Möglichkeiten der Wurzelkanalbehandlung

Wurzelkanalaufbereitung: Reicht eine Feile?

Das Spektrum der unterschiedlichen Wege der WK-Aufbereitungsphilosophien ist breit. Die Varianten reichen von der Aufbereitung mit Handfeilen über rotierende und reziproke Bewegungen bis hin zu selbstadjustierenden Feilen. Gleichzeitig scheint die Endodontie mit der Fortentwicklung der maschinellen Aufbereitung immer einfacher zu werden. Was ist da dran? Das diskutieren Fachleute aus Praxis, Hochschule, und Industrie im aktuellen Expertenzirkel.



„Nur eine Feile“ − der Slogan klingt verlockend. Lassen sich die endodontischen Behandlungen heute – zumindest bis zu einem gewissen Grad – standardisieren?

Lang: Ich denke ja – und das ist auch notwendig, da jeder Zahnarzt in der Lage sein sollte, Wurzelkanalbehandlungen klinisch sicher durchzuführen. Bei acht Millionen Wurzelkanalbehandlungen in Deutschland pro Jahr kann nicht jeder Patient direkt vom Spezialisten behandelt werden. Da kommt es auf die Fallselektion an. Die Herausforderung ist, dass sichere, einfache und universelle Systeme zur Verfügung stehen. Und da sind wir schon deutlich weitergekommen.
Von Stetten: Dennoch, wirklich standardisieren lässt sich nur die initiale Diagnostik und die Strukturierung der Behandlung.

Sprich alte Restaurationen raus, Karies exkavieren, aufbauen etc.?

Von Stetten: Ja, für die mechanische Aufbereitung sehe ich dagegen aktuell kaum Chancen, absolute Standards zu schaffen. Die anatomische Variabilität der Kanäle ist einfach zu groß.

Man versucht es aber dennoch …

Von Stetten: Stimmt, aber nicht immer mit Erfolg. Ein Ansatz ist zum Beispiel die alte Faustregel, nach der ersten Feile, die apikal Kontakt hat, drei ISO-Größen höher zu gehen. Das hat sich aber in der Praxis nicht bewährt. Auch die Herstellersequenzen sklavisch abzuarbeiten bringt nichts. Und wenn ich „One file Endo“ höre, wird mir immer ein wenig schwummerig.

Warum eigentlich? Durchaus renommierte Experten halten die Wurzelkanalbehandlung mit nur einer Feile bei reziproker Arbeitsbewegung für einen enormen Fortschritt. Das Instrument bewegt sich dabei in einem Winkel von 90 bis 150 Grad in schneidender Richtung und einem geringeren Winkel in umgekehrter Richtung. Nach mehreren Vor- und Rückbewegungen entsteht so eine vollständige Rotationsbewegung …

Von Stetten: In unserer Praxis haben die reziprok arbeitenden Systeme auch ihren Platz, keine Frage. Fälle, für die ich in der Vergangenheit komplizierte Instrumentensequenzen benötigte, schaffe ich heute auch mit einer Feile sicher, gut und vorhersagbar. Reziprok arbeitende Systeme haben definitiv die Prozesssicherheit erhöht in Bezug auf Kanalpräparationsproblematiken wie Zips, Elbows, Ledges und Instrumentenfrakturen. Es ist nicht mehr so problematisch wie in der Vergangenheit, einen guten „Shape“ für die Wurzelfüllung zu erreichen. Das bringt mehr Zeit fürs Spülen und Desinfizieren. Und da ist noch deutlich Platz nach oben. Das zeigt die letzte epidemiologische Untersuchung von Prof. Dr. Michael Hülsmann, Göttingen 1995. Seitdem ist das auch nicht mehr nachuntersucht worden.

Herr Schriber, mehr Standards in der Endodontie, wann dürfen die Generalisten damit rechnen?

Schriber: Für komplexe Morphologien und enge Wurzelkanäle vorläufig gar nicht. Es ist unverantwortlich zu behaupten, dass sich enge Wurzelkanäle und komplexe Morphologien mit nur einer Feile korrekt aufbereiten lassen.

Aber auch bei der Self-Adjusting File (SAF) handelt es sich doch um ein Ein-Feilen-System …

Diegritz: Nein, es braucht mindestens drei bis vier Feilen. Eine Handfeile für die Gleitpfaderschließung, den Orifice Opener oder Gates Bohrer für die koronale Erweiterung des Wurzelkanaleingangs, eine Feile mit ISO 20 für die initiale Formgebung. Diesen Anforderungen ist auch RedentNova mit ihren PreSAF-Feilen nachgekommen.

Das klingt aber nicht nach mehr Einfachheit …

Schriber: Wurzelkanäle sind nun einmal unterschiedlich geformt, oval, tropfen- oder C-förmig. Die Biologie folgt eben keinen Standards. Runde und konische Wurzelkanäle machen sich zwar in Marketingbroschüren hervorragend, die Realität sieht aber anders aus.

Kann man mit Handfeilen oder herkömmlichen maschinellen Instrumenten dreidimensional aufbereiten?

