Ziele, Etappen, Stolpersteine
Der Deutsche Zahnärztetag ist eröffnet. In Frankfurt begrüßte die noch amtierende DGZMK-Präsidentin Prof. Dr. Bärbel Kahl-Nieke die Teilnehmer am wissenschaftlichen Teil des Deutschen Zahnärztetags, der sich die interdisziplinäre Zahnmedizin zum Motto genommen hat.
Mit dem „Stolperstein Periimplantitis“ eröffnete Prof. Dr. Frank Schwarz im Hauptsaal Harmonie das wissenschaftliche Programm, das heute und morgen im CongressCenter Messe und dem angrenzenden Maritim-Hotel ein umfängliches Angebot aus allen Teilbereichen der Zahnmedizin bereithält. Dabei sollen auf diesem Generalistentreffen klinische Behandlungspfade mit Zielen, Etappen und Stolpersteinen aufgezeigtwerden.
Eine digitale 3D-Spielerei offerierte Prof. Dr. Florian Beuer mit einer virtuellen 3D-Animation, mit der er eine digitale Workflow-Darstellung präsentierte, die anschaulich die Bestandteile einer künftigen rein digitalen Prozesskette aufzeigte – samt ihrer aktuellen Begrenztheit („Was über den Quadranten hinausgeht, ist digital noch nicht darstellbar: Da hat der analoge Workflow noch Vorteile.“). Fakt sei zudem, dass rund 75 Prozent der Labore den digitalen Workflow komplett anwenden – und nur fünf Prozent der Zahnärzte.
Multizentrischen Querschnittsstudie
Kahl-Nieke stellte zudem eine jüngst initiierte Studie vor, für die am 1. Dezember der Startschuss fallen soll: DGZMK, Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung wollen eine multizentrischen Querschnittsstudie mit dem Thema „Mundgesundheit, resultierendeVersorgungsbedarfe und deren Kosten bei Flüchtlingen in Deutschland 2016“ durchführen. Kahl-Nieke: „Ziele dieser Studie sind, die Prävalenz oraler Erkrankungen, den aktuellen Behandlungsbedarf, den Präventions- und Behandlungsbedarf oraler Erkrankungen sowie eine Ressourcenallokation oraler Probleme bei Flüchtlingen festzustellen.“. Neben DGZMK, KZBV und BZÄK unterstützt die Wrigley Company Foundation das Projekt mit zusätzlich 70.000 Euro.
Dr. Mohammed Alkilzy, Uni Greifswald, stellte in Vertretung von Prof. Dr. Christian H. Splieth, der die Studie leitet, die Eckdaten der geplanten Untersuchung vor. Insgesamt 900 Flüchtlinge sollen in zentralen Unterkunftseinrichtungen in Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Berlin und Hessen untersucht werden. Das Altersspektrum reicht von 3 bis 75 Jahren. Es wird intraorale Untersuchungen geben, dann erfolgt eine wissenschaftlich-epidemiologische gesundheitsökonomische Auswertung. Untersucht werden Karies und Kariesfolgen, der Parodontalstatus, prothetische und eine KFO-Befundung sowie die Faktoren Schmerzbehandlung und Regelversorgung.
“Von der Versorgung zur Vorsorge”
Für PD Dr. Rainer A. Jordan, Vorsitzender der AK Epidemiologie, Public Health und Versorgungsforschung der DGZMK hat das Projekt hohe wissenschaftliche und versorgungpolitische Relevanz. Zum Thema Karies wird erwartet, dass bei Menschen aus Afghanistan, Irak und Syrien ein rund 50 Prozent höherer Anteil an Karies vorliegt als bei Deutschen. Auch die Parodontitis dürfte ein Problem darstellen, da der Paradigmenwechsel hierzulande „von der Versorgung zur Vorsorge“ in den Herkunftsländern der Flüchtlinge nicht existiere, betonte Jordan.
Neben der epidemiologischen Erfassung der Mundgesundheit soll auch eine Umsetzung in zahnmedizinische Versorgung vorgenommen werden. Dies erfolge sowohl nach dem Asylbewerberleistungsgesetz wie nach dem Leistungskatalog der GKV. Greifswald, Aachen und Marburg bilden die Untersuchungszentren. Die finalen Ergebnisse werden im Sommer 2017 erwartet.
Miller-Preis für PD Dr. Amelie Bäumer
Im Saal Harmonie hieß es am Vormittag „The Winner is…“ Ausgezeichnet wurde PD Dr. Amelie Bäumer aus Bielefeld mit dem Deutschen Miller Preis. Die Auszeichnung der DGZMK für die beste wissenschaftliche Arbeit erhielt die Parodontologin für ihre Arbeit „Langzeitergebnisse bei aggressiver Parodontitis“.
Gleich zwei Preise verteilte die Kurt Kaltenbach Stiftung mit dem Dental Education Awards. Platz zwei ging in diesem Jahr an eine Forschungsgruppe aus Frankfurt um Dr. Antonio Ciardo, Dr. Andreas Möltner, Prof. Dr. Stefan Rüttermann und PD Dr. Susanne Gerhadt-Szép zum Thema „Studentische Selbsteinschätzung eigener Kompetenzen im Phantomkurs der Zahnerhaltungskunde“.
Platz eins erhielten Dr. Seven-Olav Pabel, Prof. Dr. Annette Wiegand und Xenia Schulz vom Universitätsklinikum Heidelberg für die Arbeit „Auswirkungen des differenziellen Lehr- und Lernansatzes auf Prüfungserfolg im Phantomkurs der Zahnerhaltungskunde“.
Gut sehen und gut arbeiten
Die Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Arbeitswissenschaft und Zahnheilkunde befasste sich mit dem Thema „Gut sehen – gut arbeiten“. Die Vorträge zeigten Optionen auf, um möglichst 40 Lebensarbeitsjahre lang eine Grundhaltung in der Behandlung zu haben, die Haltungsschäden verhindert. 70 bis 80 Prozent der Kollegen würden sich erst Gedanken über die Themen Sehen und Ergonomie machen, wenn es bereits zu spät ist. Das Geheimnis dahinter: Alles erfordert Übung. „Motorische Abläufe lassen sich trainieren“, erklärte beispielsweise Dr. Rolf Neddermeyer.
Zum Einfluss des Weichgewebes auf die periimplantäre Stabilität sprach PD Dr. Dr. Markus Schlee aus Forchheim. Er betonte, die Wichtigkeit eines adäquaten Weichgewebsmanagement. Entscheidend sei es, bereits bei der Freilegung des Implantates auf ausreichend fixierte Gingiva zu achten, an zweiter Stelle stehe die adäquate Gingivadicke. Erst an dritter Position sieht er die Bedeutung des Anteils der keranisierten Gingiva für die periimplantäre Stabilität. Selbst ob das Platform-Switchings effektiv oder überflüssig sei, hänge unmittelbar mit der richtigen Dicke der Gingiva zusammen, hob Schlee hervor. Sein Tipp: stets die Weichgewebsdicke messen! Denn sowohl zu viel als auch zu wenig Weichgewebe mache den Platform-Switch-Effekt zunichte.