Trockenlegung und Kontaminationsfreiheit

Kofferdam in der Adhäsivtechnik: Zwingend notwendig?

Für den Erfolg von adhäsiven Restaurationen sind vor allem die Kontaminationsfreiheit und die richtige Polymerisation ausschlaggebend. Bei der Arbeit an der Kontaminationsgrenze wird in der Regel Kofferdam genutzt, um Speichel abzuhalten und eine kontaminationsfreie Applikation zu ermöglichen. Doch ist das in jedem Falle notwendig? Darüber diskutierten erfahrene Experten wie Prof. Dr. Roland Frankenberger in unserem Expertenzirkel.


Expertenzirkel Kofferdam Adhäsivtechnik

Ist Kofferdam bei der Adhäsivtechnik zwingend erforderlich oder können Sie ihn auch weglassen? | © anatoliy_gleb – stock.adobe.com


Der Erfolg in der Adhäsivtechnik ist nur zu 40 Prozent vom Material bestimmt, aber zu 60 Prozent von der richtigen Anwendung, hieß es vor rund zehn Jahren.

Wie ist das heute, Herr Prof. Frankenberger?

Prof. Dr. Roland Frankenberger: Das hat sich nicht geändert. Die beiden super kritischen Dinge in der Adhäsivtechnik sind ja erst einmal gar nicht so sehr die Anwendung des Adhäsivs, sondern die korrekte Verarbeitung, was Trockenlegung, sprich die Kontaminationsfreiheit, anbelangt, und die korrekte Polymerisation. Dieses richtige Handling ist und bleibt auf den Behandler fixiert, nicht auf das Produkt. Das Argument, bei Mehr-Flaschen-Systemen könnten Flaschen verwechselt werden, halte ich für irrelevant. Das ist schon das Mindestanforderungsprofil an das Personal.

Also liefern Universaldhäsive eher eine gefühlte Vereinfachung?

Dr. Friedrich Hey: Finde ich nicht. Anwendungsfehler wurden durch Ein-Flaschen-Systeme deutlich reduziert. Die einfachen Systeme haben zu mehr Sicherheit in der Adhäsivtechnik beigetragen.

Dr. Nils Elger Siems: Mehr-Schritt-Systeme sind deutlich Behandlersensitiver, insbesondere unter Zeitdruck.

Dr. Adham Elsayed: Die richtige Anwendung ist natürlich eine Voraussetzung für den klinischen Erfolg, unabhängig vom Produkt. Das ist und bleibt so. Doch das Reduzieren von Arbeitsschritten und die höhere Fehlertoleranz neuer Materialien und innovative Techniken haben dazu beigetragen, das Risiko von Anwendungsfehlern zu minimieren.



Was bringt der Kofferdam in der Adhäsivtechnik?

Frankenberger: Der Kofferdam wurde ja nicht für die Adhäsivtechnik erfunden, sondern für die Goldhämmerfüllung, weil die Atemfeuchtigkeit ein Riesenproblem bei der Kaltverschweißung der Goldfolie dargestellt hat. Und dann erst hat man festgestellt, dass auch die Adhäsivtechnik unter Kofferdam toll funktioniert. Kofferdam ist für mich kein absolutes Muss, aber die Wahrscheinlichkeit, dass etwas schiefgeht, ist mit Kofferdam bestimmt geringer. Deshalb verwende ich persönlich gerne Kofferdam, vor allem, wenn er mir etwas bringt, und das ist sehr oft der Fall.

Also muss Kofferdam nicht immer sein?

Frankenberger: Nein, es gibt Situationen, in denen der Kofferdam nur im Weg ist und mir gar nichts nützt, zum Beispiel, wenn ich im Frontzahnbereich mit einem Silikonschlüssel arbeite. Sagt mir also meine Erfahrung, dass die absolute Trockenlegung mit Kofferdam hinderlich ist, lasse ich ihn auch mal weg. Bei indirekten Restaurationen und in der Endodontie lege ich immer Kofferdam, alles andere ist mir zu stressig bzw. eine Zumutung für den Patienten. Fakt ist: Die kontaminationsfreie Applikation von Adhäsiv und Komposit ist entscheidend.

Ist Kofferdam für die erfolgreiche Anwendung von Adhäsiven ein Muss?

Frankenberger: Es ist kein Muss, aber nice to have.

Hey: Meines Erachtens kann aber in vielen Situationen auf Kofferdam verzichtet werden.

Wann kann auf Kofferdam in der Adhäsivtechnik verzichtet werden?

Siems: Wenn die Trockenlegung durch Kofferdam nicht sicher zu gewährleisten ist – etwa bei tief subgingivalen Defekten. Dann halte ich eine optische Kontrolle des Speichels für sicherer. Auch Vollkronen befestigen wir häufig ohne Kofferdam, aber trotzdem gern adhäsiv.

Elsayed: Ich arbeite gerne mit Kofferdamm, vor allem bei Befestigung indirekter Restaurationen, beispielsweise bei Inlays und Adhäsivbrücken. Manchmal kann man auf Kofferdam verzichten, vorausgesetzt, es gelingt, eine kontrollierte Trockenlegung zu schaffen und eine Kontamination mit Speichel oder Blut zu vermeiden. Beim Ätzen mit Phosphorsäure kann das schwierig werden.

Also kein Kofferdam bei der Etch-and-Rinse-Technik?

Elsayed: Richtig. Denn nach dem Spülen muss getrocknet werden. Ohne Kofferdam kann das misslingen. Verwendet man selbstätzende Systeme, minimiert sich die Kontaminationsgefahr, egal ob Zwei-Flaschen-Systeme oder Universaladhäsive. Entfällt der Phosphorsäureschritt, entfallen auch Spülen und Trocknen mit Luft, und dann ist das Kontaminationsrisiko auch ohne das Legen von Kofferdam gering.

Zusammenfassung
  • A und O für den Erfolg der Adhäsivtechnik ist nach wie vor – unabhängig vom Produkt – die korrekte Anwendung.
  • Die kontaminationsfreie Applikation von Adhäsiv und Komposit ist erfolgsentscheidend. Das Legen von Kofferdam ist aber kein Muss.
  • Neue Universaladhäsive, die sofort in die Zahnhartsubstanz eindringen, beschleunigen den Workflow. Besonders beim Arbeiten knapp an der Kontaminationsgrenze spielen sie ihre Vorteile aus.

 


Die Experten

Prof. Dr. Roland Frankenberger

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Prof. Dr. Roland Frankenberger

Direktor der Abteilung für Zahnerhaltungskunde der Philipps-Universität Marburg und des Universitätsklinikum Gießen und Marburg, forscht seit 26 Jahren im Bereich der Adhäsivtechnik
roland.fr@nkenberger.de

Dr. Friedrich Hey

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Dr. Friedrich Hey

ist niedergelassen in Laboe bei Kiel. Zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten zählen die Ästhetische Zahnheikunde und die Implantologie.
empfang@doc-hey.de

Dr. Adham Elsayed

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Dr. Adham Elsayed

Clinical and Scientific Manager DACH Kuraray Noritake Dental, Spezialist für Prothetik der DGPro
adhamfawzy.elsayed@kuraray.com

Dr. Nils Elger Siems

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Dr. Nils Elger Siems

seit 2008 niedergelassen in eigener Praxis in Königstein im Taunus. Schwerpunkt: Ganzheitliche zahnärztliche Diagnostik und Therapie.
info@dr-siems.com