Schriber: Nein, solche Feilen sind wegen ihres festen Kerns nicht in der Lage, sich der dreidimensionalen Wurzelkanalmorphologie anzupassen. Die SAF dagegen schafft das und das ist das Besondere. Selbstadjustierende Feilen passen sich der unregelmäßigen Form des Wurzelkanals an können den Wurzelkanal nachweislich gründlicher reinigen. Selbstverständlich erfordert auch die SAF eine vorherige Gleitpfadaufbereitung.

Dann ist der Single-File-Slogan eher irritierend?

Diegritz: Im Grunde schon. Nur eine Feile – das entspricht in der Regel nicht den Anforderungen einer adäquaten Wurzelkanalaufbereitung. Schließlich ist die Mehrzahl der aufzubereitenden Kanäle am Apex im Durchmesser größer als eine ISO-25-Feile. Es bedarf in der Regel einer manuellen Nachbearbeitung mit Handfeilen – Deep apical shaping – oder eines anderen maschinelllen Systems und damit einer „Hybridisierung“ der Aufbereitungssequenz, wie sie in dem Behandlungsfall beschrieben wird (Abb. 3 bis 6).
Lang: Die SAF kommt dem Ein-Feilen-Konzept aber schon sehr nahe, da sie sich der Zahnmorphologie anpassen und ihr Durchmesser zwischen ISO 20 und ISO 150 variieren kann. Die rotierenden oder alternierenden, sprich reziproken, Einfeilensysteme können den Wurzelkanal dagegen nur auf eine definierte Größe aufbereiten. Da die Zahnmorphologie sich nicht in ein Schema pressen lässt, ist es logisch, dass dann dennoch mehrere verschiedene Feilen zum Einsatz kommen müssen.
Diegritz: Die SAF-Feile versucht als einziges mechanisches Aufbereitungsinstrument dem Anspruch einer chemomechanischen Aufbereitung gerecht zu werden. Mit ihrer Arbeitsweise soll der bakterielle Biofilm sowohl chemisch als auch mechanisch entfernt werden. So ansprechend und „out of the box thinking“ das Design auch ist, so erreicht auch dieses System 25 Prozent der Wurzeloberfläche nicht. Es ist in diesem Punkt aber allen anderen rotierenden und reziproken Feilensystemen überlegen.

Was empfehlen Sie Neueinsteigern?

Diegritz: Wer von der Handaufbereitung auf eine maschinelle Aufbereitung umsteigen möchte, liegt mit der maschinellen Aufbereitung mit Nickel-Titan-Feilen schon einmal nicht verkehrt. NiTi-Feilen sind an den deutschen Hochschulen heute Standard.
Manuell aufbereiten muss der Umsteiger dann aber auch noch.
Diegritz: Ja, das sollte auch niemand verlernen. Denn vor jeder maschinellen Aufbereitung ist nach wie vor eine manuelle Aufbereitung Pflicht. Die manuelle Gleitpfaderschließung ist einer der wichtigsten Arbeitsschritte der maschinellen Kanalaufbereitung. Die über Jahre erlernten und erarbeiteten manuellen Fähigkeiten bleiben daher nach wie vor gefordert.

Warum ist die Gleitpfadpräparation so wichtig?

Lang: Die Wurzelkanalbehandlung wird in der Regel erst nötig, wenn es vorher eine Pulpaerkrankung gegeben hat. Diese führt entweder zu Apposition, Resorption oder Neubildung von Dentin. Klinisch äußert sich dies in Form von Obliterationen, Aussackungen oder Dentikeln. Dies führt zu schwer lokalisierbaren und schwer instrumentierbaren Wurzelkanälen. Daher ist das Ziel des Gleitpfads, den Wurzelkanal so weit vorzubereiten, dass eine einfache Instrumentierung auf der vollen Wurzelkanallänge möglich wird.
Schriber: Auch für die Arbeit mit unserem SAF-System ist die Gleitpfadpräparierung das A und O. Koronale Trichter müssen ermöglichen, dass die Feile in vollständiger Länge in den vorbereiteten Wurzelkanal eingeführt werden kann. Sie vibriert dann mit der rauen Oberfläche vier Minuten lang pro Wurzelkanal unter kontinuierlicher Spülung und bearbeitet damit die Kanalwände.

Etwa wie eine Art Sandpapier?

Schriber: Ja, das funktioniert aufgrund der abrasiven Oberfläche nach einem ähnlichen Prinzip. Die Feile bewegt sich auf und ab, durch die Kompression im Kanal wird ein leichter, gleichmäßiger Druck auf die Kanalwand ausgeübt. Aus diesem Grund ist für die SAF ein ausreichender Gleitpfad von ISO 20/.02 ein Muss, in gekrümmten Kanälen ISO 20/.04. Dafür wird manuell eine SAF-Feile auf Arbeitslänge eingeführt, bevor sie am Handstück angebracht wird.

Das Ganze klingt kompliziert. Was sind die größten Hürden bei der Gleitpfadpräparation?

Von Stetten: Den Kanalverlauf vorhersagbar zu katheterisieren, damit die nachfolgenden Feilen ohne große Obstruktion problemlos auf ihre Arbeitslänge gebracht werden können. Aber auch die Gleitpfaderstellung selbst kann bereits Probleme im Kanalverlauf erzeugen, die später nicht mehr oder nur unter Schwierigkeiten zu beheben sind.

