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Kuraray in Tokio: Ein Blick hinter die Kulissen

Mit innovativen Adhäsivmaterialien wie dem „Clearfil Bond System“ gelingt es dem japanischen Traditionsunternehmen Kuraray seit 41 Jahren, sein chemisches Know-how mit anwenderorientierten und nachhaltigen Lösungen für die Zahnmedizin zu verbinden. Die Redaktion von DENTAL MAGAZIN online durfte hinter die Kulissen des Konzerns schauen – im Head Office in Tokio und der Europa-Zentrale in Hattersheim.



Wie die Erzeugnisse des Unternehmens ist auch sein Name ein Kunstprodukt: „Kuraray“ wurde aus „Kurashiki“, dem japanischen Gründungsort der Firma, und ihrem ersten Produkt, der Viskosefaser „Rayon“, gebildet. Was 1926 im beschaulichen Küstenort in der Präfektur Okayama begann, ist heute ein globaler Konzern mit mehr als 40 Tochterunternehmen, 6600 Mitarbeitern und einem Jahresumsatz von rund 3,5 Milliarden Euro.

Bekannt wurde Kuraray als Hersteller von Spezialchemikalien: Zum Portfolio gehören Kunstoffe, Feinchemikalien, Industriefasern, Kunstleder und Folien für Verbundsicherheitsglas. Daneben werden in Kurashiki seit 1973 Materialien für die Zahnheilkunde produziert, die auf Polymeren und organischen Synthese-Technologien beruhen. 2012 kam mit der Fabrik in Niigata ein weiterer Produktionsstandort für Dentalmaterialien hinzu, der die Fabrik in Kurashiki zukünftig ablösen soll. Im selben Jahr holte sich der Konzern zudem Unterstützung in Sachen Dentalkeramik ins Boot: Mit Noritake, einer der ältesten Firmen Japans, konnte ein Spezialist für Keramik gewonnen werden, der die Produktpalette für Dentallabore erweitern soll.

Neuer Präsident setzt auf Chemie-Know-how und Evidenz

Hauptsitz des Konzerns ist das Head Office in Tokio, ein 22-stöckiges Gebäude mit Blick auf den Kaiserpalast. Hier hat Kiyoyuki Arikawa sein Büro. Seit Juni dieses Jahres ist er neuer Präsident der Kuraray Noritake Dental Inc. und Nachfolger von Sadaaki Matsuyama. Das Unternehmen kennt er wie kaum ein Zweiter: 30 Jahre arbeitet Arikawa bereits für Kuraray und hat den Aufbau des dentalen Geschäftsfelds in dieser Zeit begleitet. Seit dem Durchbruch mit dem weltweit ersten Bondingsystem Clearfil im Jahr 1978 habe sich viel getan, meint er zurückblickend. Die Entwicklung der „Total-Etch“-Technik für Dentin und Zahnschmelz, Produkte wie das erste selbstätzende „mild-etch“-Adhäsiv Clearfil Liner Bond, der Zement Panavia oder das indirekte Komposit Estenia und zuletzt der Zusammenschluss mit Noritake sorgten für eine bewegte Firmenhistorie.

