Prophylaxekonzept in der Zahnarztpraxis

Fissurenversiegelung mit Durchblick

Eine effektive Fissurenversiegelung ist seit langer Zeit fester Bestandteil eines durchdachten Prophylaxekonzepts in der Zahnarztpraxis. Doch was passiert auf Dauer auf dem Fissurenboden? Transparentes Material erlaubt neben der visuellen Kontrolle den Einsatz laserfluoreszenzdiagnostischer Methoden auch in der langfristigen Beobachtung nach der Zahnversiegelung.



Laserfluoreszenzdiagnostische Methoden bieten heutzutage sichere Hilfestellung bei der Detektion von Karies, insbesondere bei der Beurteilung von Fissuren. Das Prinzip beruht auf der unterschiedlichen Fluoreszenz von gesunder und infizierter Hartsubstanz, wenn der Zahn mit Laserlicht einer bestimmten Wellenlänge beleuchtet wird.

Bei dem Kamerasystem VistaCam iX von Dürr wird die Kariesaktivität anhand einer Farbskala und einer numerischen Auswertung dargestellt. Der Diagnodent Pen von Kavo zeigt beim Erfassen der Fissur mit seiner Saphir-Sonde den momentanen Wert und den Maximalwert als Peak an, unterstützt durch ein akustisches Signal.

Kontrollieren, was unter der Versiegelung passiert

Die Effizienz beider Systeme ist durch entsprechende Studien belegt und gibt dem Zahnarzt bei der Kariesbeurteilung zusätzliche Sicherheit bei Diagnose und Therapie der akuten momentanen Situation und im weiteren zeitlichen Verlauf bei der Beobachtung des Zahns [1–3]. Die ermittelten Werte können eindeutig dokumentiert und bei zukünftigen Messungen zum Vergleich herangezogen werden.

Ein neues Material (Control Seal, VOCO) ermöglicht aufgrund seiner Transparenz die Anwendung dieser Laserfluoreszenzmethoden; d. h., die Frage, was nach und damit unter der Versiegelung passiert, kann jederzeit mittels visueller Kontrolle und Messung mit dem Kamera- oder dem Pen-System beantwortet werden. Der Behandler behält den Durchblick und kann substanzschonend begleiten bzw. arbeiten; d. h., bei aktuellem Fortschreiten einer Veränderung kann der Zahnarzt den optimalen Zeitpunkt eines therapeutischen Eingreifens genau festlegen.

Im Gegensatz zu den meisten transparenten Fissurenversieglern ist Control Seal mit 55 Gew.-% hochgefüllt und erreicht damit physikalische Eigenschaften, wie sie ansonsten in der Regel nur von opaken hochgefüllten Versieglern bekannt sind [4]. Der fluoridhaltige Versiegler von VOCO lässt sich zudem aufgrund seiner Thixotropie vollständig und blasenfrei applizieren, wie der folgende Behandlungsfall zeigt.

Der konkrete Fall

Bei dem siebenjährigen Patienten steht im Rahmen des Prophylaxeprogramms die Versiegelung der Sechsjahrmolaren an (Abb. 1). Auch bei diesem Patienten ist es sinnvoll, in Zukunft durch die Versiegelung hindurch mögliche Veränderungen diagnostizieren zu können, zumal nach der Zahnreinigung der Diagnodent Pen von Kavo Messwerte von bis zu 15 ausweist (Abb. 2 und 3). Das Laserfluoreszenzgerät kennt vier Hauptgruppen bei der Anzeige. Messwerte, die zwischen 15 und 20 liegen, fallen in die zweite Hauptgruppe und erfordern übliche, jedoch keine intensiveren Prophylaxemaßnahmen oder gar eine Restauration.

Die Konditionierung des Zahns 46 erfolgt für 30 bis 40 Sekunden mit Vococid (VOCO, standfestes Gel mit 35 % Orthophosphorsäure, Abb. 4). Das Abspülen mit kräftigem Wasserstrahl sollte 15 Sekunden betragen. Die nach Trocknung sichtbare „kreidige“, matt-opake Oberfläche bestätigt den korrekten Ätzvorgang (Abb. 5). Control Seal wird aufgrund der extrem feinen Kanüle punktgenau und nachlauffrei (NDT-Spritze) in die Fissur appliziert (Abb. 6).

