News

Mehr als 4200 Teilnehmer beim ITI World Symposium

Unter dem Motto “Knowledge is key” fand vom 24. bis 26. April der bislang größte internationale Implantologie-Kongress statt. Das Internationale Team für Implantologie (ITI), eine führende wissenschaftliche Organisation auf dem Gebiet der dentalen Implantologie, lockte mehr als 4.200 Teilnehmer aus 84 Ländern zu seiner wichtigsten globalen Veranstaltung nach Genf.



Im Mittelpunkt standen drei Themenblöcke: digitale Implantologie, Prävention und Management von biologischen und technischen Komplikationen sowie neue Ansätze, Herausforderungen und Grenzen in der Ästhetik. „Unser Leitthema ‚Knowledge is key‘ unterstreicht die Bedeutung, die das ITI evidenzbasierten Informationen für die Anwendung in der täglichen klinischen Praxis beimisst,” betonte Dr. Stephen T. Chen, Vorsitzender des wissenschaftlichen Programmkomitees.

Originalteile statt Copycats

Am ersten Kongresstag stand der digitale Workflow im Fokus, von der digitalen Abformung bis zur Genauigkeit von DVT-Aufnahmen. Der zweite Tag startete mit biologischen und technischen Komplikationen in der Implantologie. „Das Management der Risikofaktoren liegt bei Ihnen“, betonte Dr. Lisa Heitz-Mayfield, Australien. An konkreten Fallbeispielen zeigte sie häufige Komplikationen, deren Ursachen und präsentierte Lösungsmöglichkeiten. Um Hardware-Probleme zu vermeiden, riet sie zur Verwendung von Originalkomponenten und warnte vor Copycats.

Albrektsson: Osseointegration ist eine Fremdkörperreaktion

Prof. Dr. Tomas Albrektsson, Schweden, ging den Ursachen des marginalen Knochenverlusts rund ums Implantat auf den Grund. Eine klare Definition von Periimplantitis fehle heute nach wie vor, leitete er seinen Vortrag ein. „Hier scheint es keinen Konsens zu geben.“ Um die Entstehung dieses entzündungsbedingten Knochenabbaus nachvollziehen zu können, hält er fundierte Kenntnisse der Osseointegration für erforderlich. Osseointegration sei letztlich nichts anderes als eine Fremdkörperreaktion auf das Implantat, erklärte er. Wenn ein Fremdkörper im Knochen oder Weichgewebe eingebracht werde, entwickele sich zwangsläufig eine entzündliche Reaktion. Somit sei der marginale Knochenverlust um ein IMortonmplantat die biologische Antwort auf einen Fremdkörper. Beim Versagen der Osseointegration komme es zur Lockerung des Implantats. Albrektsson unterschied zwischen einer aseptischen Lockerung, also ohne Beteiligung von Mikroorganismen, und einer Lockerung mit bakterieller Beteiligung.

Verschrauben versus Zementieren

Der Trend scheint klar: Verschrauben ist en vogue. Dass Zementreste biologische Komplikationen (Periimplantitis) verursachen können, stellte in Genf niemand infrage. Dennoch halten die Experten verschraubte Suprakonstruktionen nicht für ein „Allheilmittel“. Garanten für den implantologischen Erfolg seien vielmehr „für die Prothetik kompatible Implantatpositionen und hygienefähige Prothesen“, meinte etwa Prof. Dr. Dean Morton, Australien. Zement hält er „für eine Katastrophe für das  Weichgewebe“, das habe das ITI schon vor Jahren erkannt. Es gelte, Zementüberschüsse von Anfang an zu vermeiden. Auf der anderen Seite, das räumte zum Beispiel Dr. Julia Wittneben, Bern, ein, sei das Arbeiten mit Zement Zahnärzten und Zahntechnikern sehr vertraut, relativ einfach und kostensparend.

Paarung von Titan und Zirkon bedenklich?

Den technischen und mechanischen Komplikationen widmete sich Prof. Dr. Hans-Peter Weber, USA. Als Ursachen solcher Probleme nannte er unter anderem den zum Teil laxen Umgang mit Herstellerangaben sowie Fehler bei der Implantat- und Abutmentwahl. Ausdrücklich warnte er vor Keramik-Abutments im distalen Bereich. Mit Keramik-Abutments befasste sich auch Prof. Dr. Thomas Taylor, USA. Speziell die „Paarung von Titan und Zirkon“ hält er für bedenklich. Grund: Implantatlockerungen aufgrund von Titanpartikeln seien der häufigste Grund für endoprothetische Revisionen. Eindrucksvoll zeigte er, dass bereits das einmalige Einbringen und Entfernen (rein und raus) eines Zirkon-Abutments in ein Titanimplantat deutlich sichtbaren Abrieb auf dem weißen Material hinterlässt.

