Auf ein Wort

Norbert Froitzheim trifft Dr. Werner Groll von Dentsply Implants

Während des 28. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Implantologie trafen sich Norbert A. Froitzheim, Geschäftsführer und Verleger des Deutschen Ärzte-Verlags, und Dr. Werner Groll, Group Vice President von Dentsply Implants, zum Interview in Düsseldorf.


Dr. Werner Groll (links im Bild) und Norbert A. Froitzheim trafen sich beim DGI-Kongress 2014 in Düsseldorf zum Gespräch. js


Herr Dr. Groll, seit 31 Jahren arbeiten Sie für Dentsply Implants, nun feiern Sie Ihren Ausstand. Was hat Sie zu diesem Schritt bewogen?
Ich habe einen erheblichen Teil meines Lebens dem Management des Dentalgeschäfts von Degussa Dental und Dentsply gewidmet. Es macht mir immer noch Spaß, mit leidenschaftlichen Kollegen und inspirierenden Kunden zusammenzuarbeiten. Doch es gibt auch ein Leben neben der Arbeit, das aufgrund meiner geschäftlichen Verpflichtungen meistens zu kurz gekommen ist. Ich möchte mein berufliches Engagement jetzt reduzieren und wesentlich mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden verbringen.

Wer wird Ihr Nachfolger als Group Vice President?
Nachfolger ist Dr. Matthias Kühner, der bisher Geschäftsführer der VDW GmbH in München war. Er ist von Hause aus Zahnarzt und hat auf seinem beruflichen Weg in der Degussa AG und in der Dentsply DeTrey Erfahrungen in vielen Bereichen des Dentalmarktes und der Führung eines Unternehmens gesammelt.

Wann hat sich für Sie abgezeichnet, dass Ihr beruflicher Weg Sie in die Implantologie führt?
Ich denke das war Anfang der 90er, als ich in dem Geschäftsbereich Dental der Degussa AG für den Bereich „Neue Geschäfte“ zuständig war. Wir waren ja damals sehr stark im Bereich Prothetik, sahen aber sehr deutlich, dass die moderne Prothetik ohne Implantologie zukünftig nicht denkbar sein wird. Deshalb suchten wir verstärkt nach Möglichkeiten, in diesem Bereich zu expandieren.

Mit dem „NM-System“ von Krupp Medizintechnik haben Sie 1993 Gespür für innovative Konstruktionsprinzipien bewiesen und das System unter dem Namen „Ankylos“ zu einem weltweit führenden Implantat ausgebaut. Warum galt das System damals zunächst noch als umstritten?
Es widersprach allen gängigen Konstruktionsprinzipien der damaligen Implantologie. Insbesondere die Stufe am Übergang Implantat/Aufbau, die durch die Konusverbindung ja konstruktiv vorgegeben war, erzeugte zunächst manch negative Kommentare oder wurde gar belächelt als parodontale Schmutznische. Aber genau das Gegenteil war der Fall – extrem hohe Gewebestabilität, die ja heute auch nachgewiesen ist. Und es gibt viele, die auf den Zug aufgesprungen sind – auch die, die das Prinzip damals belächelt haben.

Was hat Sie dazu bewogen, dennoch auf dieses Konstruktionsprinzip zu setzen?
Zunächst mal die klinischen Daten. Die Ankylos-Implantate (damals noch NM) wurden ja bereits 1987 erstmals an der LMU in München eingesetzt. Als wir das System 1993 übernahmen, hatten wir klinische Daten über fünf Jahre, die tatsächlich die gute Stabilität des periimplantären Knochens bestätigten. Und als Ingenieur war ich natürlich von dem Konstruktionsprinzip des Konus überzeugt – stabil, dicht und frei von Mikrobewegungen.

Wie ging es danach weiter?
Zu Beginn war das System etwas rudimentär – insbesondere von der prothetischen Seite, von der instrumentellen Ausstattung und der Indikationsbreite. Aber das war dann ja auch die Aufgabe der industriellen Seite, das System mit den klinischen Partnern und Erfindern weiterzuentwickeln. Erste wichtige Maßnahme bezog sich auf das Handling der Implantate durch eine neue sterile Verpackung und eine (damals) moderne Kassette. Wir ergänzten das System um weitere Implantatlängen, insbesondere kürzere Implantate bis 8 mm. Ein wichtiger Meilenstein war die Entwicklung des prothetischen Aufbausystems „Balance“ mit einer Linie für den posterioren Bereich und einem damals revolutionären anatomisch geformten anterioren Aufbau – CAD/CAM gab es da noch nicht. Ende der 90er-Jahre entwickelten wir dann das patentierte SynCone Konzept, basierend auf einer Idee von Dr. Dittmar May, ein System zur Sofortversorgung. Sofortbelastung war im Übrigen ein Thema, das mich schon seit 1995 begleitete, wo wir gemeinsam mit Professor Romanos und der Universität Malaysia wissenschaftliche Untersuchungen zu diesem Thema begonnen hatten. Anfang 2000 brachten wir die ersten Keramikpfosten aus umwandlungsverstärktem Zirkonoxid auf Basis des Balance-Systems auf den Markt – damit waren wir auch auf diesem Sektor Vorreiter. Und vieles mehr. Zum Beispiel die Friadent-Plus-Oberfläche nach dem Zusammenschluss mit der damaligen Friadent GmbH in 2001, Ankylos C/X mit der Option der Indexierung, und dann natürlich auch die vielen Ergänzungen zum XIVE-System.

