CAD/CAM

Implantatabformung bald per Scan?

Intraoralscanner etablieren sich mehr und mehr. Noch gelten sie nur als Alternative zum herkömmlichen Abdruck. Doch eine Trendwende zeichnet sich ab. In puncto Implantatprothetik soll es zur IDS Indikationserweiterungen geben.



Bei welchen Indikationen favorisieren Sie in Ihrer Praxis den optischen Abdruck?

Bei Einzelzahnkronen, Inlays, Onlays und Brücken bis zu fünf Gliedern. Zurzeit nehme ich auch Ganzkieferscans in Angriff und vergleiche das Ergebnis mit konventionellen Abformungen. Ziel ist es, irgendwann diese Arbeiten offiziell für den Intraoralscan freigeben zu können.

Wie sieht es mit dem Sannen implantatprothetischer Arbeiten aus?

Technisch ist das möglich, man scannt einfach die Konfiguration des Implantats. Allein die fehlenden Schnittstellen zu den Abutments bereiten Probleme.

Was heißt das konkret?

Jedes Implantat besitzt eine andere interne Konfiguration für die Abutments. Um optisch abformen zu können, müssen konzeptionierte Abutments verwendet werden, die letztlich auf jedes Innenleben eines Implantatsystems passen. Man benötigt also eine Auflage für das jeweilige Implantatsystem, das heißt, die individuellen Abutments müssen der Konfiguration entsprechen.

Zurzeit setzt man in der Implantatabformung einen Abformpfosten ein, der zum jeweiligen System passt. Genau diese Aufgabe muss der Intaoralscanner in Zukunft übernehmen. Das heißt: Die Konfiguration wird optisch abgeformt und angepasst. Zur IDS oder aber kurz nach der IDS wird es eine solche Lösung geben.

Würde das die Arbeit in der Praxis erleichtern?

Ganz erheblich, denn im Prinzip könnte man auf einteilige Arbeiten umstellen. Man könnte etwa auf dem individuellen Abutment sofort verblenden, zweiteilige Arbeiten wären Geschichte.

Und damit rechnen Sie tatsächlich schon in den kommenden Wochen, sprich zur IDS?

Ich gehe fest davon aus. Schon heute werden Abutments in einem Stück gefräst. Das ist also gar nicht so weit weg. Schon heute spart man sich in bestimmten Fällen die Abformung und verbindet die Abutments mit der Primärkonstruktion. Das ist ein spannender Ausblick auf die IDS.

Nach wie vor bergen optische Verfahren aber eine ganze Palette an Fehlerquellen.

Die konventionelle Abformung aber auch, das beginnt schon beim Silikonabdruck: Gleichgültig, welches Material wir nutzen – kein Mensch kann uns sagen, wie genau diese Abdrücke sind.

Gilt der konventionelle Abdruck nicht als besonders exakt?

Das kann man nicht sagen. Entfernt man den Abdruck aus dem Mund des Patienten, entstehen Verziehungen, ganz automatisch. Wir hoffen und glauben zwar, dass das Rückstellvermögen der Silikone so gut ist, dass wir dann die Originalsituation abbilden. Das ist aber nicht immer zu realisieren. Eine weitere Fehlerquelle ergibt sich durchs Gipsen, selbst wenn man die Gipsklasse 4 wählt. Man hofft, dass mit der Expansion des Gipses das Volumen so ausgeglichen wird, dass die ursprüngliche Situation im Mund dargestellt wird. Doch das ist keineswegs der Fall. Gießt man einen Abdruck zweimal aus, stellt man fest, dass die Modelle unterschiedlich sind.

Dazu bergen weitere Arbeitsschritte Fehlerquellen, etliche Faktoren spielen dabei eine Rolle, etwa das Anmischen, Abdrucken und Ausgießen des Modells sowie das erneute Scannen, um wieder in dem CAD/CAM-Workflow zu kommen.

Also ist der optische Abdruck präziser?

Ja, wir messen bei konventionellen Abdrücken Abweichungen von etwa 50 Mikrometern und die unterschreiten wir mit dem Intraoralscanner. Schwierig wird es zwar, wenn die Pfeiler divergieren. Das ist aber eine Trainingssache. Vor allem bleibt die Dimensionstreue gewahrt. Und das ist das Schöne daran.

Wie „hart“ muss man trainieren, um gute Ergebnisse zu erzielen?

Wer sich ein bis zwei Tage komplett mit dem Thema beschäftigt, sollte mit der Intraoralkamera umgehen können. Nach acht bis zehn gescannten Präparationen ist man wesentlich schneller als mit konventionellen Methoden.

Wie schnell genau?

Wir benötigen für einen Ganzkieferscan mit sechs präparierten Pfeilern drei Minuten.

Bitte nennen Sie ein Fallbeispiel.

Wir haben zum Beispiel bei einem Patienten die Zähne 47, 45, 44, 43 und 33 und 34 gescannt, die übrigen Zähne haben gefehlt, bis auf Zahn 35, 36, 37 und 48. Es fehlten also die Front und zwei Zähne in der Seite. Wir brauchten dafür gerade einmal drei Minuten.

Um den herkömmlichen und optischen Abdruck exakt vergleichen zu können, formen wir solche Fälle parallel auch konventionell ab. Die beiden Modelle werden übereinandergelegt und die Dimensionstreue genau eruiert.

Fakt aber ist, man kann nur scannen, was man sieht.

So möchte ich das gar nicht sagen, es kommt auf das Weichgewebsmanagement an. Ich lasere zum Beispiel den Sulkus frei und lege vor dem Scannen noch einmal einen Faden, um den freigelaserten Weichgewebsbereich etwas zu weiten. Der Faden bleibt zirka eine Minute in situ. Ergebnis: Der Sulkus ist perfekt darzustellen.