Wieso? Wird zum Beispiel überpräpariert?

Von Stetten: Das kann passieren. Bevor ich die Feile einführen kann, muss ich den Kanal erst einmal gefunden haben. Und das ist in Anbetracht des immer höheren Altersdurchschnitts der Bevölkerung nicht gerade einfach. Obliterierte Fälle nehmen immer weiter zu. Ein weiterer Knackpunkt ist, dass Behandler zu schnell versuchen, nach apikal zu gelangen. Das führt zu Präparationsfehlern. Geduld und Ausdauer bei der Gleitpfadpräparation sind wichtig.

Wie viel Zeit sollte man dafür einkalkulieren?

Von Stetten: In unserer Praxis nimmt das durchaus auch einmal 45 bis 60 Minuten in Anspruch, wobei die Desinfektion von Anfang an beginnt, da wir ständig NaOCl im Kavum haben.
Lang: Die Gleitpfadpräparation kann einer der kompliziertesten Schritte der Wurzelkanalbehandlung sein. Da geben Generalisten schnell auf, bzw. es entstehen Aufbereitungsfehler, die sich später nur sehr aufwendig korrigieren lassen. Wenn es kompliziert wird, müssen wir Spezialisten uns in dieser Phase viel Zeit nehmen und behutsam vorgehen. Wir tauschen und erneuern ständig unsere Instrumente, biegen diese der Morphologie entsprechend vor und planen die Wurzelkanalaufbereitung in mehrere Ebenen. Um auch bei schwierigen anatomischen Situationen in annehmbarer Zeit konstant gute Ergebnisse zu erzielen, braucht es neben der instrumentellen Ausstattung vor allem Erfahrung und ständige Übung. Das rechtfertigt die Limitierung unserer klinischen Tätigkeit auf dieses Fachgebiet.

Gibt es weitere Knackpunkte?

Diegritz: Neben der Visualisierung der möglichen apikalen Krümmung und dem entsprechenden Vorbiegen von Handinstrumenten erfordert vor allem das Erlernen des taktilen Gefühls für die Erschließung des Foramens Training.

Lässt sich die Gleitpfadpräparation auch maschinell bewerkstelligen?

Lang: Es gibt die Möglichkeit, die Carbonstahl-Instrumente (C-Feilen) in ein alternierendes Winkelstück einzuspannen (M4 Safety Handpiece). Damit ist eine maschinelle Bearbeitung auch bei ISO 06 und 08 sicher möglich, allerdings leidet dann die Taktilität etwas.
Von Stetten: Das M4-Winkelstück ermöglicht alternierende Bewegungen im Sinne der „watch-winding-motion“, also eines Hin-und-her-Rüttelns auch mit Handfeilen, über einen Adapter auch mit maschinellen Ni-Ti-Feilen. Oft ist das Handstück die bequemere Variante.

Macht es Sinn, maschinelle ISO-06- und ISO-08-Feilen zu entwickeln, um die Gleitpfadpräparation zu erleichtern?

Diegritz: Nein, die Feilen würden sofort frakturieren.

Stehen in diesem Zusammenhang überhaupt Neuentwicklungen an?

Von Steffen: Nein, das ist auch nicht nötig. Das lässt sich gut mit Handfeilen bewältigen, bei Revisionen oder bei starken Obliterationen sind sie nicht durch maschinelle Varianten zu ersetzen.
Handfeilen sind demnach bei der Gleitpfadpräparation Goldstandard?
Lang: Ja, sie haben sich in dieser Phase der Aufbereitung bewährt, weil sie sich gut vorbiegen lassen, ausreichend tor‧sionsfest und schneidfreudig sind. Weiterhin haben sie eine gute Taktilität. Genau diese Eigenschaften werden in dieser Phase der Wurzelkanalaufbereitung benötigt.
Diegritz: Ich schließe mich an. Bei der maschinellen Gleitpfaderschließung verliert man die taktile Kontrolle. Daher halte ich die manuelle Gleitpfaderschließung für unumgänglich. Ein Einsatzgebiet für rotierende „Gleitpfadfeilen“ sind für mich extreme Wurzelkanalkrümmungen: Nach einer initialen Erschließung mit ISO-08- bzw. ISO-10-Handfeilen können diese die weitere Wurzelkanalaufbereitung mit maschinellen Feilen erleichtern.
Lang: Ab ISO 10 macht es meiner Ansicht nach allerdings Sinn, die weitere Gleitpfadpräparation mit Nickel-Titan-Instrumenten fortzusetzen. Stahlinstrumente sind ab dieser Größe nicht mehr flexibel genug. Die Folge können Aufbereitungsfehler sein, die sich mit NiTi-Instrumenten vermeiden lassen. Interessant sind in diesem Zusammenhang Neuentwicklungen mit semiaktiven Spitzen und ansteigender Konizität wie der ProGlider oder die BT-Race-Instrumente, da bei ihnen der Gleitpfad und der koronale Zugang gleichzeitig erweitert werden.

Herr Schriber, was sagen Sie als Vertreter der Industrie?

