Fester als Titan – bei gleicher Standzeit
Thüringer Dentaltechniker, Materialforscher und Zahnärzte haben gemeinsam mit Wissenschaftlern mehrerer Universitäten in vierjähriger Forschungsarbeit ein neuartiges ZrO2-Komplettsystem entwickelt. Die einteiligen „RadixArt“-Dentalimplantate der Ökodent-Gruppe aus Tautenhain bei Jena sollen nach Herstellerangaben Reintitan-Produkten in Stabilität und Anwachsverhalten überlegen sowie bei der Standzeit ebenbürtig sein.
Die für Keramik erstaunliche Bruchfestigkeit wird durch Verdichtung des Materialmixes bei der Herstellung unter Schutzgas und Temperaturen von rund 1350 Grad sowie hohem Druck bis 1800 bar gesichert. Nachdem Studien der Universitäten Jena und München zuvor bereits die funktionale Gleichwertigkeit von Zirkon- und Titanimplantaten festgestellt hatten, ist damit jetzt auch das einzige frühere Manko von Keramikprodukten ausgeglichen.
Schnelle Einheilung ohne Komplikationen
Wissenschaftliche Analysen und Tierversuche am Institut für Bioprozess- und Analysenmesstechnik in Heiligenstadt sowie den Universitäten Osnabrück und Jena hätten, ebenso wie die bisher über 60 Behandlungsfälle der letzten 36 Monate mit je zwei bis drei Implantaten, eine hohes Maß an Biokompatibilität sowie eine mit Titan vergleichbare Osseointegration belegt, erläutert Dr. Wolfram Olschowsky, niedergelassener Implantologe im thüringischen Wartburgkreis und Praxispartner des Projekts. Die sehr guten Einheilwerte seien Resultat einer minimalen Aufrauhung der Oberfläche in der Knochenkontaktzone durch ein patentrechtlich geschütztes Strahlverfahren. Ihre hohe Primärfestigkeit auch im schwachen D4-Knochen verdankten die Implantate einem Gewinde mit besonders tief ausgearbeiteten Lamellen und wurzelähnlichem konischen Kern. „RadixArt ” sei zudem in hohem Maße bioverträglich, könne bedenkenlos auch bei sensibel reagierenden Patienten eingesetzt werden, so der Zahnarzt.
Auch optisch soll die Neuentwicklung (www.oekodent.de) einen Fortschritt bringen: „Unsere Implantate haben am Fuß eine leichte Gingivafärbung, sie gewährleistet ein natürliches Erscheinungsbild“, betont Holger Piper, Projektleiter bei Ökodent. Ein störendes Durchschimmern anthrazitfarbenen oder intensivweißen Materials wie bei Titan bzw. Standardkeramik sei damit ausgeschlossen.
Einfache Handhabung, keine Lagerhaltung
Als weiteres Entwicklungsresultat nennt der ebenfalls projektbeteiligte Meininger Implantologe Thorsten Radam die einfache prothetische Versorgung. Dazu habe das Forscherteam auf eine Kombination aus parallelen und konischen Wänden des suprakrestalen Stumpfareals gesetzt. Sie gewährleisteten hohe Retentionen für die Keramiksuprakonstruktion; zugleich ließen sich Divergenzen in der Achsneigung zu den Nachbarzähnen jetzt besser ausgleichen. Ein risikobehaftetes Beschleifen sei damit nicht mehr erforderlich.
Als vorteilhaft bewertet Radam auch den geringen Aufwand für Lagerhaltung in Anwender-Praxen: Jedes Einzelimplantat werde in Blisterverpackung als komplettes Einmalinstrumentarium einschließlich hilfreicher Kleinteile, z. B. abnehmbare Gummi-Abstandshalter am Einwegbohrer, bereitgestellt. Reinigung und Sterilisation von Bohrern entfallen also.Bei Erfahrung mit klassischen Implantaten bedürfe es keiner gesonderten Schulung; dank konventioneller Abformung und Zementierung könne der Behandler sein gewohntes Behandlungsprotokoll beibehalten.
Die Bezugskosten der neuen Implantate liegen laut Piper „im Mittelfeld vergleichbarer traditioneller Keramikprodukte“. Sie sind in zwei unterschiedlichen Durchmessern – 3,8 und 4,3 mm – und je drei Längen (8,10 und 12mm) verfügbar, die nahezu jede Fallvariante abdecken. Nach und nach sollen sie bundesweit implantologisch tätigen Zahnärzten vorgestellt werden. Ökodent hat 25 Jahre Erfahrung als Hersteller und Anbieter von rotierenden zahnmedizinischen Instrumenten und Zubehör; mit einem eigenen Außendienst ist das Unternehmen bundesweit aktiv.