Neue Klassifikation vorgestellt
Offiziell wurde auf der derzeit laufenden EuroPerio9 in Amsterdam die neue Parodontitis-Klassifikation präsentiert. Diese Aktualisierung ist Basis einer international standardisierten Diagnostik und Therapie. Federführend beteiligt an den Passagen zur Periimplantitis war DGI-Präsident Prof. Frank Schwarz.
Diese neue und umfassende Einordnung parodontaler und periimplantärer Erkrankungen wurde entwickelt aus aktuellen Studiendaten. Mit dieser Klassifikation wird ein stufen-basiertes System zur Abgrenzung von Schweregrad und Ausmaß der Parodontitis angeboten. Hierbei wird auch der allgemeinmedizinische Gesamtzustand der Patienten berücksichtigt. Parallel zur Präsentation auf dem EuroPerio-Kongress 2018 wurde die komplette Arbeit auch in den Journalen beider Fachgesellschaften, dem Journal of Clinical Periodontology der European Federation of Periodontology (EFP) und dem Journal of Periodontology der American Academy of Periodontology (AAP), veröffentlicht.
“Diese Arbeit war eine große Herausforderung, aber das Ergebnis ist von zentraler Bedeutung. Durch die Klassifikation können wir sicherstellen, dass eine internationale Sprache für die klinische Behandlung, Forschung und Ausbildung etabliert wird und somit die Klassifikation von 1999 angepasst wird. Hier mussten wir einfach der enormen Entwicklung der wissenschaftlichen Erkenntnisse der vergangenen 20 Jahre Rechnung tragen”, sagte Prof. Dr. Iain Chapple, Generalsekretär der EFP und Co-Chair der Gruppe 1 des Workshops.
Workshop findet globalen Konsens
Zum ersten Mal ist in der neuen Klassifikation der gesunde Zustand beschrieben, während die Parodontitis in vier verschiedene Stufen gegliedert wurde: von Stufe 1 (geringe parodontale Erkrankung) bis Stufe 4 (starke parodontale Erkrankung). Das Erkrankungsrisiko wie das Maß des Fortschreitens der Erkrankung wurden in drei Stufen eingeteilt, von der Stufe A (geringstes Risiko) bis zur Stufe C (höchstes Risiko). In dieser Einordnung werden Risikofaktoren wie das Rauchen und das Vorhandensein von Begleiterkrankungen, wie etwa des Diabetes mellitus, berücksichtigt.
Die neue Klassifikation ist das Ergebnis der Zusammenarbeit von EFP und AAP, die im vergangenen Jahr in Chicago zu einem intensiven Workshop zusammengekommen waren. An diesem Workshop waren mehr als 100 Experten des Fachs aus Europa, Amerika, Australien und Asien beteiligt, die die bestehende Literatur auswerteten, um einen globalen Konsens zu finden, der eine standardisierte Therapie für Patienten auf der gesamten Welt ermöglicht.
“Diese Klassifikation stellt einen auf der ganzen Welt einheitlichen Ansatz zur Diagnose und Therapie der Parodontitis dar und wird letztlich das Resultat für unsere Patienten verbessern”, sagt Chapple. Als einer der nächsten Schritte sei es nun wichtig, alle Beteiligten gründlich zu schulen. “Das System mag auf den ersten Blick komplex erscheinen, es ist jedoch sehr pragmatisch”, betont Chapple.
Schlussfolgerungen zur Periimplantitis
Federführender Autor der dieser Klassifikation zugrunde liegenden Publikation für den Bereich der Periimplantitis ist DGI-Präsident Prof. Dr. Frank Schwarz von der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie am Carolinum der Goethe-Universität in Frankfurt. Auf der Basis umfangreicher Literaturrecherchen hat das beteiligte Autorenteam folgende Schlussfolgerungen zur Periimplantitis gezogen:
1. Die Periimplantitis ist ein pathologischer Zustand des Gewebes rund um das Implantate. Dieser ist gekennzeichnet durch eine Entzündung des periimplantären Weichgewebes und einen fortschreitenden Knochenabbau.
2. Die histopathologischen und klinischen Faktoren, die für die Progression einer periimplantatären Mukositis zur Periimplantitis führen, sind noch nicht vollständig geklärt.
3. Der Beginn der Periimplantitis kann bereits zu einem frühen Zeitpunkt während der Nachsorge auftreten. Die Erkrankung verläuft nach einem nichtlinearen und beschleunigten Muster.
4 a. Von Periimplantitis betroffene Gewebebereiche zeigen klinische Anzeichen einer Entzündung und erhöhte Sondierungstiefen im Vergleich zu Basismessungen.
4 b. Auf der histologischen Ebene haben die betroffenen Regionen im Vergleich zu Regionen mit Parodontitis oft größere Läsionen.
4 c. Der chirurgische Zugang zu Periimplantitis-Stellen zeigt oft ein zirkumferenzielles Knochenabbaumuster.
5 a. Es gibt starke Hinweise darauf, dass Patienten mit chronischer Parodontitis, schlechter Plaquekontrolle und fehlender regelmäßiger Mundhygiene nach der Implantattherapie ein erhöhtes Risiko für eine Periimplantitis tragen. Daten, die “Rauchen” und “Diabetes” als potenzielle Risikofaktoren/Indikatoren für eine Periimplantitis untersuchen, sind nicht eindeutig.
5 b. Es gibt einige wenige Hinweise, die Periimplantitis mit anderen Faktoren in Verbindung bringen – wie zum Beispiel das postrestaurative Vorhandensein von submukösem Zement, einen Mangel an periimplantärer keratinisierter Schleimhaut und eine Positionierung von Implantaten, die Mundhygiene und Betreuung erschweren.
6. Es gibt Hinweise darauf, dass ein progressiver krestaler Knochenabbau um Implantate herum ohne klinische Anzeichen einer Entzündung der Weichgewebe selten ist.
In der Wiley Online Library kann der Beitrag aus dem EFP-Journal eingesehen werden.