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Erster Kongress von Dentista Club/GZM

In Lindau fand Anfang Mai der erste Gemeinschaftskongress der beiden Verbände Dentista Club und Internationale Gesellschaft für Ganzheitliche ZahnMedizin (GZM) statt. Rund 200 Teilnehmer kamen, um sich über das Tagungsthema „Parodontologie – ohne Grenzen“ zu informieren.


Prof. Dr. Dietmar Oesterreich/Vizepräsident der BZÄK, Dr. Susanne Fath/Präsidentin Dentista Club und ZÄ Christine Albinger-Voigt/GZM-Vorstandsmitglied (v.l.) Foto: Dentista Club


Bis zu 80 Prozent der Bevölkerung haben in geringem bis hin zu dramatischem Ausmaß mit entzündlichen Zahnbetterkrankungen zu kämpfen. Parodontitis sei heute unter biopsychosozialen Aspekten zu betrachten, sagte BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oestereich. Während in manchen Bereichen Kausalitäten rund um die parodontalen Infekte bereits gut belegt seien (z.B. Rauchen, Stress, Diabetes), sei in vielen anderen Bereichen noch hoher Erkenntnisbedarf vonnöten.

Auffällig: Männer weisen mehr und schwerere Parodontitis auf als Frauen. Zu den Ursachen gebe es bereits Erkenntnisansätze, berichtete PD Dr. Dr. Christiane Gleissner/Friedberg, aber diese müssten zur Entwicklung spezieller Programme unbedingt noch vertieft werden. Einen anderen Blickpunkt setzte Prof. Dr. Thomas Ostermann der Universität Witten-Herdecke: Anhand von Ergebnissen einer kleinen Studie zu Auswirkungen auf die Lymphozyten-Migration erklärte er, welche Rolle die Homöopathie spielen könnte. Laut Studie zeigte Sulfur D12 interessante Wirkungen. Er wünschte sich mehr Input von homöopathisch tätigen Zahnärzten zur Optimierung der Evidenzlage.

Bakterien leben in einer Symbiose mit dem Menschen

Viel Zeit gab der Kongress dem Thema Bakterien, die bei PA üblicherweise als „Feinde“ dargestellt werde. Veterinärmedizinerin Dr. Kracke erklärte dazu: Bakterien hätten in Millionen von Jahren Mechanismen entwickelt, auch die schlechtesten Zeiten zu überstehen – dies müsse man bedenken, wenn man mit ihnen arbeite: „Wir dürfen nicht vergessen: Sie leben in einer Symbiose mit uns und wir brauchen sie. 99,98 Prozent aller Bakterien sind in uns, ohne uns zu schaden!“ Nur in krankem oder gestörtem Milieu werde die Symbiose der Mikroben gestört, so Kracke, durch Stoffwechselvorgänge komme es dann zu pathogenen Bakterienbelastungen.

Sie gab praktische Tipps zur Steigerung der körpereigenen Abwehr und wies auf spannende Zusammenhänge von Ernährung, Darmflora und Immunsystem hin – eine hervorragende Grundlage für den Vortrag von Dr. Andrea Diehl/Berlin, die ein Praxiskonzept zur PA-Behandlung unter Einbeziehung der Darmsanierung vorstellte. Darmflora und orale Flora seien weitgehend identisch. Bei therapieresistenter Parodontitis solle der lymphatischen Situation (MALT, GALT etc.) Aufmerksamkeit geschenkt werden.

Behandlungskonzepte für die Praxis

Ein weiteres Behandlungskonzept fokussierte die Physiotherapie und die Osteopathie. Physiotherapeut Holger Hüttermann/Stuttgart zeigte, wie er mit gezielten osteopathischen Maßnahmen die Immunabwehr unterstützt. Auch bei parodontal geschädigtem Erwachsenengebiss kann Kieferorthopädie angezeigt sein – was man dabei beachten muss hinsichtlich der Arbeit mit dem belasteten Gewebe, berichtete PD Dr. Philipp Meyer-Marcotty/Universität Würzburg. Deutlich wurde dabei, dass Kieferorthopädie auch Parodontitis-vorbeugende Effekte haben kann. Den Blick aus dem Bereich Implantologie lieferte PD Dr. Nicole Pischon/Charité: Sie listete Unterschiede von Parodontitis und Periimplanttis vor und vermittelte Hinweise für die Praxen, wie man PA-Patienten mit Implantatbedarf am besten vor einer Periimplantitis schützt.

Der Biochemiker PD Dr. Lutz Netuschil/Marburg berichtete in seinem Vortrag über die Rolle von Entzündungsmarkern als Möglichkeit einer objektiven Kontrolle des PA-Behandlungserfolges. Aktivierte MMP-8 (matrix metalloproteinase-8 ) seien „die Machete im Kollagendschungel“ – und keineswegs als „PA-Bio-Marker“ zu sehen, sondern als frühzeitigen Indikator für Attachementverlust.

Interessante Ansätze für den Umgang mit refraktärer Parodontitis in der Praxis zeigte Dr. Heinz-Peter Olbertz/Troisdorf. Er stellte die Frage, ob die Parodontitis „Symptom oder eine Erkrankung sui generis“ sei und zeigte diagnostische Verfahrung über ein kinesiologisches Organscreening. Bei einer Parodontitis habe der Körper oft nicht zuviel von etwas, sondern zu wenig – orthomolekulare Ernährung könne hilfreich sein. Auch er blickte auf den Darm: Laut einer Masterstudie sei eine gestörte Dünndarmfunktion bei PA-Patienten signifikant häufiger als bei gesunden Vergleichspatienten.