Versiegler von VOCO unter Druck fließfähig

Der Versiegler von VOCO wird aufgrund der Thixotropie unter Druck fließfähig und bei Drucknachlass sehr schnell wieder standfest; d. h., das Material ist unter leichtem Druck bzw. leichter Bewegung – z. B. mit der Kanüle, einer Sonde oder einem feinen Pinsel – dünnflüssig und kann so vollständig und blasenfrei in die Fissur einfließen. Materialüberschüsse werden mit PeleTim-Schaumstoffpellets Nr. 1 (VOCO) entfernt, die im Gegensatz zu Wattepellets Materialreste außerhalb der Fissuren aufsaugen, ohne Wattefäden zu hinterlassen.

Nach 15 Sekunden Einwirkzeit erfolgt die Aushärtung für 20 Sekunden mit einer Polymerisationslampe, deren Lichtintensität bei regelmäßiger Kontrolle in unserer Praxis über 900 mW/cm2 liegt (Abb. 7). Der vorgeschriebene Minimalwert der Leistung für eine 20-Sekunden-Polymerisation beträgt 500 mW/cm2 laut VOCO.

Erneute Messung mit dem Diagnodent von Kavo

Nach der Kontrolle der Versiegelung (Abb. 8) auf Vollständigkeit und okklusale Interferenzfreiheit erfolgt die erneute Messung mit dem Diagnodent von Kavo, wobei die vor dem Auftragen von Control Seal ermittelten Werte bestätigt werden.

Die praxisinterne Dokumentation umfasst neben dem Material die Laserfluoreszenzwerte und die erfolgte Aufklärung des Patienten bzw. Erziehungsberechtigten über den „farblosen“ Versiegler und die notwendigen weiteren Kontrollen. Durch Drehen des Mundspiegels über dem Zahn kann am Oberflächenglanz die Ausdehnung der Versiegelung beurteilt werden (Abb. 9).

Remineralisieren mit Fluorid

Zur Remineralisation geätzter, aber nicht versiegelter Schmelz‧areale wird ein Fluoridpräparat aufgetragen (Abb. 10). In unserer Praxis hat sich aufgrund des angebotenen Geschmacks (Melone, Mint oder Erdbeere) Remin Pro von VOCO bewährt. Remin Pro wirkt aufgrund seiner Komponenten Hydroxylapatit, Fluorid und Xylitol remineralisierend und den Speichelfluss anregend.

Der Auftrag erfolgt mit einem PeleTim Schaumstoffpellet. Die von unserem Patienten gewählte Geschmacksrichtung Melone wird als angenehmer Abschluss der Behandlung empfunden, im Gegensatz zu dem „scharfen“ Bei- und Nachgeschmack anderer gängiger Fluoridpräparate. Mit geschützten Zähnen hat man gut lachen (Abb. 11). Nach sechs Monaten ergibt die Sichtkontrolle eine vollständig intakte Versiegelung (Abb. 12). Die Messung der Laserfluoreszenz zeigt keine signifikante Veränderung der Messwerte im Vergleich zur dokumentierten Ausgangssituation.

Fazit

Die von der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) initialisierte, gültige deutsche S3-Leitlinie Fissuren- und Grübchenversiegelung [5] empfiehlt, grundsätzlich die Versiegelung bei Kindern und Jugendlichen mit einem erhöhten Kariesrisiko durchzuführen. In nicht eindeutig beurteilbaren und in ihrer Kariesanfälligkeit unvorhersehbaren klinischen Situationen scheut der Zahnarzt opake Versiegeler. Dann bietet das neue Material von VOCO eine überzeugende Lösung unter der Prämisse, dass die Aufklärung über Nachkontrollen und deren tatsächliche Durchführung gegeben sind.

Control Seal bietet als transparenter Versiegeler physikalische Optimalwerte bezüglich Härte, Schrumpf und Biegefestigkeit, die bislang nur von opaken Produkten erreicht wurden. Gleichzeitig bietet die Transparenz den Vorteil der visuellen Kontrolle und der Anwendung laserfluoreszenzgestützter Diagnostik im weiteren postoperativen Verlauf.

Der Zahnarzt kann sicher seine Therapieentscheidung treffen, die Möglichkeit zur substanzschonenden Therapie kann optimal ausgenutzt werden, und invasive Maßnahmen können so lange wie möglich hinausgezögert oder ganz vermieden werden.

Der Behandler behält bei Control Seal im wahrsten Sinne des Wortes den „Durchblick“.

Dr. Ludwig Hermeler
studierte Zahnmedizin in Münster und ist seit 1991 in eigener Praxis in Rheine
niedergelassen. Er ist Mitglied der DGOI und des ICOI.
Kontazahnarzt.dr.hermeler@telemed.de