Digitale Tools für die bestmögliche Patientenversorgung

Wie man den richtigen Intraoralscanner findet

Zurzeit drängen immer mehr Hersteller mit neuen Intraoralscannern auf den Markt. Unternehmen, die diese Hardware nicht selbst produzieren, versuchen über Kooperationen mit den Herstellern oder über den Vertrieb eines Scanners ihr digitales Produktportfolio zu erweitern. Wie soll man sich nun in dieser Angebotsvielfalt zurechtfinden? Dr. Ingo Baresel, Cadolzburg, ist Initiator und Gründungsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Digitale Orale Abformung (DGDOA). Er kennt die Aspekte, die für die Wahl des richtigen Scanners entscheidend sind. Eines vorweg: Die Entscheidung ist an den individuellen Bedürfnissen auszurichten.


Anfang Oktober 2022 fand die nunmehr 7. Jahrestagung der DGDOA in Düsseldorf statt. Mit rund 145 Teilnehmern und 32 Herstellern digitaler Technologien war die zweitägige Veranstaltung für Dr. Ingo Baresel, Mitgründer und Vorstandsmitglied der DGDOA, ein voller Erfolg. Damit hatte die Jahrestagung ein deutliches Plus an Teilnehmern wie auch Ausstellern zu verzeichnen. Die Einsatzmöglichkeiten von Intraoralscannern und Neuerungen stellten Top‧referenten zum Thema digitale intraorale Abformung und Weiterverarbeitung der Daten dar: Prof. Dr. Jan-Frederik Güth, Frankfurt am Main; Prof. Dr. Florian Beuer, Berlin; Priv.-Doz. Dr. Anne-Katrin Lührs, Hannover; Dr. Gertrud Fabel, München; ZTM Stephan Kreimer, Warendorf, und Dr. Ingo Baresel, Cadolzburg. Die Take-Home-Message brachte Dr. Baresel auf den Punkt: „Ohne digitale Tools wird man den Patienten nicht mehr die bestmögliche Zahnmedizin zukommen lassen können.“ Die nächste Jahrestagung der DGDOA ist geplant am 15. und 16. September 2023, wieder in Düsseldorf.


Welche Trends lassen sich bei Intraoralscannern (IOS) erkennen?
Baresel: Zum einen geht es um mehr Komfort und Vereinfachung des Scannens. Zum anderen bieten die Hersteller weitere Möglichkeiten für den Workflow nach dem Scanvorgang an, zum Beispiel CAD/CAM-Software mit Model-Builder-Modulen oder Programmen, die das Überlagern von Scans ermöglichen, Chairside-Workflows durchgängiger gestalten oder Outcome-Simulationen anbieten.
Ein Feature meines Intraoralscanners, das ich sehr gerne und intensiv nutze, ist die Kariesdiagnostik mittels Nahinfrarot. Dieses Tool möchte ich – trotz anfänglicher Zweifel – in der täglichen Routine nie mehr missen.

Welche Unterschiede gibt es bei den IOS der verschiedenen Hersteller?
Intraoralscanner unterscheiden sich auf vielen Ebenen wie Handling, Software-Optionen und Genauigkeit. Der wichtigste Aspekt ist die Scangenauigkeit. Gerade hier gibt es große Divergenzen, und zwar sowohl wenn es um die Genauigkeit der Scans von Einzelzähnen als auch um Ganzkiefer-Scans geht. Zu erwähnen ist, dass die Verbesserungen im Ganzkiefer-Scan gewaltig sind – aber je nach Hersteller eben unterschiedlich.
In puncto Handling existieren Unterschiede beispielsweise beim Scan von Metalloberflächen und im Abreißverhalten. Noch nicht alle IOS verfügen über künstliche Intelligenz zur Entfernung von Artefakten. Auch die Empfindlichkeit der Geräte-Software bei Scanfehlern ist durchaus verschieden.
Zudem eignen sich einige Intraoralscanner lediglich als reine Abformmaschinen. Andere bieten durch die zuvor erwähnten Softwareoptionen auch die Möglichkeit, als Diagnostik-, Kommunikations- oder Designtools verwendet zu werden.

