Sind Komplikationen am Implantat vermeidbar?
Mit dem 10. Experten-Symposium stellt der Bundesverband der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ EDI) ein Thema in den Fokus, bei dem richtig heiß diskutiert wird: Entzündungen am Implantat – schicksalhaft oder vermeidbar?

Foto: BDIZ EDI
Das 10. Experten-Symposium wird sich am 15. Februar in Köln mit biologischen Komplikationen rund um das Implantat beschäftigen. Im Interview in der Fachzeitschrift „BDIZ EDI konkret“, bezeichnet Dr. Jörg Neugebauer (Landsberg) die mikrobiologische Belastung als Hauptproblem, das zu einer klinisch manifestierten Periimplantitis führen kann.
„Bei einem parodontal geschädigten Zahnsystem ist die mikrobiologische Belastung eindeutig höher als in einem gesunden Mundmilieu“, sagt Neugebauer. Allerdings sei nicht dieser Faktor allein für die periimplantäre Entzündung relevant. Aber in Kombination mit einem periimplantitisanfälligen Implantatmaterial, wenig stabilen Augmentationsmaterialien oder einer nicht adäquaten Operationstechnik könne das Auftreten einer Periimplantitis begünstigt sein.
Keine Therapie mit Antibiotika im niedrigen Dosisbereich
Skeptisch zeigt sich Neugebauer in Bezug auf die Antibiotikatherapie bei bereits aufgetretener Entzündung am Implantat. Aufgrund der zunehmenden Resistenzbildung in den vergangenen Jahren sei die Behandlungsmöglichkeit für internistische Erkrankungen zunehmend eingeschränkt. Aus diesem Grund rät er von einer Therapie mit Antibiotika im niedrigen Dosisbereich ab. In den vergangenen Jahren hätten sich unterschiedliche Verfahren der physikochemischen Desinfektion etabliert. Diese alternativen Verfahren seien aber schulmedizinisch nicht anerkannt und würden somit von den Versicherungen (noch) nicht erstattet.
Kontrovers diskutiert werden dürften sicherlich die Ausführungen der Referenten des Experten-Symposiums. Während Prof. Dr. Dr. Ralf Smeets von der Universität Hamburg-Eppendorf die Periimplantitisbehandlung mit lokaler Antibiotika-Applikation vorstellt, sieht Prof. Dr. Dr. h.c. Anton Sculean, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Parodontologie, in der aPDT-Therapie auch im implantologischen Bereich eine wertvolle Alternative zur Verabreichung von Antibiotika.
Periimplantitis: keine genetische Disposition
Buchstäblich in die Tiefe gehen die Ausführungen von Prof. Dr. Tomas Albrektsson aus Göteborg, der die Auffassung vertritt, dass es sich bei einer Periimplantitis – anders als bei der Parodontitis – nicht um eine genetische Disposition handelt, sondern um die Immunreaktion auf Fremdmaterial. Anders sieht das Prof. Dr. Tom van Dyke, der an der Forsythe-Universität Cambridge (MA) die komplexen Zusammenhänge zwischen phagozytischen Zellen (sog. Fresszellen) und ihrem Umfeld (Mikroorganismen) unter dem Aspekt der parodontalen und Infektionskrankheiten untersucht. Er nennt Parodontitis und Periimplantitis Erkrankungen, die durch einen oralen mikrobiellen Biofilm ausgelöst werden.
Prof. Dr. Henri Tenenbaum von der Universität Straßburg fordert standardisierte und international anerkannte Verfahren, um unterschiedliche Studien vergleichbar zu machen. Die Definition der Periimplantitis könne nicht bloß an radiologischen Befunden festgemacht werden, sondern müsse klinische Parameter einbeziehen. Prof. Dr. Marc Quirynen von der Katholischen Universität Leuven legt für die Periimplantitis einen Katalog von Kausalitäten zugrunde. Aber: Für ihn ist das Vermeiden einer einzigen Ursache nicht zwangsläufig mit dem Verhindern der Erkrankung verbunden.
Das Symposium verspricht Ursachenforschung und ein spannendes Zusammentreffen von Verfechtern unterschiedlicher Therapieansätze. Die Europäische Konsensuskonferenz des BDIZ EDI (EuCC) wird mit den Referenten einen neuen Praxisleitfaden zum Umgang mit Entzündungen am Implantat erstellen, der auf der IDS erstmals vorgestellt werden wird.
Der wissenschaftliche Leiter des Symposiums, Priv.-Doz. Dr. Jörg Neugebauer, hat in einem Interview im BDIZ EDI Stellung zu den biologischen Komplikationen bezogen.
Link zum Interview.