Schriber: Letztlich entscheiden zwei Faktoren über den Erfolg einer endontischen Behandlung:
1.    Der gesamte Kanal muss lokalisiert werden. Das funktioniert am besten mit Handfeilen.
2.    Man muss in der Lage sein, der gesamten Kanalstruktur zu folgen, den Kanal perfekt zu reinigen und zu desinfizieren, und zwar ohne Debris zu überpressen. Das ermöglicht die SAF.
Je größer der Taper, desto starrer und unflexibler wird das Instrument, heißt es …
Von Stetten: Einen Moment. Was versteht man unter einem großen Taper? Das sollten wir erst einmal definieren.

Ist das ein Problem?

Von Stetten: Durchaus. Für einen palatinalen Kanal eines Oberkiefer-6ers ist ein Taper von sechs Prozent manchmal sicher gerechtfertigt, für einen zierlichen Frontzahn im Unterkiefer könnte dieser Taper dagegen zu groß sein. Es ist immer eine individuelle Entscheidung für den jeweiligen Kanal zu treffen.
Stichwort: mangelhafte Flexibilität. Ab welcher Tapergröße drohen Dentin-Infraktionen, sogenannte Microcracks?
Von Stetten: Interessant, wie das Wort Microcracks immer wieder für Aufregung sorgen kann. Dabei sind die dazu publizierten Studien methodisch angreifbar, die Ergebnisse sind nicht inkludent und zum Teil auch widersprüchlich. Nicht einmal die Wissenschaft ist sich einig darüber, ob die derzeit eingesetzten Techniken ausreichend sind und über eine ausreichend hohe Sensitivität verfügen. Zudem kann man ruhig die Frage stellen, warum bei den tausenden Aufbereitungsstudien nie von Microcracks die Rede ist. Das gibt zu denken.

Inwiefern?

Von Stetten: Selbst wenn rotierende Systeme tatsächlich Microcracks erzeugen, wissen wir noch lange nicht, was diese auslösen können oder ob sie am Ende sogar für Vertikalfrakturen verantwortlich sind. Persönlich empfinde ich die Microcrack-Keule als Angstmache und verkaufsförderndes Argument.
Und solange keine validen Daten vorliegen, sind alle Aussagen reine Spekula‧tion. Lassen Sie uns in 20 Jahren nochmals darüber reden. Dass ein Versagen im Sinne einer Vertikalfraktur ein multifaktorielles Geschehen ist und nicht nur auf einen großen Taper zurückgeführt werden kann, erscheint mir dagegen logisch. Leider gibt es auch dazu keinerlei valide Literatur.
Diegritz: Die Literatur zu diesem Thema ist in der Tat nicht einheitlich. Das liegt vor allem an teils stark divergierenden Methodiken der Studien. Dies zu diskutieren würde jedoch den Rahmen des Interviews sprengen. Als größeres Problem sehe ich jedoch grazile Kanalstrukturen wie mb2-Kanäle an Oberkiefermolaren oder Middle-mesial-Kanäle an Unterkiefermolaren. Sie sollten aus meiner Sicht nicht mit einem Einfeilensystem bzw. mit Feilen großer Konizität aufbereitet werden, da eine solche Aufbereitung zu einer unnötigen Schwächung der perizervikalen Dentinstrukturen in Richtung der Furkation führen kann und damit das Risiko für iatrogene Perforationen und Längsfrakturen unnötig erhöht.

Ist das belegt?

Lang: Die Dentin-Infraktion ist sicher ein multifaktorielles Geschehen, das für den Zahnerhalt katastrophale Folgen haben kann. Man sollte sich daher die Frage stellen, wo man präventiv ansetzen kann. Unstrittig ist, dass durch die rotierende Aufbereitung Dentin-Infraktionen verursacht werden und durch die Handaufbereitung und die SAF-Aufbereitung eben nicht. Die klinische Bedeutung der Dentin-Infraktion ist unklar.
Das trifft aber auch auf die meisten anderen Prozeduren in der Endodontie zu, weil sich wissenschaftlich unter klinischen Bedingungen eben Ursache und Wirkung schlecht diskriminieren lassen. Umgekehrt ist das unter Laborbedingungen gewonnene Wissen zu der Frage, welches Verfahren die mechanische Integrität der Zahnwurzel am wenigsten beschädigt, für die klinische Urteilsfindung trotzdem bedeutsam.
Schriber: Seit den Studien der Gruppe um Shemesh und Wesselink an der ACTA-Universität in Amsterdam zum Thema Mikrorissbildung durch rotierende Instrumente wurden Dutzende von Forschungsarbeiten zu diesem Thema veröffentlicht. Diese Untersuchungen zeigten einen sehr hohen Grad an Mikrorissen von 20 Prozent. Prof. Dr. Edgar Schäfer zeigte sogar, dass Single-File-Instrumente mehr Mikrorisse verursachen als rotierende Instrumente in Vollsequenz. Finite-Elemente-Analysen belegen zudem, dass die Dentinreißfestigkeit bei 106 MPa liegt, die Kraft rotierender Instrumente aber 386 MPa erreicht. Die SAF wirkt dagegen nur mit einer Kraft von 10,4 MPa. Diese Ergebnisse erklären, warum rotierende Instrumente als Ursache von Mikrorissen gelten.
Von Stetten: Ich empfehle die Lektüre von DeDeus JOE, Sept 2014. Darin wird eindeutig nachgewiesen, dass die Microcracks bereits vor der Präparation vorhanden waren und sich während der Aufbereitung nicht erweitert haben. Dr. DeDeus stellt sehr interessante Frage in seiner Diskussion der Ergebnisse, der Artikel ist sehr lesenswert. Kollege Lang hat zu Recht die Gretchenfrage nach dem Übertragen des in Laborversuchen gewonnenen Wissens in die Klinik gestellt. Bei solchen Versuchsaufbauten, die mit unzureichender Methodik etwas zu zeigen versuchen, wäre ich sehr zurückhaltend. Man kann dieses „Wissen“ nicht 1:1 in die klinische Situation übertragen. Das ist ein Problem, mit dem die Endodontie übrigens tatsächlich stark zu kämpfen hat. Noch einmal: Die Anpassung an die Anatomie des Patienten ist hier das Wichtigste.