2011 erfolgte die Fusion von Dentsply Friadent und Astra Tech Dental zu dem neuen Unternehmen Dentsply Implants. Wie haben Sie diesen Zusammenschluss erlebt – zunächst als Geschäftsführer von Dentsply Friadent und dann als Group Vice President von Dentsply Implants?
Sowohl die Integration selbst als auch das Ergebnis hat für mich überwiegend positive Aspekte. Natürlich flößt ein Zusammenschluss zweier führender und konkurrierender Unternehmen erst einmal viel Respekt ein, wirft sehr viele Fragen auf und geht natürlich nicht ohne die Akzeptanz für Veränderungen. Aber beide Unternehmen, die Astra Tech und die Friadent sind den Integrationsprozess sehr professionell und offen angegangen. Die Menschen in den Unternehmen haben sich zuerst kennen und dann schätzen gelernt. Und so haben wir es geschafft, ein heute gut aufgestelltes neues, deutlich größeres und damit wettbewerbsfähiges Unternehmen Dentsply Implants zu schaffen. Die Portfolios beider Unternehmen und die Präsenz in den unterschiedlichen Ländern haben sich ideal ergänzt. So können wir unseren Kunden heute ein umfassendes Angebot von therapeutischen Lösungen anbieten, die den gesamten Behandlungsablauf begleiten. Viele unserer heutigen Marken habe im Wesentlichen dazu beigetragen, neue Technologien am Markt zu etablieren, neben unseren Implantatsystemen zum Beispiel die patientenindivuellen Atlantis CAD/CAM-Abutments, die computergeführte Chirurgie mit Simplant und die Implantat-Suprastrukturen von Atlantis ISUS.

Werfen Sie für uns abschließend noch einen Blick in die Zukunft: Was sind die Herausforderungen, denen sich die Implantologie Ihrer Meinung nach in den kommenden Jahren stellen muss?
Die dentale Implantologie ist nach wie vor eine der komplexeren Behandlungsverfahren in der Zahnmedizin. Wer sich in diesem Segment betätigen will, braucht zunächst eine gute Ausbildung, um die Zusammenhänge zu verstehen. Gute Ausbildung ist nur möglich, wenn genügend klinische und wissenschaftliche Erkenntnisse über die Auswirkung von Behandlungsverfahren und die vorhersagbare Funktion von Produkten vorhanden ist. Deshalb ist auch in Zukunft gute Ausbildung nur auf der Basis wissenschaftlicher Forschung und klinischer Dokumentation möglich. Das ist auch in Zukunft das Fundament der Dentsply Implants. Es geht nicht darum, eine Schraube in den Knochen zu setzen, sondern Therapielösungen und insbesondere prothetische Konzepte anzubieten, die dem Patienten langfristig Ästhetik und Funktion zu gewährleisten – das ist die Verantwortung in der wir uns sehen.Und dies immer weiter zu optimieren, wird für uns Herausforderung bleiben. Die digitale Zahnmedizin wird sich in den nächsten Jahren deutlich weiter auf dem Vormarsch befinden. Hier gilt es insbesondere, die Verfahren deutlich anwenderfreundlich zu gestalten und mit hohem Servicegrad der Industrie den Aufwand für den Einzelnen zu minimieren. Ein gutes Beispiel ist dafür das Online-Bestell-System „Atlantis WebOrder“, das den Siegeszug dieser Technologie erst ermöglicht hat. Zum anderen werden wir einen Schritt weg von der rein mechanistischen Denkweise hin zu einem Verständnis der biologischen Vorgänge um Knochen und Weichgewebe gehen. Ich bin sicher, dass dieser Weg zu deutlichen Fortschritten in der zahnmedizinischen Implantologie führen wird – zum Wohle unserer Patienten. Allerdings wird hierzu auch erheblicher Forschungsaufwand erforderlich sein, um entsprechende neue Produkte zu entwickeln und deren Wirkung klinisch sicher zu stellen. Nur Firmen, die die entsprechende Erfahrung und wissenschaftliche Basis haben, werden hier mittelfristig folgen können. Und dementsprechend werden wir wie in den vergangenen Jahren Anbieter von Implantaten kommen und gehen sehen. 60 Prozent der Anbieter, die vor 20 Jahren irgendwo auf diesem Globus Implantate angeboten haben, sind wieder verschwunden. Und die, die gehen, könnten eine Herausforderung für alle Behandler werden. Ich bin mir sicher, dass es die DENTSPLY Implants auch in 100 Jahren noch geben wird und dass sich das Unternehmen, so wie es jetzt aufgestellt ist, weiterhin ganz hervorragend als Premium-Hersteller im Markt behaupten wird.