Notwendig versus machbar
Müssen Zahnärzte angesichts der demografischen Entwicklung ihr Behandlungs- und ihr Versorgungsspektrum ändern? Inwiefern ist die Zahnärzteschaft dafür gewappnet? Und: Welche Medikamente sind bei der Behandlungsplanung zu berücksichtigen? Diese Fragen standen im Fokus der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie in Erfurt.
Eine klassische Altersbehandlung gibt es nicht, doch es ist wichtig, sich auf den älteren Patienten einzustellen. Denn mit zunehmender Morbidität steigt auch der Medikamentenkonsum. Und speziell bei den Gerinnungshemmern müssen sich Zahnärzte mit neuen Präparaten auseinandersetzen, wie DGZMK-Präsident Prof. Dr. Dr. Henning Schliephake (Göttingen) in seinem Vortrag betonte. Er skizzierte die Wirkungen unterschiedlicher Gerinnungshemmer und beschrieb mögliche Komplikationen im Zusammenhang mit zahnärztlichen chirurgischen Eingriffen und Antikoagulantien beim älteren Menschen. Vor allem bei Nierenproblemen sei Vorsicht geboten, warnte er.
„Ich freue mich, als Dorfzahnarzt hier referieren zu dürfen.“ Mit diesen Worten leitete „DGP-Urgestein“ Dr. Wolfgang Westermann aus Emsdetten seinen Rückblick auf 30 Jahre Parodontitistherapie mit dem Titel „Dumm gelaufen oder alles wunderbar? Auch das Parodont altert“ ein. Anhand ausgewählter Fallbeispiele präsentierte er nicht nur das ganze Spektrum möglicher parodontaler Schädigungen, sondern auch das Potenzial und die Bedeutung systematischer Behandlungstherapien. „Wenn zu mir ein Neupatient kommt, gehe ich davon aus, dass er 85 Jahre alt wird“, sagte er. Und um einschätzen zu können, wie „jung“ seine älteren Patienten sind, „frage ich einfach mal, ob sie mit dem Fahrrad gekommen sind“. Er möchte die Zähne seiner Patienten so lange wie möglich erhalten, selbst dann, wenn die Ästhetik nicht mehr mitspielt. Extrem wichtig ist ihm die Initialtherapie. Sie zählt in seiner Praxis zum Pflichtprogramm, auch für GKV-Patienten. Westermann: „Wer das nicht wünscht, der hat einen neuen Zahnarzt.“
Bei seiner Vorstellung der „bayrischen Lösung der Alterszahnmedizin“ räumte Prof. Dr. Christoph Benz, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer und Präsident der BLZK, mit der Vorstellung auf, mit Beginn der Pflege müssten die Zähne raus. „Da kann man ja auch direkt auf die Magensonde umstellen“, sagte er.
Lokale Antibiotika bei PA-Patienten
Große Beachtung fand die Präsentation aktueller Erkenntnisse zur lokalen Antibiotikagabe in der täglichen Praxis. Prof. Dr. Petra Ratka-Krüger, Freiburg, stellte die Ergebnisse einer deutschlandweiten Anwenderbeobachtung (150 Zahnärzte, 451 Patienten) vor. Ergebnis: Auch unter Praxisbedingungen ist durch den Einsatz von Ligosan Slow Release (Heraeus Kulzer) eine signifikante Reduktion der Sondierungstiefen und eine Verbesserung des Attachment-Levels erzielbar. Selbst in der Periimplantitistherapie wird Ligosan inzwischen eingesetzt. Hier handele es sich allerdings um einen „Off-Label-Use“, wie DGParo-Präsident Prof. Dr. Peter Eickholz unterstrich.