Periimplantitistherapie

Wie man Periimplantitis in den Griff bekommt, brachte Prof. Dr. Frank Schwarz, Düsseldorf, auf den Punkt: Biologische Komplikationen ließen sich unter Beachtung der ätiologischen Faktoren meist vermeiden oder durch eine frühzeitige Diagnostik und stadiengerechte Therapie in ihrer Progression kontrollieren, führte er aus. Blutungen am Implantat, da war sich das Gros der Referenten einig, treten in den ersten fünf bis zehn Jahren bei sehr vielen Patienten auf, in den ersten Jahren nach der Insertion dagegen selten. Bleiben sie unbehandelt, entsteht daraus die klassische Form der Periimplantitis, der Knochenabbau. Der Behandler müsse sich darum frühzeitig kümmern, mahnte Schwarz. Zurückzuführen sei die Periimplantitis auf bakterielle (Biofilm), systemische (Rauchen, Diabetes mellitus, IL 1) und lokale Faktoren (Lokalisiation, Planung, Implantatoberflächen). Das liege zum einen an den Patienten, die die klassische Mundhygiene am Implantat vernachlässigten, aber auch
an den Behandlern im normalen Recallintervall. Darüber hinaus gibt es auch „hausgemachte“ Fehler wie Implantatfehlpositionierungen, die dem Biofilm die Möglichkeit geben, das Implantat zu erreichen. Die klassische, nicht-chirurgische Periimplantitistherapie, chemische Verfahren, lokale Antibiosen und der Lasereinsatz haben laut Schwarz nur temporären Erfolg. Die chirurgische Intervention hält er für fast immer erforderlich.

ITI Online Academy

In Genf wurde zudem die in Kürze verfügbare ITI Online Academy vorgestellt. Sie bietet ein breites und kontinuierlich wachsendes Curriculum mit Lernmodulen für alle Wissensstufen. Diese werden ergänzt durch klinische Fallstudien, Videos und Vorträge sowie eine Fülle von kostenlos zugänglichen Inhalten, beispielsweise Assessments zur Ermittlung individueller Kenntnisse und Wissenslücken. „Wir sind sehr stolz auf unsere neue E-Learning-Plattform, da wir davon überzeugt sind, dass sie einen großen Schritt weiter geht als alle momentan verfügbaren Angebote“, sagte ITI-Präsident Prof. Dr. David Cochran. „Einerseits erfasst das Curriculum die dentale Implantologie in ihrer Gesamtheit und andererseits ist das System so ausgelegt, dass es sich dynamisch dem Benutzer anpasst und basierend auf den erkannten Kenntnissen und Wissenslücken weitere Lernpfade vorschlägt.”

Industrieforum mit 50 Austellern

Ergänzt wurde das Hauptprogramm durch ein halbtägiges Industrieforum, das von den marktführenden Dentalunternehmen Straumann, Morita und Geistlich präsentiert wurde, sowie einer Party zum 60-jährigen Bestehen der Firma Straumann. Eine große Industrieausstellung mit 50 Austellern erlaubte es Teilnehmern, sich über die neuesten Produkte auf dem Markt zu informieren.

Über das ITI

Das Internationale Team für Implantologie (ITI) vereint Experten aus aller Welt und aus allen Fachgebieten der dentalen Implantologie und der damit verbundenen Geweberegeneration. Als unabhängige akademische Organisation fördert das ITI aktiv die Vernetzung und den Informationsaustausch unter
seinen Mitgliedern. Rund 17000 ITI-Mitglieder – Fellows und Members – tauschen regelmäßig auf Tagungen, Fortbildungsveranstaltungen und Kongressen ihr in Forschung und klinischer Praxis erworbenes Wissen aus. Ziel ist es, Behandlungsmethoden und -ergebnisse zum Wohl der Patienten
kontinuierlich zu verbessern. In den 34 Jahren seines Bestehens hat sich das ITI eine Reputation für wissenschaftliche Sorgfalt, verbunden mit Verantwortung für die Patienten, erarbeitet. Die Organisation setzt sich aktiv für die Aufstellung und Verbreitung genau dokumentierter Behandlungsrichtlinien ein, die auf umfassenden klinischen Untersuchungen und der Erfassung von Langzeitergebnissen basieren. Das ITI vergibt Forschungsgelder sowie Stipendien für junge Kliniker, veranstaltet Kongresse und Fortbildungsveranstaltungen und betreibt mehr als 600 Study Clubs auf der ganzen Welt. Weiterhin publiziert das ITI auch Fachbücher wie die ITI Treatment Guide-Buchreihe www.iti.org.