Parodontitis-Patienten erkranken häufiger schwer an COVID-19
Wer an Parodontitis leidet und sich mit SARS-CoV-2 infiziert, hat ein deutlich höheres Risiko für einen schweren Erkrankungsverlauf. Das konnten die Daten einer aktuellen, in Katar durchgeführten Studie zeigen. Den Ergebnissen der Forschungsarbeit zufolge wurden COVID-19-Patienten mit Parodontitis häufiger auf intensivmedizinischen Stationen behandelt, benötigten öfter unterstützende Beatmung und starben in deutlich mehr Fällen als parodontal gesunde COVID-19-Patienten. Warum das so ist und was sich daraus für den Schutz von Parodontitis-Patienten ableiten lässt, konnten die Wissenschaftler ebenfalls eruieren.
Im Zuge der aktuellen SARS-CoV-2-Pandemie hat sich gezeigt, dass diverse Vorerkrankungen bei COVID-19-Patienten das Risiko für einen schweren Verlauf erhöhen können. Einer dieser Risikofaktoren ist die Parodontitis. Zu diesem Schluss kam eine aktuelle Studie, die ein internationales Forscherteam zwischen Februar und Juli 2020 als Fall-Kontroll-Studie mit 568 Patienten in Katar durchführte. Als Grundlage für ihre Forschungsarbeit nutzten die Wissenschaftler die nationalen elektronischen Patientenakten. Mit deren Hilfe konnten sie auf medizinische und zahnmedizinische Daten zugreifen.
Patienten mit Parodontitis sterben neunmal häufiger an COVID-19
Bei 40 der in die Studie eingeschlossenen Probanden kam es infolge der COVID-19-Infektion zu Komplikationen wie unterstützter Beatmung, Aufnahme auf eine Intensivstation oder Tod. Nachdem die Studienautoren Faktoren wie Alter, Geschlecht, Nikotinkonsum und Body-Mass-Index berücksichtigt hatten, werteten sie die Daten weiter aus. Das Ergebnis: COVID-19-Patienten mit Parodontitis wurden 3,5-mal häufiger intensivmedizinisch versorgt als solche ohne Zahnfleischentzündungen. Auch bei der Beatmung benötigten sie 4,5-mal öfter Unterstützung durch Geräte als parodontal gesunde COVID-19-Patienten. Zudem lag das Risiko für einen tödlichen Ausgang der SARS-CoV-2-Infektion bei Parodontitis-Patienten fast neunmal höher. Außerdem wiesen die COVID-19-Patienten mit Parodontalerkrankungen einen höheren Spiegel von Biomarkern auf, die mit Entzündungen in Verbindung stehen.
„Damit unterstreicht diese Studie die Bedeutung der parodontalen Gesundheit hinsichtlich der Prävention und möglicherweise sogar des Managements von COVID-19-Komplikationen“, ordnet die Deutsche Gesellschaft für Parodontologie (DG Paro) den Stellenwert der Studie ein.
Keime aus der Mundhöhle tragen zu Verschlechterung bei
Auch auf die Frage, warum ausgerechnet Parodontitis-Patienten so vulnerabel für schwere COVID-19-Verläufe sind, deuten sich erste Antworten an. So beobachtete Mariano Sanz, einer der Studienautoren, dass COVID-19-Patienten mit Parodontitis orale Bakterien einatmeten. Auf diese Weise infizierten die Keime aus der Mundhöhle die Lunge der COVID-19-Patienten – insbesondere bei solchen Patienten, die im Rahmen ihrer COVID-Behandlung an ein Beatmungsgerät angeschlossen waren. Dies könne zu einer Verschlechterung beitragen und das Mortalitätsrisiko für COVID-19-Patienten erhöhen, so Sanz. Der Wissenschaftler empfiehlt Krankenhauspersonal daher, COVID-19-Patienten mit Parodontitis frühzeitig zu identifizieren und mit oralen Antiseptika zu behandeln. So lasse sich eine Übertragung von Bakterien vermindern.
Auch DG PARO-Präsidentin Prof. Bettina Dannewitz betrachtet die Feststellung und Aufrechterhaltung der parodontalen Gesundheit als wichtigen Bestandteil der Versorgung von COVID-19-Patienten. „Mundpflege sollte Teil der Gesundheitsempfehlungen sein, um das Risiko für schwere COVID-19-Ergebnisse zu verringern“, so Dannewitz. Sie empfiehlt regelmäßige zahnärztliche Kontrollen auch und besonders während der Pandemie, um Patienten vor vermeidbaren Risikofaktoren für einen schweren COVID-Verlauf zu schützen.
Für detailliertere Informationen gibt es die Originalstudie hier noch einmal im Volltext.
Quellen: Marouf N, Cai W, Said KN, et al.: Association between periodontitis and severity of COVID-19 infection: a case-control study. J Clin Periodontol, 2021: doi:10.1111/jcpe.13435; DG PARO