Implantologie

Neue Knochenfräser

Seit Lindemann sind Entwicklungsschritte im Bereich von Knochenfräsern selten, dann aber gewaltig: Optimierte Fräser sorgen für mehr Taktilität und Effizienz. Zudem ermöglichen sie ein besonders gewebeschonendes Vorgehen. 



Natürlich prägte August Lindemann die Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie Mitte des 19. Jahrhunderts mit seinem Namen. Bis heute ist der „Lindemannfräser“ einer der populärsten Knochenfräser in der Zahnarztpraxis. Er ist in seinem Ursprung aus Werkzeugstahl gefertigt, verjüngt sich zur Spitze hin und ist mit Sägezähnen versehen. Seither ist viel passiert, je nach historischer Verfügbarkeit von modernen Schneidstoffen (z. B. Hartmetall und später auch weiße Hochleistungskeramik) einerseits und der verfügbaren Fertigungstechnologie andererseits. Ergebnisse sind zum Beispiel die gewundene Verzahnung und später die Kreuzverzahnung. Nun wurde bei Komet mit dem H162ST eine neue Generation an Knochenfräsern eingeläutet (Abb. 1). Wir sind überzeugt, dass der Anwender nach dem Einsatz dieses Instruments sagt: Es war doch Zeit für etwas Neues. Neue ST-Verzahnung, neuer Schnitt, neue Generation. Der kleinere, neue zylindrische H255E ist ebenfalls schnittfreudig und effektiv, speziell in seiner filigranen Größenordnung. In der Hand des Zahnarztes wird es natürlich immer eine Geschmackssache bleiben, zu welchem Knochenfräser er greift. Aber Begriffe wie Schnittfreudigkeit, Taktilität, Effizienz und gewebeschonendes Vorgehen haben allesamt einen werkzeugtechnischen Hintergrund. Den sollte der Zahnarzt verstehen, um sich letztendlich ein eigenes Bild vom Produkt machen zu können und selbst zu entscheiden, ob auch für ihn am Behandlungsstuhl der Generationssprung unter den Knochenfräsern stattgefunden hat.

Mehr Effizienz

Bei Komet hatte man sich vorgenommen, einmal zu prüfen, ob es nicht gelingen würde, einen noch effizienter schneidenden Knochenfräser in der Dimension eines Instrumentes à la Lindemann zu entwickeln. Das Instrument sollte deutlich schärfer sein als das, was der Markt bisher bot. Komet verfügt über eine Division Medical und so erwuchs die Idee, einmal die Instrumente zu beleuchten, die für Behandlungen am Schädelknochen verwendet werden. Das Projekt „Dentaler Knochenfräser mit cranialer Verzahnung“ ergab sich dann fast von selbst. Nur musste die craniale Schneidengeometrie auf die vergleichsweise kleine Dimension eines dentalen Knochenfräsers übertragen werden. Das war die Geburt der sogenannten ST-Verzahnung (Abb. 2). ST steht für Säbelzahntiger-scharf. Das optimierte Schneidgefühl und die besonders spürbare Effektivität sollen ihn besonders wertvoll machen u. a. bei Knochenschnitten im Rahmen einer Osteotomie, Osteoplastik, bei der Präparation von Knochen und Knochendeckeln, der Re‧sek‧tion von Wurzelspitzen, Hemisektion, knöchernen axialen Perforation oder der chirurgischen Entfernung von retinierten Zähnen. Die Schnittschärfe soll dem Anwender u. a. Zeit sparen. In Schneidtests im Komet-eigenen Labor wurde der H162ST mit marktüblichen Instrumenten verglichen. Das Ergebnis: Der H162ST zerspant Kunstknochen beispielsweise 30 Prozent schneller als seine Konkurrenten; die Eingriffszeit für die Zerspanung des künstlichen Knochens (wurde in den Tests für gleichbleibende Bedingungen gewählt) war wesentlich geringer.

