmaterial für den Aufbau.“

Titangitter verkürzt die OP-Zeit

Sagheb favorisiert zudem die Augmentation mit einem Patienten-individualisierten, CAD/CAM-gefertigten Titangitter. Ein bisschen entferne man sich dadurch von den Knochenblöcken. „Aber wir können die Vorteile der granulären Knochenersatzmaterialien nutzen.“ Zwar sei die Methode sehr zeitaufwändig, auch ist ein Re-Eingriff nötig, um das Gitter später wieder zu entfernen. „Aber die reine OP-Zeit wird maximal verkürzt.“

Was aber, wenn die Alveole infiziert ist und eine Augmentation nötig ist? Darüber sprach Prof. Dr. Ralf Rößler, Köln. Er stellte sein Praxiskonzept zur Versorgung der infizierten Alveole vor. Rößler präferiert eher einen konservativen Ansatz, zeigte Wege für den Fokus auf Hartgewebe-Ausheilung oder Volumenerhalt.

Augmentationsvermeidung

Um Strategien zur Augmentationsvermeidung versus minimalinvasive und umfangreiche Knochenaugmentation drehte sich der Workshop von Dentsply Sirona Implants unter der Moderation von Prof. Dr. Dr. Knut A Grötz. Mit dabei „Schalentechnik-Künstler“ Prof. Dr. Fouad Khoury, Olsberg, und Prof. Dr. Dr. Wilfried Wagner, Mainz. Wagner ist definitiv kein Gegner von Augmentationen, möchte aber jede Möglichkeit nutzen, um Patienten diesen invasiven Eingriff zu ersparen. Als besonders geeignet dafür betrachtet er das Profile EV Implantat für den schräg atrophierten Kiefer, einer der häufigsten Atrophien.

Dass sich Implantate mit abgeschrägter Schulter im Praxisalltag bewähren, belegt eine aktuelle Feldstudie mit Beteiligung von mehr als 24 niedergelassenen Kollegen.  Es gab nur zwei Misserfolge. Im Workshop  betonten beide Diskutanten zudem die Wichtigkeit des Weichgewebsmanagements. Spannend: Das altbekannte Tübinger Sofortimplantat weist in puncto Geometrie deutliche Ähnlichkeiten mit dem Profile auf, wie Wagner erklärte, der sich damit intensiv befasst hat.