Dennoch werden große Taper nicht abgelehnt, warum nicht? Damit hätte man eine potenzielle Microcrack-Ursache doch eigentlich schon einmal eliminiert.

Lang: Ein größerer apikaler Taper hat auch Vorteile. Er verbessert die Reinigung des Wurzelkanals, ohne dass das apikale Foramen stark eröffnet werden muss. Außerdem optimiert er die Kontrolle der Länge bei der Wurzelkanalfüllung: Dank des apikal größeren Konuswinkels lässt sich bei der thermoplastischen Obutration der Kompaktionsdruck dazu nutzen, die Seitenkanäle, die Isthmen und die Rezessus besser zu obturieren. Weiter kann ein Überpressen des Wurzelfüllmaterials bei dieser Form vermieden werden. Darüber hinaus wird das direkte Einspritzen von erwärmter Guttapercha auf voller Arbeitslänge überhaupt erst mit dieser Präparationsart möglich. Aber unter bestimmten Voraussetzungen führt bei der rotierenden Aufbereitung ein größerer Taper zu mehr Dentin-Infraktionen.
Schriber: Größere Taper sind immer eine Kompromisslösung. Um auch den apikalen Bereich ausreichend spülen zu können und Vorteile bei der Obturation zu erlangen, nimmt man die damit verbundenen Nachteile in Kauf. Das erübrigt sich für den SAF-Anwender. Die Feile arbeitet mit kontinuierlicher Natriumhypochlorid-Zuführung. Die Spülflüssigkeit wird alle 20 bis 30 Sekunden im apikalen Bereich ausgetauscht, selbst bei einer Kanalgröße von ISO 20. So verbessern sich die Ergebnisse der Obturation substanzschonend und minimalinvasiv. DeDeus et al. zeigen deutlich den Unterschied in der Obturation zwischen der SAF und rotierenden Instrumenten.

Sind große Taper „out“?

Diegritz: Jedenfalls scheint die Zeit der Greater-Taper-Aufbereitung sich dem Ende zuzuneigen. Viele Hersteller denken bereits um. So hat Dentsply bei seinen ProTaperNext Feilen den Taper im Vergleich zu den ursprünglichen Pro-Taper-Feilen reduziert. Das Gleiche gilt für die Weiterentwicklung der Wave-One-Feilen, den sog. Wave One Gold. FKG hat mit dem BT-Race-System ein Dreifeilensystem mit lediglich je einer 10/06-, 35/00- und 35/04-Feile im Sortiment. Ich denke, der Trend wird sich weiter fortsetzen. Ein Grundproblem in der Zahnmedizin ist jedoch, dass Trends sich schneller durchsetzen, als wissenschaftliche Ergebnisse für ihre Effektivität erbracht werden können. Ob dieser Trend der kleinen Taperaufbereitung daher zu besseren Erfolgsraten in der Endodontie führt, bleibt abzuwarten.
Von Stetten: Ist es denn wirklich ein wissenschaftlich untermauerter Trend oder ein Markttrend, dem die Hersteller mit der Verminderung des MFD (minimal file diameter) folgen? Diese Frage muss man schon stellen. Lässt man den gesunden Menschenverstand walten, erscheint es zwar logisch, ich kann allerdings nur dazu sagen: Koinzidenz und Kausalität sind sehr oft unabhängig voneinander, vor allem bei solch hochkomplexen Systemen. Nur als Anregung: Wenn die Aufbereitung Microcracks verursachen soll, dann doch auch unsere warm-vertikalen Füllmethoden durch den apikalen Druck mit Handinstrumenten, um eine möglichst gute Adaptation an die Wurzelkanalwände zu erhalten. Nur spricht man nicht darüber, denn das wäre ein Eingeständnis, in den letzten Jahrzehnten bewusst falsch therapiert zu haben.


Stichwort Kanalverlagerungen. Was sind die Ursachen dafür?

Von Stetten: Kanalverlagerungen entstehen letztlich durch das Bestreben, zu schnell nach apikal gelangen zu wollen, also durch die falsche Anwendung der rotierenden, aber auch der reziproken Systeme. Dentsply hat bei der ProTaper-Feile für die Fini‧shing-Files den Spruch „Kiss the apex“ geprägt. Gefällt mir gut. Kurz, prägnant. Es macht keinen Sinn, eine Feile über 20 Sekunden am Apex auf Arbeitslänge arbeiten zu lassen. Infolge der Rückstellkraft des NiTi wird automatisch eine Kanalverlagerung präpariert, ob man möchte oder nicht. Eine weitere Ursache: das Arbeiten mit zu großen, dem Kanal nicht angepassten Feilen.

