DGMKG: Gesichtsmasken für Profisportler
Nach Verletzungen an den unteren Extremitäten stehen Kopf- und Gesichtsverletzungen bei Profifußballern in der Häufigkeit an zweiter Stelle. Seit ihrer Einführung 1999 können individuell gefertigte Gesichtsmasken die versorgten Bereiche jedoch absolut sicher schützen und damit auch den raschen Spieleinsatz ermöglichen.
Ein aktuelles Beispiel ist Robert Lewandowski, Stürmer des FC Bayern München, der sich im DFB Pokal-Halbfinale gegen Borussia Dortmund beim Zusammenprall mit Torhüter Mitch Langerak den Oberkiefer und das Nasenbein brach.
„Mit den Möglichkeiten der modernen MKG-Chirurgie können diese Frakturen rasch versorgt werden, Spielfähigkeit würde aber normalerweise erst mit sicherer Abheilung nach 3 bis 6 Wochen wieder erlangt“, sagt Prof. Dr. Dr. Gerd Gehrke von der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG). Seit ihrer Einführung 1999 können individuell gefertigte Gesichtsmasken die versorgten Bereiche jedoch absolut sicher schützen und damit auch den raschen Spieleinsatz ermöglichen. Prof. Dr. Dr. Harald Eufinger, Chefarzt der Klinik für MKG-Chirurgie Klinikum Vest Recklinghausen, ist „Erfinder“ dieser maßgefertigten Masken, die aus dem modernen Profi-Fußball nicht mehr wegzudenken sind. So macht es eine Maskenspezialanfertigung möglich, dass Lewandowski bereits nach einer Woche wieder fürs Champions League-Halbfinale in Barcelona einsatzbereit ist.
1999: Ebbe muss am nächsten Samstag wieder spielen!
Diese klare Forderung des Mannschaftsarztes noch während der ambulanten Reposition einer Nasenbeinfraktur von Ebbe Sand (damals FC Schalke 04) unter Lokalanästhesie am Abend des Unfalls galt es zu erfüllen. Unmöglich wäre dies aber ohne absolut sicheren mechanischen Schutz, auch für das Selbstvertrauen des Stürmers.
Die Lösung eröffnet sich einem Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgen aus seiner nicht nur ärztlichen sondern auch zahnärztlichen Ausbildung: Wie eine Zahnprothese über einem empfindlichen Kieferbereich könnte auch eine individuelle Maske über dem gesamten Nasenbein hohlgelegt sein. Dafür muss sie sich aber neben und über der Nase an drei Punkten sicher abstützen und in dieser eindeutigen Position mit Gurten über den Kopf fixiert sein − wie manche kieferorthopädische Geräte bei Kindern. Nach Abnehmen des Nasengipses wurde eine solche Maske erstmals für Ebbe Sand innerhalb von einem Tag angefertigt.
“Maskenmann” eine Woche später erfolgreich
„Maskenmann rettet Schalke“ – so titelte die Bild-Zeitung eine Woche später. Weiter schreibt sie zu dem Foto von Ebbe Sand mit Maske: „Ein bisschen gefährlich sieht er schon aus. Schalke-Stürmer Ebbe Sand mit der Spezial-Maske aus Plastik, die mit Gummi-Riemen gehalten wird.“
Zwar waren es keine Gummi-Riemen, aber das gefährliche Aussehen mag bis heute ein wesentliches Merkmal der Maskenmänner sein. Bis zum Spielanpfiff war es unklar, ob der Schiedsrichter beim Spiel Schalke gegen Unterhaching den Einsatz von Ebbe Sand überhaupt erlauben würde. Dass er es ohne Zögern tat, war nach der Anforderung durch den Mannschaftsarzt und der Problemlösung durch den MKG-Chirurgen die dritte ganz wesentliche Voraussetzung, die Verbreitung der Schutzmasken einzuleiten. Verletzungen von Gegenspielern durch diese Masken sind bis heute nicht bekannt geworden, so dass die prospektiv sicher sehr gewagte Schiedsrichterentscheidung rückblickend als völlig richtig bestätigt wird. Übrigens wurden im gleichen Jahr noch Radoslav Latal nach einer Jochbogenfraktur und ein Vertragsamateur vom FC Schalke 04 nach einer Jochbeinfraktur mit einer solchen Maske versorgt. Die Kosten von heute knapp 1000 Euro trägt die Berufsgenossenschaft, auch bei Verletzungen ausländischer Spieler bei einem Einsatz in ihrer Nationalmannschaft.
Beispiele aus der Bundesliga-Saison 2011/12
In der Folge brach die Nase von Ebbe Sand noch zwei Mal, 2004 und 2006. Beide Male wurde er mit einer faserverstärkten Karbonmaske versorgt, wie sie heute allgemein üblich sind. Dieses Material ist leichter, bruchfest und angenehmer zu tragen. Die schwarzen Masken werden nicht mehr in einem zahntechnischen Labor hergestellt sondern von Orthopädietechnikern. Wie bei der ersten Maske von Ebbe Sand 1999 wird aber in der Regel eine Abformung mit Gipsbinden genommen, um ein Gipsmodell zur Maskenanfertigung zu gewinnen. In den Jahren 2011 und 2012 waren allein vom FC Schalke 04 bisher die Spieler Metzelder (Nasenbeinfraktur), Huntelaar (Nasenbeinfraktur) und Höwedes (Jochbeinbruch) betroffen und konnten als rasch und belastbar wieder im Spielbetrieb eingesetzt werden.
(Weitere Infos/Quelle: H Eufinger, M Heise, T Rarreck: Das Management einfacher Mittelgesichtsfrakturen unter besonderer Berücksichtigung des Profifußballs. Sportverl Sportschad 14:35-40, 2000; Nachweis der Abbildungen zu Ebbe Sand: Prof. Dr. Dr. H. Eufinger)