Health: Apple will die digitale Medizin umkrempeln
Als Apple-Chef Tim Cook gestern in Cupertino die neuen Smartphones iPhone 6 und iPhone 6 Plus vorgestellt hat, ging es auch um eine bemerkenswerte App. Ein auf der iOS 8 vorinstalliertes Programm soll umfangreiche Gesundheitsfunktionen bieten, die der Nutzer selbst verwaltet. „Health“ heißt die Applikation, die – vor allem in Kombination mit der ebenfalls neuen Apple Watch – Vitalparameter erhebt und schon bald zu einer großen Verbreitung bei Patienten führen könnte.
Die App erfasst und verwaltet sämtliche Fitness- und Gesundheitsdaten des Patienten – vom Blutdruck, Herzfrequenz, Cholesterin bis zur der Messung der Atemfrequenz. Sie zeigt an, wie viele Stunden Schlaf eine Person in der Nacht zuvor hatte und berechnet den täglichen Kalorienverbrauch. Die App bietet einen digitalen Schrittzähler und hält außerdem einen Notfallpass parat, in der der Anwender wichtige persönliche Informationen wie die eigene Blutgruppe und bestehende Allergien speichert, die auch bei gesperrtem Bildschirm für Dritte aufrufbar sind.
Aus den gesammelten Informationen kreiert die Health-App eine eigene Patienten-Akte und warnt bei Abweichungen. Die Vision: Der Nutzer kann mit dem Produkt seine eigene Fitness und Gesundheit kontrollieren, aber auch – wie zum Beispiel Blutdruckwerte – automatisch mit seinem Hausarzt teilen. Bei auffälligen Werten könnte künftig automatisch der Arzt informiert werden.
Was Telemedizin kann, ist vielen Ärzten unbekannt
Für viele Ärzte hingegen ist Telemedizin noch eine große Unbekannte. Selbst bei jungen, angehenden Ärzten herrscht Wissensmangel, ob und wo Telemedizin die Qualität der Behandlung verbessert, Kosten reduziert und die Autonomie der Nutzerinnen und Nutzer steigert. Das zeigt eine aktuelle Untersuchung der Universität Bielefeld. Durch ihr Studium fühlen sich die Studenten nicht auf das neue Phänomen vorbereitet.
Für Patienten wird es schon jetzt schwierig, sich zwischen den verschiedenen digitalen Gesundheitshelfern zu entscheiden. Allein in Apples iTunes-Store gibt es zehntausende medizinische Apps, vom „Blutzucker-Tagebuch“ bis zum „Verdauungssystem in 3D“ und Programmen, die versprechen, die klinischen Befunde zu verwalten. Welche Apps Spielereien sind und wovon der Patient tatsächlich profitiert, ist oft meist schwer zu durchschauen.
Apple HealthKit und Konkurrenzprodukt Google Fit
Für Entwickler hat Apple daher das Tool HealthKit entwickelt. Mit der Schnittstelle können verschiedene Fitness- und Gesundheits-Apps Daten untereinander austauschen. Dabei legt der Nutzer fest, was geteilt werden soll und kann dies in der neuen Health-App von iOS 8 überblicken. Einen ersten Partner aus der Medizin hat Apple bereits für die Schnittstelle gewinnen können: Die US-Klinikkette Mayo. Einem Bericht zufolge können die in der Health-App gesammelten Daten in das System des Krankenhauses einfließen.
Auch Google hat Ende Juni eine ähnliche Idee für Entwickler vorgestellt: Auf der Fitness-Plattform Google Fit sollen Nutzer ihre Gesundheitsdaten zentral sammeln und auswerten. Über Schnittstellen können die Nutzer ihre Daten aus verschiedenen Applikationen in der Plattform zusammenführen.
Patient akzeptiert Fitness-Coach-Apps und Nachschlagewerke
Außerdem bleibt abzuwarten, von welchen Apps ein Patient überhaupt Gebrauch machen möchte. Wie eine repräsentative Umfrage der IKK classic kürzlich ergab, akzeptieren Patienten vielfach Gesundheits-Apps zum Messen des Blutdrucks, Fitness-Coach-Apps und digitale Nachschlagewerke.
Geht es jedoch um den Online-Austausch von sensiblen Gesundheitsdaten, reagieren die meisten Befragten verhalten und wünschen sich höhere Sicherheitsstandards. Das hat zuletzt die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte gezeigt.
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