Worauf sollten Zahnärzte bei der Investition in einen IOS achten?
Jeder Praxisinhaber muss sich zunächst fragen: Möchte ich meinen Workflow verändern? Will ich mit der digitalen Abformung in Zukunft arbeiten? Je nach Größe der Praxis und dem Einsatzbereich des Scanners gibt es dann unterschiedliche Kriterien, die man bei der Entscheidung für den ein oder anderen Scanner anlegen kann. Aber im Wesentlichen läuft es auf folgende Punkte hinaus:

  1. Genauigkeit – Die Abformung ist der zentralste und wichtigste Punkt jeder restaurativen Behandlung. Folglich sollte man sich zunächst mit der Genauigkeit der Scanner befassen, sowohl im Ganzkiefer als auch am Einzelzahn. Hierzu liegen viele unabhängige Studien vor.
    Mein konkreter Tipp lautet: An diesem Aspekt aus finanziellen Gründen Abstriche zu machen, ist ganz klar ein Sparen an der falschen Stelle.
  2. Mobilität – Wie beweglich muss der Scanner sein? Soll er über verschiedene Stockwerke oder gar an verschiedene Standorte transportiert werden oder verbleibt er in einer ebenerdigen Praxis? Mein persönlicher Favorit sind Cart-Lösungen, da sie gegenüber Laptop-Varianten hygienischer und flexibler in der Praxis zu bewegen sind. Zudem muss gerade bei Laptop-Scannern dringend auf die MPG- und RKI-Konformität geachtet werden.
  3. Ziele definieren – Wofür will ich den Scanner nutzen? Geht es also lediglich um das digitale Abformen oder auch um Diagnostik und Patientenaufklärung?
  4. Datenspeicherung – ist ein weiterer wichtiger Bereich. Werden die Daten in einer Cloud oder stationär abgelegt? Gerade in größeren Praxen mit mehreren Ärzten und Scannern ist eine Cloudlösung unverzichtbar.
  5. Preis – Natürlich spielen auch der Preis und vor allem die laufenden Kosten für Updates, Service oder Scanaufsätze eine wichtige Rolle bei der Entscheidung.
    Mit dem Einzug der digitalen Abformung sind innerhalb des Praxis- und Behandlungsworkflows einige Veränderungen verbunden. Wie gelingt die Implementierung?
    Natürlich kann man zunächst mit Skepsis im Praxisteam rechnen, gerade wenn es um eine so umfangreiche Umstellung im Workflow geht. Wichtig ist es, sein Team im Veränderungsprozess mitzunehmen.

Deshalb mein Tipp: Sprechen Sie mit Ihren Mitarbeitern, erklären Sie ihnen die Vorteile und vor allem üben Sie im Team intensiv das Scannen. Nehmen und geben Sie sich dafür ausreichend Zeit, um alle neuen Abläufe im Team – und dazu zähle ich auch die Dentallabore – durchzugehen.
Bei diesem Prozess bieten auch Hersteller, Reseller oder Dienstleister wie der DGDOA ihre Unterstützung mit Trainings direkt in der Praxis an. So kann man die Umsetzung in der Praxis auch professionell begleiten lassen. In meinem Team erhalten grundsätzlich alle Mitarbeiter ein Scan-Training und danach haben alle eine große Freude daran.

Herzlichen Dank für Ihre konkreten Tipps, Herr Dr.  Baresel.

Dr. Ingo Baresel
ist in Cadolzburg gemeinsam mit Dr. Jens und Dr. Wolfgang Baresel in einer Gemeinschaftspraxis niedergelassen.
Sie gründeten 2014 die Deutsche Gesellschaft für Digitale Orale Abformung (DGDOA).
Dr. Ingo Baresel ist zu diesem Thema international als Referent gefragt.
ingo.baresel@t-online.de