Filigrane Alternative

Auf den ersten Blick wird jedem Zahnarzt die extrem feine Dimension dieses Instruments auffallen. Es ist ja nur 1,2 mm im Durchmesser und 6 mm lang! Doch obwohl der H255E so filigran ist, bietet er eine erstaunliche Schneidleistung (Abb. 3). Das liegt an seiner speziellen Schneidengeometrie, der Komet-Kreuzverzahnung. Bei dem zylindrischen Arbeitsteil sind zudem große Spanräume bis zur Instrumentenspitze möglich, und es erlaubt längere Schneidkanten bis zur Speerspitze. An dieser Stelle muss man kurz ausholen: Viele chirurgisch tätige Praxen kennen das ebenfalls grazile, konische Kombinationsinstrument H254E. Der neue H255E ist quasi das zylindrische Pendant des H254E. Für eine Differenzierung stellt man sich am besten die Laufleistung von Pferden in einer Zirkusarena vor: Die Pferde im engen Radius laufen langsamer als die, die in gleicher Zeit am äußeren Rand laufen. Mit diesem Bild vor Augen ist der Unterschied der beiden Bohrer leichter zu verstehen: Beim konischen H254E ist die Schnittgeschwindigkeit im vorderen Arbeitsteilbereich geringer als beim zylindrischen H255E. Hier hat die Spitze also etwas weniger Schneideigenschaft. Das kann für ein punktuelles Vorgehen aber durchaus von Vorteil sein, oder bei dünnen Eröffnungsschnitten von crestal. Der zylindrische H255E hingegen schneidet über seine gesamte Länge gleich stark. Hier wird Knochen- und Zahnhartsubstanz gleichmäßig abgetragen. Und das macht ihn so extrem schneidfreudig. Zahnärzte attestieren dem H255E eine außerordentliche Standzeit. Er ist indiziert für linienförmige Knochenschnitte, Hemisektion, knöcherne axiale Perforation, zur crestalen Öffnung des Kieferkamms oder bei der Resektion von Wurzelspitzen. Dr. Markus Blume, Fachzahnarzt für Oralchirurgie in Brühl: „Ganz besonders wertvoll ist der H255E für mich für die vorsichtige Zahnentfernung zur Vermeidung einer Osteotomiewunde geworden. Es gibt ja den netten Spruch unter uns Oralchirurgen: ‚Der Knochen gehört dem Patienten, der Zahn gehört uns!‘ Ziel muss es also beim Lösen eines Zahns aus dem Alveolarfach sein, mit dem Fräser innerhalb des Zahns bzw. der Wurzel zu bleiben. Da stoße ich mit den Dimensionen eines herkömm‧lichen Lindemannfräsers oft an Grenzen. Mit dem H255E hingegen kann ich den Zahn bzw. die Wurzel sauber in vier Quadranten zerlegen und die Zahnsplitter anschließend mit einem Handinstrument oder der Pinzette vorsichtig herausholen. Auf diese Weise erhalte ich eine saubere Wunde, ohne dabei Knochensubstanz touchiert zu haben. Beste Voraussetzungen für eine Sofortimplantation!“ Auch Dr. Jürgen Benz, Bielefeld, kommentiert: „Ich kann mit dem Knochenfräser gut arbeiten; insbesondere die ‚scharfe‘ Spitze ermöglicht eine punktgenaue Platzierung des Instruments.“

Schallspitzen

Es ist unbestritten: Mit Knochenschnitten von nur 0,25 mm Schnittstärke sind Schallspitzen in der Oralchirurgie (zum Beispiel SFS100–102 im Rahmen der Sonosurgery nach Dr. Ivo Agabiti, Italien) einfach unschlagbar. Die Schnitte, realisiert durch eine elliptische Bewegung, sind hauchdünn (Abb. 4).
Der Behandler kann extrem gezielt und kontrolliert vorgehen. Man darf an dieser Stelle aber nicht unerwähnt lassen, dass mit Schall ein Mehraufwand verbunden ist: Mehr Zeit und ein eigener luftbetriebener Schallantrieb – landläufig als Airscaler bezeichnet, zum Beispiel das Schallhandstück SF1LM – sind vonnöten. Damit sind die Schallspitzen nach Agabiti die minimal-invasivere, aber aufwendigere Alternative zum Knochenfräser, insbesondere im Rahmen von Kammextensionstechniken ohne Auflagerungsplastik wie dem Bone Splitting/Spreading. Vielen Zahnärzten liefern bereits die grazilen Formen des H254E oder des H255E sehr gute Voraussetzungen für ein substanzschonendes Arbeiten.

Damals und heute

Man kann sich gut vorstellen, dass das Schleifen der Sägezähne – ein Arbeitsschritt, der bis in die 70er Jahre allein von Hand vorgenommen wurde – der Qualitätsphilosophie von heute nicht mehr entspricht. Seitdem ist viel passiert. Inwieweit die Messeneuheiten H255E und H162ST nun tatsächlich eine neue Generation an Knochenfräsern einläuten, darf jeder Zahnarzt für sich selbst testen und entscheiden.

Sabine Berg
verfügt über langjährige Erfahrung in der Dentalbranche und ist seit 2001 Produktmanagerin Chirurgie bei Komet Dental in Lemgo. info@kometdental.de