Bitte konkretisieren Sie das.

Von Stetten: Liegt ein Knick im apikalen Drittel vor, kommt eine Feile ISO 30.06. da nicht herum, sie setzt auf. Der Gleitpfad und eine sinnvolle Instrumentensequenz können da sehr hilfreich sein. Auch ausreichendes Spülen ist ein Muss. Denn die modernen Systeme sind hocheffizient, ohne Debris-Entfernung kann die Feile nicht arbeiten.
Mangelnde Feilenflexibilität führt demnach zu Kanalverlagerungen und weiteren Komplikationen?
Schriber: Traditionelle Edelstahlfeilen hatten immer das Problem, dass sie zu steif und unflexibel waren. Die Einführung von rotierenden NiTi-Instrumenten vor 25 Jahren sollte das ändern, da NiTi-Instrumente flexibler sind. Jedoch auch die flexiblen rotierenden Instrumente haben einen festen Kern und versuchen den Kanal zu begradigen. Darüber hinaus hat der jüngste Trend der stark konischen rotierenden und reziproken Instrumente die Flexibilität deutlich reduziert.

Und die SAF soll nun alles richten?

Schriber: Die SAF ist eine Hohlfeile in Form eines elastisch komprimierbaren, spitzen Zylinders mit dünnen Wänden aus Nickel-Titan. Sie passt sich jeder Wurzelkanalanatomie an, formt sie minimalinvasiv, wobei kontaminiertes Dentin entfernt und gleichzeitig die gesunde Zahnstruktur erhalten wird, und zwar mehr als bei flexiblen rotierenden Instrumenten [Burroughs et al., J Endod 2012].

Stimmt das tatsächlich?

Lang: Ein flexibles Instrument führt definitiv langsamer zu einer Kanalverlagerung. Allerdings ist dies nicht der einzige Faktor. Auch durch unterschiedliche Instrumentengeometrien kann die Kanalverlagerung kontrolliert werden.

Durch welche Geometrien zum Beispiel?

Digritz: Durch das Design der Instrumentenspitze, durch Schneidekantenwinkel, Abstände der Schneidekanten, Kerndurchmesser sowie durch die Metallurgie der NiTi-Instrumente. Mit sog. Controlled-Memory-Feilen wie z. B. der Hyflex CM Wire ist es heute bereits möglich, eine übermäßige Wurzelkanalverlagerung zu vermeiden, da diese Controlled-Memory-Feilen eben nicht über das Formgedächtnis normaler NiTi-Feilen verfügen.
Stichwort Spülkonzept: Wann reicht das manuelle Spülen, wann muss die Spüllösung aktiviert werden?
Diegritz: Eine Aktivierung der Spüllösungen macht aus vielerlei Sicht Sinn: Eine bessere Entfernung von Debris, eine leichtere Entfernung von CaOH2-Resten, eine gesteigerte antimikrobielle Wirkung – all dies konnte in zahlreichen In-vitro- und In-vivo- Untersuchungen gezeigt werden. Jedoch gibt es noch keine Studien, die einen positiven Effekt auf die apikale Ausheilung zeigen konnten [Liang et al. Journal of Endodontics 2013].
Lang: Ultraschall-aktivierte Spülung löst aber nur ein Teilproblem bei der Reinigung des Wurzelkanals nach der Aufbereitung. In geraden Kanälen ist es effektiv. Hinter einer Krümmung ist es technikbedingt schlechter. In schmale Isthmen verpresste Dentinspäne lassen sich mit passiven Ultraschalltechniken auch nur schwer entfernen.

Was hilft besser?

Diegritz: Es gibt eine Vielzahl von interessanten Anwendungen, um die antibakteriellen Eigenschaften des NaOCl zu steigern: Beim sog. PIPS (photon-induced photoacoustic streaming) wird durch den Einsatz eines Er:YAG-Lasers die Spülflüssigkeit aktiviert. Aber diese Technologien sind noch in der wissenschaft‧lichen Erprobung und es bleibt abzuwarten, ob die hohen Investitionskosten sich tatsächlich klinisch auszahlen.
Lang: Der EndoVac ist eine sehr effektive und sichere Spülung. Die Self-Adjusting-File spielt jedoch in ihrer eigenen Liga und ist bisher ungeschlagen, da technikbedingt keine Späne verpresst werden können und daher die Spülung gut einwirken kann. Neue Agitationsverfahren wie EDDY und XP Endo Finisher sind weitere Ansätze, aber bisher gibt es keine ausreichenden wissenschaft‧lichen Daten und wenig klinische Erfahrung.
Schriber: Die SAF ist den anderen Systeme überlegen, weil Formgebung und Reinigung in einem Arbeitsschritt erfolgen und das Instrument die Fähigkeit besitzt, dreidimensional unter ständiger Zufuhr von NaOCl den überwiegenden Teil der Kanalwände zu bearbeiten. Dies führt zu einer effektiven Reinigung und Desinfektion. Die kontinuierliche Spülung verhindert, dass Debris in die engen Bereiche der Kanäle gepresst werden. Die hohe Effektivität ermöglicht auch die Reinigung und Desinfektion sehr enger Kanalabschnitte [Siqueira et al., J Endod 2010].