Selbst Situationen 1,5 bis 2 mm subgingival lassen sich super optisch abformen, vorausgesetzt, man hält sich an dieses Weichgewebsmanagement.

Wie schaut es mit der Patientencompliance aus? Geklagt wird über Würgereize, das Gerät ist ja sehr groß, dazu kommt doch auch das Beschlagen der Kamera.

Also unsere Kamera (cara Trios) beschlägt schon einmal nicht, denn es gibt eine Vorwärmfunktion. Die vorgewärmte Scannerspitze sorgt dafür, dass die Optik nicht beschlägt. Bei Würgereizen des Patienten unterbreche ich das Prozedere kurz. Bei Fortsetzung der optischen Abdrucknahme erkennt das System automatisch, an welcher Stelle unterbrochen wurde. Das ist schon praktisch.

Seit wann ist der Scanner auf dem Markt?

Seit Mai dieses Jahres. Wir arbeiten allerdings bereits seit 14 Monaten damit. Ich habe geholfen, die Einstellparameter so zu konfigurieren, dass das Ganze marktreif ist.

Gab es besondere Hürden?

Das Gerät war zu genau, es hat also 1 zu 1 abgeformt. Das war ein Problem.

Warum?

Es fehlte einfach Platz. Wir konnten die Primärteile nicht mehr über den Stumpf bekommen. Das heißt, der Scan war so genau, dass also das Volumen identisch war. Fehlt aber diese Spielpassung, ob bei Implantaten oder Kronen, lassen sich die Primärteile nicht unterbringen.

Wie haben Sie das Problem gelöst?

Wir haben einen Korrekturfaktor von 30 bis 40 µ eingebaut, damit die Kronen passen und auch zementiert werden können.

Eine andere Möglichkeit gab es nicht?

Nein, leider kann man das Volumen nicht einfach vergrößern, das ist wirklich hoch komplex. Man muss das Programm komplett umschreiben. Solche Tücken stellt man erst in der Anwendung fest. Wir haben also lange gearbeitet, bis das System endlich marktreif war.

Mit 28 000 Euro ist der Scanner nicht gerade günstig …

Im Gegensatz zu vielen anderen Anbietern, kann man ihn aber systemunabhängig einsetzen. Dazu kommt: Man muss nicht pudern. Pudern und absolute Trockenlegung ist nicht nur lästig und wenig patientenfreundlich, sondern auch unwirtschaftlich.

Bitte erläutern Sie das.

Mit cara Trios lässt sich in drei Minuten ein kompletter Kiefer scannen. Zum Vergleich: Allein die absolute Trockenlegung nimmt bereits drei bis fünf Minuten in Anspruch, wenn man mehrere Stümpfe hat. Und dann noch das Pudern, das ist sehr aufwändig. Hustet der Patient, geht das Ganze noch einmal von vorne los.

Entfällt die Trockenlegung denn komplett?

Ja, wir arbeiten mit einem LED-Licht. LED-Licht, sogenanntes rotes Licht, liegt bei 600 und 700 Nanometern. Es durchdringt Speichel und Wasser. Man hat die Reflexion nur im Hart- und Weichgewebe oder im Blut. Das Blutproblem lässt sich durch Weichgewebsmanagement in den Griff bekommen. Es gibt aber noch einen Vorteil: Laut GOZ lässt sich das Ganze abrechnen. Scannen ich zum Beispiel den OK und UK, rechne ich zwischen 60 und 80 Euro ab (je nach Faktor und Aufwand). Die konventionelle Abformung ist dagegen sowohl bei Kassenpatienten als auch bei Privatpatienten Bestandteil der jeweiligen Präparationsposition.

Dazu kommt: Ich sehe sofort, was ich abgeformt habe. Die Präparation, die Divergenz und Höhe der Pfeiler lässt sich unproblematisch kontrollieren. Bisher konnte ich das erst nach ein bis zwei Tagen, wenn die Modelle ausgegossen und einartikuliert waren.

Wie sieht es mit dem Delegieren aus?

Delegieren kann und darf man das Scannen nahezu komplett. Voraussetzung ist nur, dass der Zahnarzt anwesend ist und das Ganze kontrolliert.

Muss der Zahnarzt im Raum sein?

Nein, er muss nur jederzeit habhaft sein und kontrollieren können. Kurz: Laut Anfrage an das BMG dürfen wir diese Leistung delegieren, weil wir keinen Eingriff am Patienten vornehmen. Es handelt sich praktisch um ein Foto. Und Fotos dürfen die Mädels auch machen. Im Grunde werden beim optischen Scan nur zig Fotos aneinandergereiht, mehr ist das ja nicht.

Ein Blick in die Zukunft: Welche Rolle wird die Ultraschalltechnologie künftig bei der optischen Abformung spielen?

Keine große meiner Ansicht nach. Als Laserspezialist und weiß ich, dass man mit Ultraschall entweder nur Hartgewebe oder nur Weichgewebe abformen kann. Oder man müsste so unterschiedliche Schallköpfe haben, dass man beides abformen kann.

Ich glaube, man sollte sich über die Wellenlängen Gedanken machen. Meiner Meinung nach muss Hart- und Weichgewebe mit unterschiedlichen Wellenlängen abgeformt werden. (ab)[]

Autor:
Dr. M. Sc. Andreas Adamzik studierte Zahnmedizin in Münster und ist seit 1996 niedergelassen in eigener Praxis in Dorsten, seit Oktober 2009 führt er eine Zweigpraxis in Gelsenkirchen-Resse,

seit Februar 2010 betreibt er zudem ein Praxislabor. Er ist als Referent für Laserzahnheilkunde und digitalen Workflow aktiv.

Kontakt: a.adamzik@adadent.eu