Implantologie

Feste Dritte an einem Tag

Mit einer Reduktion der Implantatpfeilerzahl auf mindestens vier lassen sich aufwendige Augmentationen vermeiden. Wichtig sind eine ausreichende Implantatlänge von 10 bis 18 mm und eine hohe Primärstabilität von über 30 Ncm aller vier Implantate.



Die Möglichkeit zur Sofortversorgung und Sofortbelastung von implantatgetragenem, festsitzendem Zahnersatz hat sich bei einer primären Verblockung der Implantate durch den Zahnersatz und einer günstigen Unterstützungsgeometrie als eine klinisch erfolgreiche und vorhersagbare Methode in den letzten Jahren erwiesen. Sowohl im Unter- als auch im Oberkiefer erscheint bei einem reduziertem Restknochenangebot eine Reduktion der Implantatpfeilerzahl auf mindestens vier Implantate eine ausreichende biologische wie mechanische Stabilität zu gewährleisten und zum Erfolg einer sofortigen implantologisch gestützten Gebissrekonstruktion zu führen.

Augmentation nicht nötig

Als wichtig erweisen sich eine ausreichende Implantatlänge von 10 bis 18 mm und eine hohe Primärstabilität von über 30 Ncm aller vier Implantate. Chirurgisch kann dies zumeist durch eine optimale Ausnutzung von ortsständigem, nicht augmentiertem Knochen realisiert werden, wobei sich die Angulation der distalen Implantate als eine geeignete Methode erwiesen hat. Im Unterkiefer ist es möglich, vier interforaminäre Implantate zu positionieren und ein Unterstützungspolygon von zwei frontalen Implantaten bis meist zu den beiden zweiten Prämolaren zu schaffen. Im Oberkiefer lässt sich durch eine schräge Implantation im ortsständigen Knochen der mesialen Sinusbegrenzung eine Sinusaugmentation umgehen. Durch zwei frontale Implantate kann das Unterstützungspolygon ebenfalls bis zum zweiten Prämolaren erweitert werden.

Die ausreichend hohe Primärstabilität wird durch heutige Implantattypen mit geeignetem Makrodesign auch bei geringerer Knochendichte möglich.

Frische Extraktionsalveolen haben sich in der Vergangenheit als unsicher hinsichtlich ihres Resorptionsverhaltens erwiesen, weshalb eine vertikale Reduktion von dünnen Knochenausläufern zur Etablierung eines breiten Knochenlagers um die Implantatschulter als günstig anzusehen ist. Langfristig lassen sich hierdurch biologische Komplikationen minimieren. Daneben kann dieses Vorgehen abhängig vom physiologischen intermaxilären Abstand notwendig sein, um eine ausreichend hohe prothetische Bauhöhe des Zahnersatzes zur mechanischen Stabilität zu erreichen. Durch diese Stabilität erreicht man eine distale Erweiterung bis zu einem halben Molaren in der provisorischen, sofortbelasteten Arbeit und bis zu einer Molarenbreite in der definitiven Versorgung.

Der konkrete Fall

Im hier dargestellten Patientenfall wurde das beschriebene einzeitige chirugisch-prothetische Vorgehen gewählt. Nach vorangehender Funktions- und Modellanalyse wurden durch den Zahntechniker der Ober- sowie der Unterkiefer als Totalprothese aus Kompositzähnen in PMMA-Kunststoff angefertigt. Im chirurgischen Eingriff erfolgten zunächst die Extraktion der Unterkieferzähne und die Insertion von vier interforaminären Implantaten unter Zuhilfenahme eines transparenten Duplikats der neu aufgestellten Prothesen als Positionierungshilfe. Hierdurch wird eine prothetisch korrekte Positionierung der Implantate gewährleistet. Die mesialen Implantate wurden mit geraden, die beiden distalen mit 30°-Winkel-Abutments versehen und nach dem Wundverschluss konventionell abgeformt. Mit der neu aufgestellten Totalprothesen im Oberkiefer und einem Splint zur Bissverschlüsselung der Unterkieferprothese wurde nachfolgend die Bissnahme über kurze Heilkappen auf den Unterkieferimplantaten durchgeführt. Der Zahntechniker begann bereits nach Modellherstellung und Einartikulierung des Unterkiefermodells mit der Umarbeitung der Unterkiefertotalprothese zu einer okklusal verschraubten Kunststoffbrücke. Gleichzeitig fuhr der Chirurg mit der Implantation des Oberkiefers fort. Hierzu wurden zwei kleine Knochenfenster in der lateralen Sinuswand angelegt, um die mesialste Ausdehnung des Sinus maxillaris zu ertasten. Danach erfolgte die Einbringung von zwei angulierten Implantaten im Seitenzahnbereich und zwei weiteren im Frontsegment. Nach Abutmentverschraubung und dem Wundverschluss wurde der Oberkiefer abgeformt. Die nachfolgende Bissnahme wurde mit der neu aufgestellten Oberkieferprothese und der bereits auf den Unterkieferimplantaten zu verschraubenden Kunststoffbrücke durchgeführt. Auch hierzu wurden im Oberkiefer wieder kurze Einheilkappen eingebracht, die Prothese in diesen Bereichen hohl geschliffen und mit einem Bissregistratmaterial unterfüttert.

Nachfolgend artikulierte der Techniker beide Implantatmodelle gegeneinander einartikulieren und die Prothesen zu Implantatgetragenen PMMA-Brückenkonstruktionen umarbeiten. Nach Ausarbeitung erfolgte am selben Tag noch die Eingliederung der verschraubten Implantatbrücken. Der Patient wurde angehalten, weiche Kost zu sich zu nehmen und eine eingeschränkte Mundhygiene durchzuführen. Nach einer Woche wurden die Konstruktionen zwecks Nahtentfernung abgenommen und nach Reinigung wurde dem Patienten die Möglichkeit zur häuslichen Mundhygiene demonstriert. Acht Monate nach dem Eingriff erfolgte die Einarbeitung eines Metallgerüsts zur Verstärkung der Konstruktion. Hierzu wurde ein erstelltes Nichtedelmetallgerüst mit Titanklebebasen verbunden und in die PMMA-Brücken einpolymerisiert. In diesem Punkt haben wir das Konzept geändert und arbeiten heute Metallverstärkungen zum Zeitpunkt der Nahtentfernung nach einer Woche ein.

Fazit

Das erörterte kombinierte chirugisch-prothetische Konzept ermöglicht eine funktionelle und ästhetische Rehabilitation des zahnlosen Patienten mit hoher Vorhersagbarkeit in kurzer Zeit. Hierdurch können bei geringem biologischem Risiko die Behandlungszeiträume, die Kosten sowie nicht zuletzt der Dyskomfort für den Patienten drastisch reduziert werden. Die Resultate einer prospektiven Sechsjahresstudie mit über 300 behandelten Patienten bestätigen den langfristigen Erfolg des beschriebenen Verfahrens.

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Prof. Dr. Hannes Wachtel ist seit 1993 in einer Gemeinschaftspraxis mit Dr. Wolfgang Bolz tätig, der Bolz-Wachtel Dental Clinic, München. Er war im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie und lehrt an der medizinischen Fakultät der Charité in Berlin.

Nach Beendigung seiner zweijährigen Assistenzarztzeit befindet sich Dr. Christian Helf derzeitig in der Weiterbildung zum Spezialisten für Parodontologie.