Das Endo-Equipment und auch die Spülkonzepte werden immer besser. Sinkt auch die Zahl der Revisionen entsprechend?

Diegritz: Leider nein. Aus den epidemiologischen Untersuchungen wissen wir, dass sich die röntgenologische Qualität der Wurzelkanalbehandlungen in den letzten 20 Jahren verbessert hat. Das gilt jedoch nicht für die apikale Gesundheit der wurzelkanalbehandelten Zähne. Vielleicht können neue Spülkonzepte wie PIPS dies eines Tages erreichen. Wissenschaftlich ist das aber noch nicht belegt und damit Zukunftsmusik. Dennoch können wir heute mit den Grundpfeilern einer adäquaten Wurzelkanalbehandlung, nämlich einem aseptischen Behandlungsprotokoll mit Kofferdam, elektronischer Längenbestimmung und adäquater Aufbereitung des Wurzelkanalsystems sowie einer intensiven Desinfektion mit Natriumhypochlorid, Erfolgsraten von 68 bis 85 Prozent erreichen. In der Medizin sind solche Erfolgsraten durchaus als beachtenswert einzuschätzen.
Lang: Momentan wissen wir, dass der Bedarf an klinisch notwendigen Revisionen sehr hoch ist, da die Qualität der Wurzelkanalbehandlungen nach wie vor inkonsistent und meist niedrig ist. Generalisten bieten meistens keine Revisionen an, und Zahnärzte, die auf Endodontie spezialisiert sind, führen zum Großteil Revisionen von Misserfolgen oder Rezidiven durch. Was wir durch Weiterbildung erreichen wollen, ist, dass Generalisten durch eine gute Fallselektion die Mehrzahl der Behandlungsfälle mit guter Prognose selbst durchführen können und die komplizierten Behandlungsfälle erkannt und zum Spezialisten überwiesen werden. Damit wäre allen gedient, die Endodontie hätte einen besseren Ruf und sicher höhere Erfolgsraten, als heute epidemiologisch ermittelt werden.
Schriber: Die Erfolgsraten haben sich nicht verbessert, die Ursachen dafür sind vielfältig. Die rotierenden Instrumente haben meiner Ansicht nach zwar Fortschritte, aber auch Nachteile und Risiken mit sich gebracht, dazu zählen Microcracks, Kanalverlagerungen, das Überpressen von Debris etc. Es ist Zeit für einen Paradigmenwechsel in der Wurzelkanalaufbereitung. Und den bringt die komplett neue Arbeitsweise der SAF mit sich.
Ich bin Ingenieur und kein Zahnarzt. Dennoch bin ich fest davon überzeugt, dass bei Prüfung biologischer und mechanischer Faktoren die SAF die beste Lösung für Wurzelkanalbehandlungen ist – sowohl für Studenten der Zahnmedizin als auch für Spezialisten. Die Fähigkeit dieses Single-Instruments, sich der komplexen Kanalanatomie anzupassen, gleichzeitig zu reinigen und zu formen, ist phänomenal. Das Arbeitsprinzip ist besser als alle anderen, das zeigen fast 100 Peer-Reviews SAF-Studien. Selbst bei ovaler Kanalform und Isthmus zwischen den mesialen Kanälen lässt sich mit der SAF substanzschonend gleichzeitig reinigen und formen.

Herr Dr. von Stetten, kann Sie das überzeugen oder braucht es weitere Studien?

Von Stetten: Nur teilweise, es bedarf weiterer biologisch orientierter Studien im Rahmen der Wurzelkanalbehandlung. Dazu zählen die Epidemiologie in Deutschland, bakteriologische Untersuchungen und immunologische Auswirkungen von apikalen Parodontitiden. Ich würde gerne mehr Studien wie die von Rodrigues 2015 sehen. Diese Studie hat die bakterielle Reduktion der SAF mit Twisted File Adaptive verglichen, zwar mit bakteriellem Sampling über Papierspitzen, das selbst als zweifelhaft und angreifbar gilt, aber es ist zumindest mal eine In-vivo-Studie. Eindrucksvoll ist, dass sich abschließend die Desinfektionsleistung nicht signifikant unterscheidet.
Als Nutzer der ersten Stunde bin ich von der SAF überzeugt. Sie ist eine wertvolle Ergänzung. Dass sich die Outcome-Zahlen nicht wirklich verändert haben, liegt weder an Kanalverlagerungen noch an Dentinspaneinpressungen oder Ähnlichem. Diese Problematiken bestehen schon seit Anbeginn der Wurzelkanalbehandlungen und sind kein neues Phänomen. Vielmehr garantiert selbst ein lateral gut abgefüllter Kanal keine extrem gute Reinigung, egal ob die Aufbereitung mit Handfeilen oder maschinell erfolgt. In unserer Praxis kommen Patienten zum Recall, die sich vor rund 40 Jahren einer endodontischen Behandlung unterziehen mussten und keinerlei Beschwerden haben.

