Prophylaxe

Biofilm – was ist das?

Orale Biofilme finden sich im Mund eines jeden Menschen, doch kaum ein Patient weiß, was man darunter versteht. Das zeigt eine aktuelle forsa-Umfrage – 1008 Teilnehmer – im Auftrag von Oral-B.



Einen täglichen Begleiter gar nicht oder nur flüchtig zu kennen, erscheint im ersten Moment seltsam. Im Fall des oralen Biofilms ist genau das jedoch häufig die Realität. Denn obwohl jeder Mensch über eine solche Mikroflora im Mund verfügt, hält sich das Wissen über ebendiese in Grenzen – das zeigt eine aktuelle forsa-Umfrage zum Thema Biofilmmanagement. Ihr zufolge gehen 29 Prozent der Befragten davon aus, nie einen als Plaque bezeichneten weichen Zahnbelag zu haben. In der Altersgruppe der über 60-Jährigen nehmen sogar 40 Prozent an, stets „plaquefrei“ zu sein. Lediglich 7 Prozent der Probanden sind sich darüber im Klaren, dass sich sogenannte Plaque bzw. Biofilme in Wirklichkeit zu jeder Zeit im Mundraum befinden.

Unklare Zusammensetzung

Ein ähnliches Bild zeichnet sich ab, wenn es um die Eigenschaften und die Zusammensetzung von Biofilmen geht. Ein Viertel der Befragten etwa ist der Ansicht, dass diese nur aus leblosen Ablagerungen bestehen, mehr als 30 Prozent wissen nicht, dass Bakterien in der Plaque zu finden sind. Ein ebenfalls weit verbreiteter Irrtum: Plaque haftet nicht an den Zähnen – ein Drittel der Befragten ist dieser Meinung. Über die Hälfte der Umfrageteilnehmer unterschätzt zudem die Komplexität des Biofilms. Sie wissen nicht, dass dort über 500 verschiedene Bakterienarten existieren.

Schädigungspotenzial häufig nicht erkannt

Besonders erstaunliche Ergebnisse lassen sich mit Blick auf das Schädigungspotenzial von Biofilmen feststellen. So ist sich etwa jeder Vierte nicht darüber im Klaren, dass die Bakterien in der sogenannten Plaque Zähnen und Zahnfleisch schaden. Sie verkennen somit die Hauptursache für orale Erkrankungen. Noch unbekannter sind die möglichen Auswirkungen, die diese Bakterien auf die Allgemeingesundheit haben können. Selbst ein indirektes Schädigungspotenzial sieht hier nicht einmal die Hälfte der Befragten. Im Gegenzug erkennen jedoch 64 Prozent der Probanden den Nachholbedarf auf diesem Gebiet. Sie finden, dass in Deutschland nicht ausreichend über das Thema Plaque aufgeklärt wird.

Interview mit Dr. Dr. Karl-Ludwig Ackermann

Das Gros der Patienten scheint nur wenig über Biofilm zu wissen, wie die forsa-Umfrage zeigt. Wie lässt sich das ändern? Dr. Karl-Ludwig Ackermann liefert Tipps für den Praxisalltag.
Herr Dr. Ackermann, welche Aspekte der Umfrage sind für den Praxisalltag relevant?

Ackermann: Einen interessanten Punkt offenbart sicherlich die Frage nach dem „eigenen Plaquevorkommen“. Schließlich ist das ständige Vorhandensein von Biofilmen im Mundraum für das Praxisteam eine bekannte Tatsache. Für manchen Zahnarzt und seine Assistenz ist dieser Umstand mitunter so selbstverständlich, dass man sich gar nicht bewusst macht, dass dem Patienten dieses Wissen womöglich fehlt.
Wie die Umfrage zeigt, glaubt aber fast jeder Dritte, nie Plaque zu haben. Wer diesem Irrtum unterliegt und daraus womöglich ableitet, dass er keine regelmäßige häusliche Mundhygiene zu betreiben braucht, kann in der Praxis schnell zum Problemfall werden. Insofern gilt es im Zweifelsfall darauf zu achten, dem Patienten gegenüber auch vermeintlich bekannte und durchaus selbstverständ‧liche Aspekte zur Ursache und Beseitigung krankmachender „oraler Begleiter“ anzusprechen.

Auch das Schädigungspotenzial der im Biofilm enthaltenen Bakterien scheint unbekannt zu sein. Wie reagieren Sie in der Praxis auf so viel Unkenntnis?

Ackermann: Biofilme per se sind nicht schlecht, im Gegenteil: Sie übernehmen sogar eine wichtige Schutzfunktion. Werden sie aber zu lange sich selbst überlassen, verschiebt sich das Keimspektrum zugunsten der pathogenen Keime – für den Patienten ist das Gefahr und Chance zugleich. Denn er muss eben nicht pausenlos zur Zahnbürste greifen, um seine Mundhöhle möglichst keimfrei zu halten. Allerdings sollte er wissen, dass Biofilme regelmäßig durch mechanische Entfernung in ihrer Entwicklung zurückgeworfen werden müssen. Nur so lässt sich das stets vorhandene Schädigungspotenzial in den Griff bekommen. Mit welchen Hilfsmitteln sich dieses Ziel am besten erreichen lässt, ist ebenfalls ein wichtiges Thema – auch das zeigt die Befragung. Immer noch haben viele Patienten beispielsweise unbegründete Vorbehalte gegenüber der elektrischen Mundpflege.

Ihr Fazit?

Ackermann: Mundgesundheit steht und fällt mit der richtigen Information. Defizite bei der Mundhygiene müssen angesprochen, Irrtümer identifiziert werden. Hat man erst einmal herausgefunden, inwiefern der Patient mangelhaft oder falsch informiert ist, lässt sich mit zielgerichteten Erläuterungen und Anweisungen im Beratungsgespräch gegensteuern.

 Dr. Karl-Ludwig Ackermann
ist anerkannter Experte auf den Gebieten Implantologie und Parodontologie sowie als Mitglied in den Vorständen der DGI (Deutsche Gesellschaft für Implantologie) und der DGZMK (Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde).