Gelassener Blick nach Berlin
Wenn derzeit im politischen Berlin die potenzielle schwarz-rote Koalition in den Verhandlungen Formen annimmt, schauen die Zahnmediziner mit eher gedämpftem Optimismus zu. Zu oft schon waren in der Vergangenheit ihre Erwartungen an politische Entscheider enttäuscht worden.
Dennoch lassen die Standesvertreter bei ihrem Treffen auf dem Deutschen Zahnärztetag in Frankfurt nicht nach in ihrem Bemühen, für das Zwei-Säulen-Modell aus Gesetzlicher Krankenversicherung (GKV) und Privater Krankenversicherung (PKV) zu werben, die Selbstverwaltung zu verteidigen und für wirtschaftlich vertretbare Honorare zu streiten. Insbesondere das durch Brüssel betriebene Deregulierungsbestreben ist dem BZÄK-Präsidenten Dr. Peter Engel ein Dorn im Auge. Die Folge werde sein, dass der Staat an diese Stelle trete und durch Normierungen versuche, die fachliche Führung zu ersetzen. Engel: „Die Selbstverwaltung hat die Fachaufsicht, der Staat die Rechtsaufsicht, und dabei sollte es bleiben.“
Korruptionsvorwürfe: Ross und Reiter nennen
Mit Blick auf die immer wieder durch Kassenvertreter, inzwischen auch durch den VDZI verbreiteten Korruptionsvorwürfe stellte der neu gewählte KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer klar, dass man solche Pauschalvorwürfe nicht weiter dulde: „Nennen Sie uns Ross und Reiter. Wir haben ausreichende Möglichkeiten, diesem zu entgegnen.“ Und: „Unser Verhältnis zu den Zahntechnikern ist ausgezeichnet, das zum VDZI derzeit extrem angespannt.“ Eßer ergänzte mit Blick auf die aktuellen Koalitionsverhandlungen, bei denen es um Restriktionen bei allzu langen Wartezeiten für Arzttermine geht: „Bei uns gibt es solche Wartezeiten nicht.“ Eßer hob hervor, dass durch die Initiative der Zahnärzte der Zugang etwa auch von alten und kranken Patienten auf Pflegestationen erleichtert wurde. So arbeite man derzeit an einem Modell, für Pflegestationen einen Zahnarzt als festen Ansprechpartner zu etablieren.
„Kaum noch Luft zum Atmen“
Für die Universitäten sprach Prof. Dr. Dr. Henning Schliephake, der scheidende DGZMK-Präsident, das Problem der Unterfinanzierung an. „Der Forschung und der Lehre bleiben kaum noch Luft zum Atmen.“ Der Grund: Nahezu die gesamten Mittel gehen in die Patientenversorgung. Schliephake warnt nicht nur vor den perspektivisch verheerenden Folgen für die Qualität der Versorgung. Seit wenigen Monaten arbeitet die von der DGZMK ins Leben gerufene und insbesondere auf Schliephakes Betreiben initiierte Agentur für Wissenschaftsförderung in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (AWZMK) daran, die Drittmittelförderung wieder zu verstärken. Schliephake: „Ziel ist die Unterstützung von Antragstellungen und die Knüpfung von Wissenschaftskontakten, um dadurch die Chancen für eine erfolgreiche Einwerbung zu erhöhen.“ Wie bereits anlässlich der Eröffnung definierte Schliephake die Rolle der Wissenschaft im Zusammenspiel mit der Industrie eindeutig: Es gebe keine Alternative zu einer strikten Neutralität und Wissenschaftlichkeit in den Fällen von Kooperationen.