Erster Expertenstandard für mehr Mundgesundheit in der Pflege
Er dürfte ein Meilenstein für die zahnmedizinische Versorgung von Pflegebedürftigen werden: Die Deutsche Gesellschaft für Alterszahnmedizin (DGAZ) erarbeitet gemeinsam mit dem Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Arbeitsgemeinschaft Zahnmedizin für Menschen mit Behinderung oder besonderem medizinischen Unterstützungsbedarf (AG ZMB) einen Expertenstandard zur Förderung der Mundgesundheit in der Pflege. Was zeichnet den neuen Standard aus?
Anfang 2019 begannen die Ausarbeitungen, bis Ende dieses Jahres soll der Entwurf stehen: Eine 16-köpfige Expertenarbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Erika Sirsch von der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar stellt derzeit erstmals einen Expertenstandard zur „Förderung der Mundgesundheit in der Pflege“ zusammen.
Erstmals zahnmedizinische Fachgruppe beteiligt
Anders als bei den bereits existierenden Pflegestandards gibt es bei dem aktuellen Expertenstandard eine Premiere. Denn mit Prof. Dr. Ina Nitschke, MPH (Uni Leipzig/Zürich, Präsidentin der DGAZ), Dr. Elmar Ludwig, (Vertretung der BZÄK und DGAZ-Landesbeauftragter Baden-Württemberg), Prof. Dr. Andreas Schulte (Vorsitzender AG ZMB), Prof. Roswitha Heinrich-Weltzien (AG ZMB) und Dr. Sebastian Ziller, MPH (Leiter der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der BZÄK) beteiligt sich erstmals auch eine zahnmedizinische Fachgruppe an der Entwicklung.
„In vielen Gesprächen mit Pflegeexperten und Pflegekräften vor Ort haben wir erfahren, dass ein Expertenstandard mit den klaren Beschreibungen im Hinblick auf die Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität in der Pflege einen echten Ruck mit sich bringen wird“, zeigt sich Dr. Elmar Ludwig zuversichtlich. „Erstmals wurde von Anfang an die ärztliche Profession eingebunden und wir haben gemeinsam mit den pflegerischen Fachexpertinnen und Experten Regelwissen und Methoden sehr differenziert und präzise beschrieben. Der Expertenstandard bietet damit umfassende und relevante Informationen für die Pflege von Menschen mit Unterstützungsbedarf bei der Mundpflege.“
Expertenstandard der DGAZ dient Qualitätsentwicklung und -beurteilung
Expertenstandards erfreuen sich in der Pflege mittlerweile großer Beliebtheit. Sie gelten professionsübergreifend als anerkanntes Instrument zur Qualitätsentwicklung. Auch den Pflegefachkräften in den unterschiedlichen Einrichtungsarten sei klar, dass die Standards dabei helfen, ein innerhalb der Berufsgruppe abgestimmtes Leistungsniveau zu implementieren, sagt Petra Blumenberg vom DNQP. Dieses müsse dann individuell für jeden Menschen mit pflegerischem Unterstützungsbedarf ausgestaltet werden, erklärt die Diplom-Pflegewirtin.
Die Ausarbeitung eines Expertenstandards erfolgt nach einem ähnlichen Verfahren wie die Erstellung einer S3-Leitlinie. Die Dokumente besitzen daher auch eine gewisse Verbindlichkeit, wie Blumenberg darlegt. So seien die Standards normative Bezugspunkte für die Qualitätsbeurteilung von Einrichtungen durch den Medizinischen Dienst (SGB XI). Vergleichbare Qualitätsbeurteilungen für den Bereich der Krankenversicherung (SGB V) gebe es Blumenberg zufolge nicht. Da die Expertenstandards aber als Dokumente anerkannt seien, die den State of the Art eines bestimmten Themenbereichs wiedergeben, hätten Gerichte sie in der Vergangenheit bereits als Maßstab herangezogen. Damit seien sie auch für den Bereich des SGB V von Bedeutung, unterstreicht Blumenberg.
Speziell für Mundgesundheit von Menschen mit Behinderung wichtig
Auch Prof. Dr. Andreas Schulte, Vorsitzender der AG ZMB, begrüßt den Expertenstandard der DGAZ als eine Bereicherung für die Mundpflege von Pflegebedürftigen – und speziell Menschen mit Behinderungen. „Damit wird die zahnmedizinische Betreuung von Menschen mit geistiger Behinderung und/oder Mehrfachbehinderung, einfacher werden. Ziel der gemeinsamen Bemühungen der Zahnärzteschaft und der Pflegekräfte ist es ja, Zähne und Zahnhalteapparat der von ihnen betreuten Personen mit Behinderung langfristig gesund zu erhalten.“
Quelle: DGAZ