Die deutsche Dentalindustrie bleibt trotz weltweiter Krisen stabil

Die Welt befindet sich aktuell ständig im Krisenmodus: Zuerst die Corona-Pandemie, jetzt kommt der Ukraine-Russland-Konflikt hinzu. Das hat weltweit auch Auswirkungen auf die Industrie. Aber wie sieht es in der deutschen Dentalbranche aus?



Mark Stephen Pace, Vorstandsvorsitzender des Verbands der Deutschen Dental-Industrie (VDDI) fällt es aufgrund der großen Bandbreite und Unterschiedlichkeit der Produktportfolios, Wertschöpfungsketten sowie Betriebsgrößen innerhalb des Verbandes schwer, allgemeine Aussagen für die Dentalindustrie zu treffen. Das verwundert nicht, sind die VDDI-Mitglieder doch sowohl Kleinbetriebe, wie auch Familienunternehmen oder Weltkonzerne. „Insofern möchte ich davon absehen, allgemeine Einschätzungen verbandsübergreifend für die gesamte deutsche Dentalindustrie abzugeben“, sagt Pace.  Allerdings ist er gleichzeitig auch CEO von Dentaurum, einem familiengeführten Traditionsunternehmen. In dieser Funktion hat Pace doch einige Details zur aktuellen Situation. Aus unternehmerischer Sicht würden die aktuellen, schrecklichen Ereignisse in der Ukraine Dentaurum vor viele und große Herausforderungen stellen. Als Beispiel nennt er etwa die seit Kriegsbeginn sehr stark gestiegenen Rohstoffpreise – die Materialien für Dentalprodukte würden da keine Ausnahme sein. „Gerade bei Aluminium und Kobalt erleben wir geradezu eine Preisexplosion.“

Lieferfähigkeit gesichert

Die aktuelle Versorgungssicherheit der Zahnarztpraxen in Deutschland sieht Pace allerdings als stabil an. „Die Lieferfähigkeit unseres Unternehmens ist langfristig gesichert, das dürfte auch für die überwiegende Mehrheit der Dentalindustrie in Deutschland gelten“, betont Pace. Stark beeinträchtigt seien allerdings die Exportmöglichkeiten, da beispielsweise der Luftweg über Russland nach Asien momentan nicht möglich sei. Dentsply Sirona sieht sich mit den gleichen andauernden Herausforderungen an den Beschaffungsmärkten und in den globalen Lieferketten konfrontiert. Dadurch komme es zu einer erheblichen Verknappung des Angebots an Primärprodukten und Rohstoffen beziehungsweise zu teilweise erheblichen Preissteigerungen, erklärt Marion Par-Weixlberger, Vice President Corporate Communications and Public Relation bei Dentsply Sirona. Trotz dieser Lage hält das Unternehmen derzeit alle gegenüber Kunden zugesagten Liefertermine ein. „Bei einzelnen Produkten passen wir die allgemeinen Lieferzeiten an das aktuelle Umfeld an. Bei Produkt-Neueinführungen beziehen wir die Lage am Beschaffungsmarkt von Anfang an in die Planungen ein“, sagt Par-Weixelberger.

Ein ähnliches Bild gibt es bei W&H, dem Vollsortiments-Anbieter aus dem österreichischen Bürmoos, die in Italien und Österreich produzieren. „Die entsprechenden Zukaufteile beschaffen wir vorrangig regional. Das erleichtert für W&H die Situation durchaus“, sagt Roland Gruber, Leiter Marketing und Vertrieb bei W&H. Natürlich seien auch die r Zulieferketten von W&H von den weltweiten Engpässen betroffen. Allerdings habe man bei W&H vor mehr als 20 Jahren die Einstück-Fertigung eingeführt. Dadurch sei die Produktion nicht von großen Zulieferlosgrößen abhängig, was in der aktuellen Situation einen wesentlichen Vorteil für die Verfügbarkeit der Produkte darstelle.  „Generell können wir daher alle unsere Produkte liefern, wenngleich es vereinzelt zu Lieferverzögerungen kommen kann“, so Gruber. Auch Produkteinführungen wurden bei W&H nicht verschoben. Im Gegenteil. „Im Herbst 2022 wird es wieder spannend, die neuen Produkte sind schon fast fertig und werden ab September auf den Messen und Online präsentiert“, verrät Gruber.

Weiterhin neue Produkte

Bei den Prophylaxe-Experten in der Dentalindustrie ist die Lage zwar auch angespannt, aber noch nicht kritisch. Philips beispielsweise musste wegen der vergangenen Herausforderungen globaler Lieferengpässe keine Produkt-Launches verschieben. Auch die Planung dieser werden dadurch nicht beeinflusst. Bei Procter & Gamble (Oral-B) hat man bei den Serviceleistungen für die Kunden in Deutschland, Österreich und Schweiz die Maßnahmen analog zum Vorgehen während der Pandemie aktiviert. Dabei habe man das Liefernetzwerk in Europa so organisiert, dass Procter & Gamble in der Lage sei, mögliche Produktionsengpässe zu kompensieren und weiterhin das gewohnt hohe Serviceniveau bieten zu können.

Gerade im Rohstoff- und Mikrochipbereich merkt man bei mectron die Lieferengpässe, die zu Verzögerungen bei der Produktion führen können oder zu höheren Materialbeschaffungskosten. Laut Lars Drekopf von mectron könnte dies auch bei einzelnen Produkten durchaus zu Lieferverzögerungen kommen, die sich zukünftig auch in der Zahnarztpraxis bemerkbar machen könnten.

Nicht nur die Dentalindustrie, auch der Dental-Fachhandel merkt natürlich die weltweiten Veränderungen durch die aktuellen Krisen. Henry Schein Dental nutze seine globale Reichweite und Lieferketten-Expertise, um Produkte zu beziehen und zuverlässig an seine Kunden zu liefern. „Wir arbeiten mit unserem globalen Lieferantennetzwerk unermüdlich daran, Beeinträchtigungen zu minimieren“, sagt Stanley M. Bergman, Chairman of the Board und Chief Executive Officer bei Henry Schein Dental. Sollte es bei einzelnen Produkten zu Lieferengpässen kommen, würde der Händler alles daransetzen, um ausreichende Mengen alternativer Produkte sicherzustellen. „Sollte sich die Situation in der weltweiten Lieferkette für Medizinbedarf oder in anderen Bereichen unserer Geschäftstätigkeit drastisch ändern, werden wir die Kunden selbstverständlich darüber informieren.“