„Während der vergangenen Jahrzehnte profitierten wir im Dentalbereich vor allem von unserem chemischen Kow-how“, erklärt Präsident Arikawa. „Hier bringt Kuraray 88 Jahre an Erfahrungen, Technologien und gewachsenen Strukturen mit. “ Auch die enge Kooperation mit Universitäten wie der Tokyo Medical and Dental University (TMDU) steht bei dem Unternehmen hoch im Kurs. „Evidenz ist für uns das wichtigste bei der Entwicklung neuer Produkte“, betont Arikawa. „Wir setzen auf Studien, die die klinische Langzeit-Performance unserer Materialien untersuchen. Nur so lassen sich auf lange Sicht gute Ergebnisse für die Anwender und eine nachhaltig hohe Lebensqualität für die Patienten erzielen.“ Universitäre Meinungsbildner helfen dann dabei, die Produkte international bekannt zu machen und weiter zu verbreiten. Nachhaltigkeit – das ist einer der Grundsätze, in dem die japanische Philosophie des Unternehmens spürbar wird. Man verfolge den Anspruch, Pionierleistungen im Bereich der Technologie zu erbringen, aber eben auch, einen positiven Beitrag für die Gesellschaft und den Umweltschutz zu leisten, erläutert der Präsident. Das wird zum einen im sozialen Engagement des Konzerns deutlich, der weltweit Hilfsprojekte und Mitarbeiteraktivitäten unterstützt. Zum anderen zeigt sich der Gedanke in einer vorausschauenden Produktentwicklung. „Restaurationen halten heute durchschnittlich sechs bis sieben Jahre. Unser großes Ziel ist es, in Zusammenarbeit mit Experten wie Prof. Dr. Junji Tagami von der zahnärztlichen Fakultät der TMDU permanente Lösungen zu entwickeln, die ein Patientenleben lang im Mund bestehen können“, erklärt Arikawa.

Nah am Kunden – auch in Deutschland

Gegenwärtig setzt man bei Kuraray verstärkt auf Trends, die die Zahnheilkunde bewegen – wie die Digitalisierung, der man mit dem polychromen Zirkon-Rohling Katana ML für CAD/CAM-Systeme begegnet. Auch biomimetische Verfahren und natürliche Erzeugnisse sind ein Thema, das Zahnärzte zunehmend interessiert: Im letzten Jahr hat man darauf mit dem Launch von Teethmate Desensitizer reagiert, einem neuen Produkt für hypersensitive Zähne, das eine echte Kristallisation von Hydroxylapatit bewirkt und Dentintubuli und Schmelzrisse auf natürlichem Weg schließt. Für den direkten Austausch mit den Kunden lädt das Unternehmen zudem einmal jährlich zu Hands-on-Kursen nach Japan ein. „Zuletzt haben uns zum Beispiel 16 Zahnärzte aus Deutschland besucht“, berichtet Arikawa.

Die Nähe zu seinen deutschen Kunden ist Arikawa wichtig: „Deutschland ist für uns das bedeutendste Land, wenn es um dentale Technologien und Fertigkeiten geht“, betont er. Seit März 2012 ist daher die europäische Zentrale des Konzerns, die Kuraray Europe GmbH, in Hattersheim bei Frankfurt angesiedelt. Von hier aus werden europaweit alle Geschäftsabläufe mit dem Mutterkonzern koordiniert. Der Standort habe für das Unternehmen eine Reihe von Vorteilen, begründet Arikawa die Entscheidung für den Frankfurter Raum: Die Lage im Herzen Europas und der Vorteil eines internationalen Flughafens mit direkten Verbindungen nach Japan und in den Rest der Welt zählten dazu. „Für uns Japaner ist es aber auch einfach sehr angenehm, mit deutschen Kollegen zusammenzuarbeiten, da sich unsere Arbeitsweise und die Einstellung zum Geschäft sehr ähneln.“

IDS 2015 meets Fernost

Das findet auch Dr. Ernst Wühr, Head of Germany/ Austria/Switzerland bei der Kuraray Europe GmbH: „Der japanische und deutsche Dentalmarkt unterscheiden sich nur wenig voneinander. In beiden Ländern arbeiten etwa 65 000 Zahnärzte, beide Märkte zeichnen sich durch ein stabiles Wachstum aus und Mundhygiene ist in Japan wie in Deutschland ein großes Thema“.

Mit Spannung blickt Wühr vor allem der kommenden IDS 2015 in Köln entgegen: Hier treffen sich die Teams aus Hattersheim und Tokio, um erstmals Produkte aus der Synergie zwischen Kuraray und Noritake vorzustellen. Dazu wird auch Präsident Arikawa die Reise in die Domstadt antreten, denn wie sein Hattersheimer Kollege ist er sich sicher: „Aus dem deutschen Dentalmarkt sind japanische Produkte nicht mehr wegzudenken.“