Sind das nicht eher anekdotische Einzelfallberichte?

Von Stetten: Keine Frage, aber jeder von uns kennt den vor 20 Jahren behandelten Molaren mit ISO 25 Handaufbereitung auf 2/3 des Wurzelkanals und Endomethasone-Wurzelfüllung samt Amalgamfüllung als Verschluss. Und diese Fälle sind gar nicht so selten.

Das heißt?

Von Stetten: Offensichtlich spielen ganz andere Faktoren eine deutlich wichtigere Rolle als das verwendete Instrument. Die Frage sollte vielmehr lauten, warum klappt das bei einem Patienten, während es bei einem anderen nicht klappt? Natürlich sollte man alles ordentlich aufbereiten und desinfizieren, aber wie viel Geld darf eine marginale Erhöhung der Erfolgsrate kosten? Ab wann macht es keinen Sinn mehr? Das würde mich persönlich viel mehr interessieren. Und angesichts der immer angespannteren wirtschaftlichen Lage in den Praxen ist das auch eine valide Frage. Mit welchem Einsatz erreiche ich wie viel Verbesserung?
Diegritz: Es gilt jedoch festzuhalten, dass, egal welches Feilensystem verwendet wird, bestenfalls 75 Prozent der Wurzelkanaloberfläche bearbeitet werden – auch mit dem SAF-System. Dies ist ein beachtlicher Fortschritt gegenüber rotierenden und reziproken Aufbereitungsinstrumenten – keine Frage. Dennoch müssen wir realisieren, dass die Komplexität des Wurzelkanalsystems es uns wahrscheinlich nicht erlauben wird, dieses Problem zu 100 Prozent mechanisch zu lösen. Daher sollte der zukünftige Anspruch vor allem von Seiten der Industrie, aber auch von Seiten der Universität sich darauf konzentrieren, effektivere Desinfektionsmaßnahmen zu entwickeln, um das Immunsystem bei der Ausheilung von apikalen Parodontitiden zu unterstützen.

Zusammenfassung

  •  Für die mechanische Aufbereitung gibt es aktuell kaum Chancen, absolute Standards zu schaffen. Die anatomische Variabilität der Kanäle ist zu groß.
  • Die selbstadjustierenden Feilen (SAF) kommen dem Einfeilenkonzept aufgrund der Variabiliät des Durchmessers am nächsten, aber auch hier braucht es zur Vorbereitung zwei bis drei rotierende Feilen.
  • Die manuelle Gleitpfaderschließung ist einer der wichtigsten Arbeitsschritte der maschinellen Kanalaufbereitung.
  • Obliterierte Wurzelkanäle nehmen aufgrund älter werdender Patienten weiter zu. Wer hier zu schnell versucht nach apikal zu gelangen, riskiert Präparationsfehler. 45 bis 60 Minuten kann allein die Gleitpfadpräparation durchaus in Anspruch nehmen.
  • In puncto Dentin-Infraktionen werden in der Literatur über die klinischen Auswirkungen keine einheit‧lichen Aussagen getroffen. Unstrittig aber ist, dass durch die rotierende Aufbereitung Dentin-Infraktionen verursacht werden.
  • Große Taper haben Vor- und Nachteile. Unter bestimmten Voraussetzungen führt bei der rotierenden Aufbereitung ein größerer Taper zu mehr Dentin-Infraktionen.
  • Flexible Instrumente führen seltener zu Kanalverlagerungen. Auch durch unterschiedliche Geometrien lassen sich Kanalverlagerungen vermeiden.
  • Trotz zahlreicher Fortschritte sinkt die Zahl der Misserfolge im Bundesdurchschnitt nicht. Nur wenige Patienten profitieren bisher von der konsequenten Anwendung aller sinnvollen Möglichkeiten der Endodontie durch höhere Erfolgsraten.
  • Egal, welches Feilensystem man verwendet, es werden nur 75 Prozent der Wurzelkanaloberflächen bearbeitet. Deshalb ist die Kombination der mechanischen mit der chemischen Aufbereitung weiter auszubauen.
Dr. Christian Diegritz

Dr. Christian Diegritz
studierte Zahnheilkunde in München, ist Spezialist für Endodontologie der DGET und arbeitet an der Poliklinik für Zahnerhaltung der Universität München, seit 2014 als Oberarzt.
diegritz@dent.med.uni-muenchen.de


Dr. Tomas Lang

Dr. Tomas Lang
arbeitet auf Überweiserbasis limitiert auf Endodontie in Essen. Er ist in der Forschung und Lehre im eigenen Institut an der Universität Witten-Herdecke engagiert.
tomas@dr-lang.org


Oscar von Stetten

ZA Oscar von Stetten
studierte Zahnheilkunde in Berlin und ist niedergelassen in eigener Praxis in Stuttgart,
seit 2002 schwerpunktmäßige Tätigkeit im Bereich der Endodontie, seit 2006 Überweisertätigkeit.
wstetteno@praxis-vonstetten.de


Zeev Schriber

Zeev Schriber
ist Chief Executive Officer von ReDentNova, Israel. Der Ingenieur verfügt über 35 Jahre Erfahrung als Führungskraft in der Dentalindustrie und Medizintechnik.
ceo@redent.co.il