Bis wohin greift die Parodontaltherapie?
Trotz enormer Fortschritte in der anti-infektiösen Therapie, sieht sich der Parodontologe oft mit dem Problem residualer Taschen konfrontiert. Dr. Moritz Kebschull referierte dazu bei der DG PARO-Frühjahrstagung 2015.
Eine Erklärung dafür sei eine ungenügende Entfernung von Konkrementen. Wo die Kürette versagt, können piezoelektrische Instrumente und Pulverwasserstrahlgeräte das Ergebnis verbessern. Gelinge die Reinigung trotzdem nicht, sei ein mikrochirurgischer Access-Flap eine Möglichkeit, die Wurzeloberfläche unter Sicht zu optimieren.
Bei flachen Defekten schaffe ein apikaler Verschiebelappen mit resektiver Knochenchirurgie Abhilfe, bei tiefen Defekten sei ein regeneratives Vorgehen möglich. Ein Problem seien aber Molaren mit Furkationsbefall mit bis zu 70 Prozent Restkonkrement (Matia IJPRD 1986). Kebschull sagte, Implantation im Seitenzahnbereich funktioniere gut, solle aber nicht primäre Therapieüberlegung sein.
Kein Grund zur “reflexartigen” Extrahierung
Kebschull sieht keinen Grund bei Molaren mit Furkationsbefall reflexartig zu extrahieren. Vielmehr sei ein sequenzielles Vorgehen angezeigt, das heißt zuerst ein Erhaltungsversuch in Form von resektiver Chirurgie. Wenn endodontisch vorbehandelt werde und eine Parodontitistherapie mit gewissenhafter Nachsorge erfolge, funktioniere diese Methode vorhersagbar.
Eine Implantatversorgung könne, falls nötig, später in einem zweiten Schritt erfolgen. Durch dieses Vorgehen würden sich keine Nachteile ergeben. Weder erhöhe sich durch eine eventuell spätere Extraktion die Notwendigkeit einer Sinusaugmentation, noch verschlechtere sich das Knochenangebot.
Können wir uns Zahnerhalt im Grenzfall leisten?
Prof. Dr. Ralf Rössler gab zu bedenken: In eine parodontale Therapieplanung müsse auch die Frage einfließen: Was kann der Patient sich leisten? Die Kosten für einen Zahnerhalt seien gemessen an Alternativtherapien relativ günstig, deswegen hätten auch parodontal kompromittierte Zähne eine hohe Erhaltungswürdigkeit. Als Parodontologe hätte man in der Regel Zeit, eine therapeutische Entscheidung zu treffen und die Wertigkeit von Zähnen zu beurteilen.
Er betonte, dass die eigentliche Therapie die Nachsorge sei. Ein regelmäßiger Recall ermögliche es herauszufinden, welches Regenerationspotenzial ein Patient habe. Dazu sei ein Zeitfenster von 8-12 Monaten nötig. In dieser Zeit seien auch persistierende Taschensondierungstiefen von 5 Millimetern zu verantworten, solange sicher gestellt sei, dass die Taschentiefe keiner Progression unterliege.